Buch zum 70er

Ewald Pfleger: Vom „Gammler“ zum Opus-Pop-Weltstar

Musik
06.05.2025 09:00

Vor mehr als 40 Jahren erfand Opus-Mastermind Ewald Pfleger die Melodie zu „Live Is Life“, dem weltweit wohl bekanntesten Pop-Song, der aus Österreich kommt. In seiner gleichnamigen Autobiografie entführt uns der heute 70 Jahre jung werdende Vollblutmusiker noch einmal zurück zu den alten Tagen, wo man die heimische Musikwelt revolutionierte.

Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Arten, wie man mit einem Welthit umgeht. Entweder man zeigt sich von diesem genervt und verweigert sich beharrlich, ihn live zu spielen oder man ist ihm dankbar für ein außergewöhnliches Leben und weiß genau, dass multiples Glück auf seinem Klang fußt. Diese Variante hat Opus-Mastermind Ewald Pfleger gepflegt und ist nicht nur deshalb glücklich. Pünktlich zu seinem heute 70. Geburtstag hat der Burgenländer gemeinsam mit Autor und Musikjournalist Andy Zahradnik seine Autobiografie „Live Is Live – Mein Leben mit einem Welthit“ (Ueberreuter Verlag) vorgelegt, in der man sich auf 240 Seiten noch einmal in eine Karriere vertiefen kann, die gängige Mechanismen in der Musikwelt gar nicht vorgesehen hätten. Dass eine Combo aus dem beschaulichen Ollersdorf, die schon von „urbanen“ Stegersbachern als Landbewohner abgestempelt wurden, mit einem Song den Globus erobern würden gehört zu jener Sorte moderner Musikmärchen, wie man sie in Zeiten des Streamings und des Überangebots wohl nicht mehr erleben wird.

Die Zahnräder griffen ineinander
Basis dafür ist natürlich die genannte Kultnummer, zu der Pfleger vom Klang einer Lok inspiriert wurde und deren Grundkonstrukt im Ibiza-Urlaub mit Ehefrau Andrea entstand. Ursprünglich erst nur live erprobt, aber mit dem prägnanten „Nanananana“-Rhythmus sofort in den Gehörgängen der heimischen Pop-Fans festsetzend, eroberten Opus von 1984 weg die gesamte Welt. Dabei waren Pfleger und seine fleißigen Kollegen da längst keine Nobodys mehr. Nachdem man sich in den 70er-Jahren als Vorband größerer Namen oder durch sämtliche heimische Dorffestivitäten musiziert hatte, griff Anfang der 80er-Jahre ein Zahnrad ins andere. Im burgenländischen Pinkafeld begann Pfleger ein eigenes Festival zu organisieren, das auch die heimischen Bands ins Zentrum stellen sollte. Während in Wien und Niederösterreich vor allem Dialektpop und Mundart berühmt wurden, konzentrierte sich viele Bands aus der burgenländisch-steirischen Achse auf die englische Sprache, um Idole wie den Beatles, den Rolling Stones oder den Beach Boys nachzueifern.

Mit Songs wie „Eleven“ oder „Flyin‘ High“ und der zweiten Platte namens „Eleven“ gelang ihnen schon 1981 der Durchbruch, doch erst „Live Is Life“ sollte das Quartett in den internationalen Orbit katapultieren. Mehr als 40 Jahre später kann man die Nummer im gleichen Atemzug mit Falcos „Rock Me Amadeus“ nennen und auch wenn der (mit Opus gut befreundete) Falke in den USA auf Platz eins ging – langlebiger war der Track der Burgenländer. Im Buch listet Pfleger penibel auf, wie sich der Song durch Einsätze in Serien, Filmen, Werbungen oder auch beim legendären Ball-Gaberln von Fußballgott Diego Maradona in den späten 80ern in die Hirnwindungen von Musikfans festsetzte. Vor gut drei Jahren lebten Opus damit ein Jetset-Leben als Vorband von Stevie Nicks bei einer USA-Tour und unvergesslichen Auftritten zwischen Skandinavien, dem Kreml und Latein- und Südamerika, wo Pfleger mit so manch amüsanten und weniger bekannten Anekdoten überzeugt, die Opus in Guatemala etwa zu Persona non grata machten.

