Ermittlungen laufen

Ärzte amputierten Frau erst gesundes, dann krankes Bein

Österreich
02.07.2010 13:13
Wegen einer Gefäßerkrankung sollte einer 91-jährigen Frau in einem Tiroler Krankenhaus ein Bein amputiert werden. Unmittelbar nach dem Eingriff stellten die Mediziner aber fest, dass sie der betagten Dame aus Versehen das gesunde Bein unterhalb der Hüfte abgenommen hatten. Wenige Tage später mussten die Ärzte dann auch das tatsächlich kranke Bein abnehmen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der zuständige Staatsanwalt berichtete am Freitag von bereits laufenden Erhebungen des Landeskriminalamtes. Der stellvertretende ärztliche Leiter des betroffenen Spitals St. Johann bei Kitzbühel (Bild), Primar Robert Siorpas, verwies auf eine schriftliche Stellungnahme der ärztlichen Direktion, der Pflegedirektion und der Verwaltungsdirektion.

Menschliches Versagen
In der Erklärung heißt es, dass "aus jetziger Sicht" trotz bestehender Qualitätsstandards menschliches Versagen ebenso dafür verantwortlich zu sein scheine wie der Ausfall nacheinander geschalteter Sicherheitsmechanismen. Die Leitung des Bezirkskrankenhauses habe "alles unternommen, um eine lückenlose Aufklärung des Vorfalles zu garantieren".

Ein externes Risiko- und Qualitätssicherungsunternehmen sei beauftragt worden, alle Vorgänge um den Ablauf der Operation zu hinterfragen. Darauf aufbauend sollen die bestehenden Qualitäts- und Sicherungsstandards "neu überarbeitet und weiter verbessert werden". Die betroffene Patientin als auch die Angehörigen seien unverzüglich über den Vorfall informiert und notwendige Maßnahmen eingeleitet worden. Lebensgefahr bestehe nicht.

Bei der Staatsanwaltschaft bestätigte man am Freitag den Erhalt der Sachverhaltsdarstellung. Jetzt müssten die Ergebnisse der Ermittlungen des Landeskriminalamtes abgewartet werden, hieß es. Ermittelt werde wegen des "Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen".

Chirurg suspendiert
Für die betroffenen Mitarbeiter des Spitals gab es offenbar bereits Konsequenzen. Ein Chirurg sei suspendiert, ein weiterer Mitarbeiter unter Chefaufsicht gestellt worden, so der ärztliche Leiter Norbert Kaiser. Aus erster Sicht handle es sich um ein menschliches Versagen. Er, Kaiser, wolle aber der Untersuchung nicht vorgreifen. Bei dem Mitarbeiter handle es sich um einen Chirurgen, der erst seit kurzem am Klinikum tätig sei, aber über "25 Jahre Berufserfahrung" verfüge.

Patientenanwalt "betroffen"
"Betroffen" zeigte sich der Tiroler Patientenanwalt Birger Rudisch über den Fall. Er sicherte der Betroffenen und deren Angehörigen "volle Unterstützung" zu. Rudisch forderte vom Bezirkskrankenhaus ein "zeitgemäßes Krisenmanagement" ein. Derzeit lägen der Tiroler Patientenvertretung allerdings keine detaillierten Informationen darüber vor, wie genau dieser Fehler passieren habe können, sagte Rudisch. Die Betroffene selbst und deren Angehörige hätten sich bis dato noch nicht an die Einrichtung gewendet.

Rudisch zeigte sich "etwas verwundert" darüber, dass in mehr als zwei Wochen noch keine transparente Aufklärung möglich gewesen sei und offenbar noch nicht feststehe, was genau passiert sei. Die ganze Sorge müsse nun der Patientin gelten, da es sich um zwei massive Eingriffe handle. Es sei alles zu unternehmen, damit der gesundheitliche Zustand der Betroffenen stabilisiert werde und vor allem in ihrem Sinne eine umgehende und lückenlose Aufklärung der Umstände erfolge. Darüber hinaus müssten die strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen am Bezirkskrankenhaus analysiert werden, um solch tragische Fehler in Zukunft möglichst auszuschließen, betonte der Patientenanwalt.

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