Das heftig in die Kritik geratene Tiroler Krisenmanagement in Sachen Coronavirus wird offenbar zum Untersuchungsgegenstand für eine externe, unabhängige Expertenkommission. Die Tiroler Regierungsparteien ÖVP und Grüne kündigten am Dienstag an, den anderen im Landtag vertretenen Parteien eine solche Kommission zur Aufarbeitung aller im Raum stehenden Fragen und Vorwürfe vorzuschlagen.
Der Vorschlag soll im Klubobleuterat am Dienstagnachmittag, der aus Vertretern aller Landtagsparteien besteht, eingebracht werden, bestätigten ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf und sein grünes Pendant Gebi Mair. Ob die Einsetzung einer solchen Kommission im Landtag beschlossen werden muss oder ob dafür ein Regierungsbeschluss ausreicht, ist noch unklar. Zuvor hatte SPÖ-Chef Georg Dornauer auf die Einsetzung einer solchen unabhängigen Kommission „besetzt mit Sachverständigen aus anderen Bundesländern oder dem Ausland“ gedrängt.
„Geeignetes Instrument“
Eine unabhängige Expertenkommission halte er für ein „geeignetes Instrument“, um eine Aufarbeitung voranzubringen, sagte Wolf der APA. Landeshauptmann und ÖVP-Chef Günther Platter habe immer betont, dass er für eine „transparente Aufarbeitung“ eintrete, so Wolf. Es werde darum gehen, die entsprechenden qualifizierten Personen für diese Aufgabe zu finden. Dies solle im Konsens mit der Opposition geschehen. Zunächst müsse man aber alle Kraft auf die „Bewältigung der Krise“ richten, wollte sich Wolf nicht auf ein Datum für den Start der Arbeit der Kommission festlegen.
Grüne haben es eiliger
„Ohne Verzug, sobald es geht“, hatte es da indes Mair schon ein wenig eiliger. An der Spitze der Kommission solle jedenfalls jemand stehen, der oder die „von außerhalb“ komme. Auch die Opposition solle Vorschläge hinsichtlich der Besetzung machen. Die Kommission halte er für das ideale Aufarbeitungs-Mittel. Ein Untersuchungsausschuss sei es hingegen nicht, da der Untersuchungsgegenstand die mittelbare Bundesverwaltung und nicht die Landesverwaltung betreffe.
SPÖ fordert „lückenlose Aufklärung“
Kurz vor Bekanntwerden des Vorstoßes hatte Dornauer eine solche Kommission zur „Untersuchung der Fehlerkette“ gefordert und einmal mehr Versäumnisse der Tiroler in Bezug auf den „Krisenherd“ Ischgl gesehen. Es müsse eine „lückenlose Aufklärung der Geschehnisse, die Tirol zu einem weltweiten Corona-Hotspot gemacht haben“, betrieben werden. Der SPÖ-Chef forderte auch einen Sonderlandtag zur Klärung der politischen Verantwortung - nach Bewältigung der Krise.
FPÖ stellt Bedingung
Eine Bedingung für die Einsetzung einer Expertenkommission stellte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. Eine solche komme „nur infrage, wenn die Oppositionsparteien im Tiroler Landtag bei der Auswahl der Experten gleichberechtigt mitbestimmen dürfen“. „Die Vorfälle in diversen Tiroler Skihochburgen haben Tirol international massiv geschadet und vor allem die Gesundheit der Urlauber und der heimischen Bevölkerung massiv gefährdet. Das Agieren der Behörden muss lückenlos aufgearbeitet werden“, verlangte Abwerzger.
Für eine unabhängige Kommission trat indes auch NEOS-Landessprecher Dominik Oberhofer ein. „Die Landesregierung ist es der Tiroler Bevölkerung schuldig, dass rein gar nichts vertuscht oder verschwiegen wird“, so Oberhofer.
Ischgl als Hotspot
Das Land Tirol war vor allem hinsichtlich des „Herdes“ Ischgl in den vergangenen Tagen massiv unter Beschuss geraten. Den Behörden und politisch Verantwortlichen wie Platter und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (beide ÖVP) wurde vorgeworfen, zu spät auf die Entwicklungen reagiert und auf die Seilbahn- und Tourismusindustrie Rücksicht genommen zu haben.
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