Nötiges Glück zur richtigen Zeit
Wohltuend hebt sich das Buch aber nicht nur von Pflegers offenen Umgang mit dem großen Welthit ab, sondern auch mit der detaillierten Darstellung dessen, wie der Song den Bandmitgliedern und ihren Familien bis heute ein angenehmes und sicheres Leben beschert. Ursprünglich war es ein bisschen Glück geschuldet, dass die Urheber- und Verlagsrechte bei der Band blieben, was sich als wegweisender Schachzug für ganze Existenzen herausstellen sollte. Spannend ist die Lektüre auch wegen des steirischen Lokalkolorits. Schon seit Sommer 1978 ist Pfleger beruflich im malerischen Gratwein-Straßengel (früher Judendorf-Straßengel) nördlich von Graz beheimatet. Mittels alter Bilddokumente und eines humorigen Erzählstrangs wird man mitgenommen in die beschauliche Gegend, in der Superstars wie Falco probten, im Kultlokal „Gü“ bei einer bierseligen Runde der Hit „Motorboat“ von der Kurt Gober Band entstand oder Pfleger in seinen Recorder Studios Opus-Platten und Hits anderer Künstler wie etwa Rainhard Fendrich produzierte. Vom langhaarigen „Gammler“ zum Popstar also.

Pfleger führt uns in seiner Biografie aber auch zurück in eine Zeit, als das Musikbusiness in Österreich noch völlig konträr zur Gegenwart funktionierte. Abseits des Internets war man angewiesen auf eine gute Vernetzung und das Wohlwollen wichtiger Player in der Szene, wo Pflegers positives Naturell durchaus auf Anklang stieß. Wer schon einmal persönlich mit dem Gitarristen und Songwriter zu tun hatte, weiß, dass der Spitzname „Sunny“ in vielerlei Hinsicht gerechtfertigt ist. Nicht zuletzt durch seine positive Ausstrahlung hat er sich den Kampfgeist bewahrt, auch in dürftigeren und kreativ brachliegenden Momenten an sich und das Projekt zu glauben, die Historie von Opus weiterzuschreiben und bis zum Ende in der Grazer Oper 2021 zu prägen. Als der Gesundheitszustand von Sänger Herwig Rüdisser ein Weiterkommen nicht mehr zuließ, schloss sich der Akt, der ohne den Kärntner Sänger, dafür aber mit dem Schick Sisters als künstlerische Kooperationspartnerschaft weitergeführt wird.

Leidenschaft und Beharrlichkeit
Pflegers Lebensrückschau ist kurzweilig verfasst und durch die Einteilung in kurze Kapitel sehr einfach und flüssig konsumierbar. Wiewohl der Fokus natürlich auf Wohl und Wehe des großen Kultsongs liegt, bekommt man einen profunden Einblick in eine Geschichte, die aus inniger Freundschaft, Beharrlichkeit und Leidenschaft für die Musik besteht. In seiner gewohnt uneitlen Art und Weise ist sich der Musiker auch nicht zu schade, sich im Laufe des Buches bei unzähligen Wegbegleitern zu bedanken und die Credits an jene zu vergeben, die ihn und die Karriere seiner Band elementar prägten. „Live Is Life“ wird übrigens heute noch immer rund 700 Mal am Tag gespielt und hat auch mehr als 40 Jahre nach seinem Entstehen nichts von seiner eingängigen Magie verloren. Happy Birthday, Ewald Pfleger. Und danke für eine schöne Zeitreise in ein legendäres Kapitel der österreichischen Musikhistorie.

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