Senioren am Steuer

So (un-)sicher fahren Lenker über 60

Österreich
20.03.2019 06:00

Prinz Philip und seine peinliche Unfallfahrt löste eine Diskussion um die Verkehrstauglichkeit der Autolenker im Alter 60 und mehr aus. In Österreich gibt es keine verpflichtende Untersuchung für Senioren hinterm Steuer. Doch ist das Unfallrisiko wirklich mit zunehmendem Alter erhöht? Selbst Experten sind sich uneins ...

Als der ehemalige US-Präsident, Barack Obama, 2016 zu Prinz Philip ins Auto stieg, war der Herzog von Edinburgh bereits 95 Jahre alt - und lenkte den Wagen noch selbst. Heuer gab der Prinz seinen Führerschein ab - allerdings erst nach öffentlichem Druck, nachdem er mit 97 Jahren in einem Unfall verwickelt war.

Da kommt die Frage auf: Wie sieht es hierzulande mit Senioren am Steuer aus? Unfälle mit älteren Lenkern gibt es immer wieder, etwa 2018, als ein mit 24-Stunden-Pflege betreuter Steirer (80) mit seinem Traktor ausfuhr. Oder ein 86-jähriger Wiener, der im Vorjahr für einen Crash mit drei Schwerverletzten sorgte.

Erst ab 75 Jahren lassen Fahrleistungen deutlich nach
In der Zukunft muss der Staat entscheiden, wie er mit älteren Autolenkern umgeht, weil das Alter in den EU-Staaten drastisch ansteigt. Doch zu verallgemeinern wäre falsch: Studien beweisen, dass die Fahrleistungen vieler Lenker jenseits der 60 und mehr gar nicht so schlecht sind. Sie kompensieren Alter mit Ruhe und Zurückhaltung. Erst ab 75 werden Defizite deutlich.

Eignungstests für Lenker
Fahrer, die im Verkehr auffällig werden, werden von der Behörde in Österreich zu einer Fahreignungsüberprüfung geschickt. Und kommen zu Edith Grünseis-Pacher, Gerichts-Sachverständige in den Bereichen Fahreignungs- und Fahrhilfenfeststellung und Gründerin von „Club Mobil - sicher hinterm Steuer“. Sie sitzt seit einem Verkehrsunfall im Rollstuhl und hat sich dem Thema Mobilität und Sicherheit im Verkehr ganz verschrieben.

Im Rahmen von „Club Mobil“ überprüfen die Expertin und ihr Team die Fahrtauglichkeit von Lenkern und sehen, woran es hapert und wie geholfen werden kann. Zu ihr kommen nicht nur Leute, die es „verordnet“ bekommen, sondern vor allem auch Freiwillige, die z. B. nach einem Schlaganfall oder nach einem Unfall mit körperlicher Eingeschränktheit wissen wollen, ob sie noch ein Fahrzeug lenken können bzw. wie es möglich wäre.

Keine Pflichtuntersuchung
Etwa 600 Fahreignungsüberprüfungen sind es im Jahr, 65 Prozent davon sind Freiwillige, der Rest wird „geschickt“. Wobei bei denen, die auffällig wurden, die Prognose nicht rosig ist: Von ihnen schaffen es, „wenn es hochkommt“, nur etwa fünf Prozent zu einem positiven Ergebnis, weiß Grünseis-Pacher.

Dass ab einem bestimmten Alter verpflichtend überprüft werden sollte, wie in vielen EU-Staaten üblich, ist für sie kein sinnvoller Ansatz: Da wäre eine Überprüfung nach akuten gesundheitlichen Ereignissen, zum Beispiel einem Schlaganfall, besser - und zwar „egal, ob jung oder alt“.

Daten und Fakten

  • Wie aus der Grafik oben ersichtlich gibt es in der überwiegenden Zahl der EU-Länder Fahreignungstests für Senioren. In Portugal etwa werden bereits Autolenker ab 50 überprüft.
  • In Österreich gibt es keine allgemeinen, verpflichtenden Überprüfungen. Tests können bei konkreten Verdachtsfällen von Behörden angeordnet werden. Anlass für eine Testung kann sein, dass ein - auch junger - Lenker verwirrt wirkt. Oder wenn körperliche Einschränkungen offensichtlich sind. Wichtig ist zum Beispiel, dass ein Autolenker den Blick über die Schulter rückwärts kann.
  • Der ÖAMTC führt freiwillige Begutachtungen durch. Im Schnitt waren die Lenker dabei 72 Jahre alt, es gab fast keinen negativen Befund. Der ÖAMTC bietet auch Kurse an, teils rechtliche, aber auch Erklärungen der neuen Fahrassistenten.
  • Der ARBÖ lädt - meist in Kooperation mit anderen Organisationen wie etwa dem Samariterbund - zu Informationsveranstaltungen mit der Möglichkeit zu praktischen Selbstversuchen.

Silvia Schober und Peter Grotter, Kronen Zeitung

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