Wiener Stadthalle

Nick Mason: Ein Herz für das Pink-Floyd-Frühwerk

Musik
20.09.2018 15:00

Vor 2000 Fans begeisterte Pink-Floyd-Gründungsmitglied und Drummerlegende Nick Mason Mittwochabend in der Wiener Stadthalle F mit einer Rückschau auf die psychedelische Phase seiner legendären Band. Ein Abend voller Nostalgie und Spielfreude, der sich würdig um die Frühphase einer Legende kümmerte.

(Bild: kmm)

Sportliche 50 Jahre alt war Nick Mason, als nicht nur er, sondern auch seine Band Pink Floyd das letzte Mal in Österreich spielten. 1994 wurde die Prog-Rock-Legende in Wiener Neustadt bejubelt - schon damals ohne den streitbaren Bassisten Roger Waters, dafür mit dem mehr als adäquaten Ersatz Guy Pratt. Der begleitet Mason nun 24 Jahre später als konstantes Mitglied und Freund - zusammen sind sie gemeinsam mit Spandau-Ballet-Gitarrist Gary Kemp das Fundament der Fünf-Mann-Band Saucerful Secrets. Ein Konglomerat aus stilprägenden Musikenthusiasten und Legenden, die genau jene Phase der legendären Pink Floyd ins Rampenlicht rücken, die heute nur mehr mitgealterten Die-Hard-Fans oder unverbesserlichen Archivschnüfflern ein Begriff ist: nämlich jene aus den Jahren 1967 bis 1972. Kein „The Dark Side Of The Moon“, kein „Wish You Were Here“ und schon gar keine Monster-Bombastinszenierung von Waters‘ Lebenswerk „The Wall“.

Alpha und Omega
Die Großspurigkeit überlässt der bescheidene Mason seinen einstigen Streithähnen. Während sich die Saitenhexer David Gilmour und Roger Waters seit Jahren mit opulenten Bühnenrequisiten und paralysierenden Lichteffekten einen unausgesprochenen Kampf um die Publikumsmassen liefern, ist der stille Mason lieber im Rennwagen über die Le-Mans-Strecke gehuscht, hat still und leise am letzten Studiowerk „The Endless River“ mitgeschraubt oder einfach das bescheidene Leben in der britannisch-ländlichen Idylle genossen. „Nick ist wirklich der lustigste und am wenigsten egoistische Typ im gesamten Musikbusiness“, huldigt ihm Kemp in der Mitte des Sets in der Wiener Stadthalle F und beschreibt das ganz und gar uneitle Wesen des rhythmischen Taktgebers ideal. Er ist nicht nur das einzige Floyd-Mitglied, das von der Gründung weg in jeder Schaffensphase mit an Bord war, sondern vor allem auch jene Person, die durch ihre ruhige Grundhaltung in den härtesten Zeiten wohl noch weit Schlimmeres zwischen den Streithähnen Gilmour und Waters verhinderte.

So entspricht es folgerichtig nur seinem Naturell, dass er sich für sein einträgliches Altershobby nicht die ohnehin schon tausende Male abgespulten Superhits aussucht, sondern tief in die Frühphase der vielleicht prägendsten Rockband der Geschichte zurückgreift. In eine Ära, als Pink Floyd mit völliger Unverständnis begegnet wurde und man sich wohlig im sanften Folk-Rock wiegte. So ehrt Mason nach dem ultrararen und nie wirklich fertiggestellten „Vegetable Man“ mit Syd Barrett auch jene Persönlichkeit, ohne die weder Herz noch Seele von Pink Floyd existieren würden, obwohl sie von den zwei großen Egomanen heute nur allzu gerne vergessen wird. Seinem wirren, von bewusstseinserweiternden Drogen erweiterten Wahn verdanken wir Klassiker wie „Lucifer Sam“, das eingängige „See Emily Play“ oder die allererste Floyd-Single „Arnold Layne“, die allesamt mit Verve und großer Spielfreude durch die Stadthalle F gejagt werden.

Spaß und Spannung
Statt Gilmour und Waters singen Kemp und Pratt - nicht immer zu 100 Prozent im Takt und stilsicher, aber stets mit gesundem Respekt und großer Hingabe. Mason liefert mit seinem oftmals dissonanten Drumming den Grundstock der nostalgischen Reise in eine Zeit, als freie Liebe, LSD und freudiges Schlammrollen einen ähnlich hohen Stellenwert hatten, wie heute 12-Stunden-Tag, Mate-Tee und biedere Monogamie. Während sich die Gesellschaft an sich mit großen Schritten dem Konservatismus nähert, feiert Mason mit seinen Saucerful Secrets ein Fest der freizügigen Ungezwungenheit. Dass die Bandmitglieder freudig durch die Gegend turnen, mag so manchen Floyd-Die-Hard-Fan aber enttäuschen. Schließlich zog es die Kultband vor 40 Jahren doch vor, sich mit einer offen zur Schau getragenen Abneigung von seinem Publikum angewidert abzuwenden.

Anstatt des großen Bombasts kommt Masons Variante der Floyd’schen Geschichtsverwertung mit einem biederen Backdrop und einfachen Video- und Lasereffekten aus. So zeigt sich der unermüdliche Schlagwerker gerne selbst in jungen Jahren und lässt bunte Farbpaletten zwischen Regenbogen- und Fernsehstörungsoptik von der Bühnenwand reflektieren. Die Fans danken es dem 74-Jährigen und seinen Mitstreitern mit der korrekten Mischung aus andächtigem Staunen, konzentrierter Fixierung und tosendem Applaus. Schon zu Beginn des Sets betont Mason unzweideutig, dass es sich hier um keine der vielen Coverbands handle, sondern um ein Teil des Originals. Partiell richtig, denn das komplette, originale Pink-Floyd-Gefühl kann auch der sympathische Schlagzeuger nicht so ohne weiteres heraufbeschwören.

Memorable Highlights
Nicht alles, was sich in den 100 Minuten aus dem Äther schält, kann man als Highlight verbuchen, doch so mancher Moment bleibt nicht nur Floyd-Fanaten für längere Zeit in Erinnerung. Etwa die wundervolle Darbietung von „If“ und „Atom Heart Mother“, die kongruent ineinanderfließen, nur um im rechten Moment wieder ihrer Wege zu schreiten. Oder das fantastisch inszenierte „Set The Controls For The Heart Of The Sun“, bei dem Mason endlich den berühmten Gong schlagen darf, der ihm aufgrund von Waters‘ Unfähigkeit zu teilen stets verwehrt blieb. Besonders beeindruckend musiziert das Quintett aber bei „One Of These Days“ und dem psychedelischen Verzerrungs-Jam „A Saucerful Of Secrets“ zusammen - hier kriegt man am besten das Gefühl dafür, wie frei, ungezwungen und vorurteilsfrei Musik vor rund 50 Jahren kreiert wurde. Würde braucht eben nicht immer Pomp und Gloria, sondern einfach nur die pure Liebe zur Musik.

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