Lob für Johnson

Bei Staatsbesuch: Volle Trump-Breitseite gegen May

Ausland
13.07.2018 07:55

Helle Aufregung in Großbritannien: Bei seinem ersten Besuch als US-Präsident im Vereinigten Königreich hat Donald Trump die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin Theresa May und deren Brexit-Strategie in beispielloser Weise attackiert. In einem Zeitungsinterview drohte er ihr unverblümt mit dem Scheitern eines möglichen Handelsabkommens zwischen Großbritannien und den USA. Als wäre das noch nicht genug, sorgte er auch mit seiner Schmeichelei für den kürzlich zurückgetretenen Außenminister Boris Johnson, einen der größten Rivalen Mays, für einen Eklat.

Die Zeitung „The Sun“ veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs mit Trump am Donnerstagabend - kurz nachdem May den US-Präsidenten im Blenheim Palace nahe Oxford zu einem festlichen Galadinner empfangen hatte. Nach Angaben der „Sun“ hatte das Interview bereits am Mittwoch vor dem NATO-Gipfel stattgefunden, in der US-Botschaft in Brüssel.

Video: May begrüßt Trump 

Die Zeitung aus dem Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, hat den Zeitpunkt der Veröffentlichung wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner von May und Trump ging es darum, den US-Präsidenten von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte May Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer Begrüßungsrede am Donnerstag äußerte sie sich noch enthusiastisch über die „beispiellosen Möglichkeiten“ eines solchen Abkommens.

Nächster schwerer Schlag für gebeutelte May
Dass ihr Trump im Interview nun derart in die Parade fuhr, schwächt die politisch schwer gebeutelte Premierministerin zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Außenminister Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit der EU zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun wohl ein aussichtsloses Unterfangen sein.

„Johnson wäre ein großartiger Premierminister“
Denn statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit „großem Bedauern“ zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar - doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann. „Ich sage nur, ich denke, er wäre ein großartiger Premierminister.“

„Wir haben genug Schwierigkeiten mit der EU“
Trump sagte, eine zu enge Bindung Großbritanniens an die EU nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit den Briten doch wieder mit der EU verhandeln müssten. „Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten“, fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Großbritanniens mit den USA hinzu. „Wir haben genug Schwierigkeiten mit der EU, wir gehen gerade jetzt gegen sie vor, weil sie beim Handel nicht fair mit den Vereinigten Staaten umgegangen ist.“

May beraten, „aber sie hat nicht auf mich gehört“
Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten: „Ich hätte das völlig anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört.“ Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. „Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann“, doch bei der von ihr angestrebten Vereinbarung handle es sich nicht mehr um das, wofür die Briten im Brexit-Referendum gestimmt hätten.

Londons Bürgermeister „macht sehr schlechten Job“
Trump griff auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut scharf an. Dieser ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen. Trump: „Ich denke, dass er einen sehr schlechten Job beim Terrorismus gemacht hat, einen sehr schlechten Job bei der Kriminalität.“

Treffen mit Queen, Demos im ganzen Land
Am Freitagnachmittag wird der US-Präsident zu Gesprächen mit May auf dem Landsitz Chequers erwartet. Später reist er weiter nach Windsor, wo er von Queen Elizabeth II. empfangen wird. Am zweiten Tag des Trump-Besuchs wird mit Protesten im ganzen Land gerechnet. Die Initiative „Stop Trump“ erwartet allein in London etwa 100.000 Teilnehmer. Auch Bürgermeister Khan kündigte seine Teilnahme an. Er betonte, dass die Demonstration alles andere als antiamerikanisch sei. „Die meisten lieben die USA, so wie ich“, erklärte er. Aber eine besondere Beziehung zu unterhalten, bedeute auch, zu sagen, wenn „wichtige Werte in Gefahr“ seien.

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