Brisanter Bericht:
Israelische Sniper töteten Unbewaffnete in Gaza
Ein internationales Rechercheteam hat offenbar Beweise für Kriegsverbrechen der israelischen Armee im Gazastreifen. Ausgangspunkt war ein Videointerview eines israelischen Scharfschützen, in dem der gebürtige US-Amerikaner über seine „Heldentaten“ prahlt und dabei schildert, wie er und sein Partner mindestens zwei unbewaffnete Palästinenser kaltblütig erschossen haben. Journalisten haben nun die Identität der Opfer identifiziert und verfügen über Belege für die Aktivität der Sniper.
Das Interview war im vergangenen Oktober auf X veröffentlicht worden, gegen den Willen des Interviewpartners „Sergeant D.“. Ein junger Israeli hatte den gebürtigen US-Amerikaner unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – der Sniper sollte seine Heldentaten anonym schildern – interviewt. Zudem entstanden die belastenden Aussagen in einer Interviewpause. Der palästinensische Journalist Younis Tirawi veröffentlichte das Gespräch trotzdem und berief sich auf das öffentliche Interesse an den Schilderungen.
Reporter von „Spiegel“, ZDF, „Guardian“, der belgischen Zeitung „De Tijd“ sowie des Netzwerks „Arab Reporters for Investigative Journalism“ konnten das geschilderte Vorgehen einer am Dienstagnachmittag veröffentlichen Recherche nachzeichnen. „Sergeant D.“ brüstet sich in dem Interview, welches auf mögliche Manipulationen überprüft wurde, damit, mit seinem aus München stammenden Partner Daniel G. mindestens 100 bis 120 Menschen in Gaza umgebracht zu haben.
Die beiden Scharfschützen hatten im November 2023 in einem Hochhaus im Viertel Tal al-Hawa in Gaza-Stadt Position bezogen. Ein damals entstandener Videoclip zeigt einen regungslosen Mann, über den sich ein anderer Mann beugt, woraufhin ein Schuss fällt und der zweite Mann nach hinten fällt, am Kopf blutend. Im Videointerview sagt „Sergeant D.“ es habe sich um seine „erste Tötung“ gehandelt. „Er war nicht bewaffnet, aber er befand sich in einer Kampfzone. Und er hatte keine guten Absichten.“ Er tue sich schwer zu verstehen, warum der zweite Mann dies getan habe. „Was ist denn so wichtig an einer Leiche?“
Keine Hinweise auf Hamas-Mitgliedschaft bei Opfern
Beim zunächst getöteten Mann habe es sich um den 26-jährigen Mohammed Doghmosh gehandelt, der sich mit seinem Cousin Youssef auf die Straße gewagt hatte. Youssef konnte nach den Schüssen flüchten und alarmierte Mohammeds Bruder Salem, wodurch er dessen Schicksal besiegelte. Der 19-Jährige starb nämlich beim Versuch, seinen großen Bruder zu bergen. Später starb dann auch noch der Vater der beiden, Montasser, durch Schüsse der Sniper. Er wollte die beiden Leichen mit einem weiteren Verwandten in Sicherheit bringen. Dieser wurde durch Schüsse verletzt.
Keine Hinweise gab es darauf, dass die getöteten Männer der Hamas oder dem Islamischen Dschihad angehört hatten. Ein Mitglied der Familie sei jedoch vor Jahren in die Entführung eines israelischen Soldaten verwickelt gewesen und habe die salafistisch-dschihadistische Terrororganisation „Armee des Islam“ gegründet, schreibt der „Spiegel“. Doch lag die Familie Medienberichten immer wieder mit der Hamas im Streit, im Vorjahr richtete die im Gazastreifen herrschenden Terrororganisation das Familienoberhaupt der Doghmoshs hin – wegen des Vorwurfs, mit israelischen Behörden verhandelt zu haben.

Im Bericht werden Zweifel angeführt, ob der mutmaßlich mit einer Drohne angefertigte Videoclip tatsächlich die behauptete Tötung zeigt. Die drei Mitglieder der Familie Doghmosh dürften aber wie von den Angehörigen behauptet am 22. November 2023 gestorben sein.
Armee reagiert auf Anfragen nur ausweichend
Tom Dannenbaum, Völkerrechtsprofessor an der US-Eliteuni Stanford, ist alarmiert: „Die vorliegenden Beweise deuten auf ein Kriegsverbrechen hin.“ Die beiden beteiligten Scharfschützen schweigen. Die israelische Armee reagierte auf Dutzende Anfragen nur ausweichend. Ein Sprecher betonte, man handle „unter strikter Einhaltung des Völkerrechts“. Man untersuche „Ereignisse dieser Art“ und leite bei Verdacht auf eine Straftat Ermittlungen ein.
Selbst der Tel Aviver Philosophieprofessor Asa Kasher, der am Ethikkodex der israelischen Armee mitgearbeitet hat und als deren „Hausphilosoph“ gilt, zeigte sich entsetzt: „Es handelt sich ohne Zweifel um eine Rettungsaktion. Das ist etwas, das respektiert werden sollte.“
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