Arbeitsdruck steigt

Weniger Geld, dafür aber mehr Freizeit

Wirtschaft
28.07.2019 06:00

Die Hälfte der Österreicher würde auf Gehalt verzichten, wenn sie dafür weniger arbeiten müsste. Die reale Arbeitszeit sinkt zwar stetig, der gefühlte Arbeitsdruck wird aber mehr.

Durchschnittlich arbeitet jeder österreichische Beschäftigte 41,4 Stunden pro Woche. Damit liegen wir auf Platz 3 innerhalb der EU - nur die Briten und die Zyprioten hackeln mehr. Jeder fünfte Österreicher bleibt regelmäßig länger im Büro - übers Jahr fallen landesweit knapp 250 Millionen Überstunden an. Statistisch gesehen sinkt die Arbeitszeit zwar seit Jahren konstant: 2015 waren es noch 43 Wochenarbeitsstunden. Gefühlt nimmt der Druck auf die Arbeitnehmer aber zu. Je größer das Unternehmen, je höher die Position, umso größer die Belastung, lautet die Formel. In einzelnen Branchen wie den Banken und Versicherungen sprechen acht von zehn Beschäftigten von stetig wachsendem Druck.

Mehr Freizeit trotz weniger Lohn?
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Gutes Gehalt allein lockt keine Top-Kräfte an
Damit steht die gefühlte Entwicklung klar im Gegensatz zu dem, was vor allem qualifizierte Fachkräfte als Ziel im Arbeitsleben haben: einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Vor allem junge Arbeitnehmer wollen neben dem Job ausreichend Zeit für Freunde, Hobbys, Familie und Entspannung. Sechs von zehn Männern und fünf von zehn Frauen würden für mehr Freizeit sogar auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten. Diese Einstellung zum Arbeiten zwingt Unternehmen, umzudenken. Denn ein gutes Gehalt allein, so Experten, lockt keine Top-Mitarbeiter mehr an. Stattdessen müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern die Chance geben, sich weiterzuentwickeln. Und lässt sich an der Arbeitszeit nichts drehen, so müssen firmeninterne Angebote die fehlende Freizeit ausgleichen: Sport-Angebote, Yoga-Stunden oder Massagen sind bei immer mehr Firmen, die dringend Fachkräfte suchen, Teil des Angebotes.

Über eines können solche Zuckerln aber nicht hinwegtäuschen: Überlange Arbeitszeiten und Überstunden können krank machen. Sie führen zum Beispiel zu einem höheren Risiko für Schlaganfälle und Herzerkrankungen sowie zu körperlicher Erschöpfung, Rücken- und Kreuzschmerzen oder Schlafstörungen. Letztere kommen auch daher, dass fast die Hälfte derer, die häufig Überstunden machen, in der Freizeit an den Job denkt, so der Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer.

„Warum Wohlstand nicht genießen?“
Fehlende Sicherheit lässt uns mehr im Jetzt leben, sagt Ali Mahlodji, Unternehmer, Autor und Experte für die Arbeitswelt von morgen.

„Krone“: Woher kommt der Wunsch nach einer „Work-Life-Balance“?
Ali Mahlodji: Ältere Generationen hatten die Sicherheit, über 30 Jahre denselben Job machen zu können, und die einer Pension. Jüngere wissen nicht, wie viel Pension sie bekommen werden. Und die Wirtschaftskrise hat gezeigt: Kein Job ist sicher. Statt auf bessere Zeiten zu warten, genießen sie den Wohlstand lieber jetzt. Warum auch nicht - die Eltern und Großeltern haben schließlich genau dafür gekämpft.

Geht es den Jungen nur ums Genießen?
Nein. Aber die Generation Z, also die ab 1997 Geborenen, hat von der Generation davor etwas gelernt: Auch die hat alles im Überangebot - aber kann damit nicht umgehen. Aus Angst, etwas zu verpassen, rutschen die heute 30- bis 40-Jährigen reihenweise ins Burn-out.

Männern ist Freizeit wichtiger - sie würden dafür eher auf Gehalt verzichten als Frauen. Warum?
Weil Männer meist mehr verdienen und damit mehr Spielraum haben. Und weil Frauen ein stärkeres Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Arbeit haben.

Teresa Spari, Kronen Zeitung

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