Geschäft mit Kursen

Wiener AMS-Chefin: „Sind sehr hart bei Kontrolle!“

Österreich
28.06.2018 15:31

Die krone.at-Berichterstattung über das lohnende Geschäft mit den AMS-Schulungen scheint den Finger in eine Wunde gelegt zu haben: Die teils heftige Kritik löste eine Flut an Reaktionen aus. Auch die Landesgeschäftsführerin des Wiener AMS, Petra Draxl, stellte sich der Kritik. Die inhaltlichen Beschwerden an den Kursen und auch an den Kursanbietern seien, wo bekannt, eine Sache der Vergangenheit. Aktuell kämpfe das AMS aber mit einem Anstieg ganz anderer Beschwerden, nämlich jenen im Zusammenhang mit der überregionalen Vermittlung.

Ein Ex-Trainer hatte gegenüber krone.at das System der Kursmaßnahmen hart kritisiert, dabei vor allem die Kursanbieter und deren Geschäftspraktiken in den Mittelpunkt der Probleme gerückt. Von einem „lohnenden Geschäft“ für die Anbieter, etwa 150 Unternehmen österreichweit, über „Kurstouristen“ bis hin zu Arbeitslosen als „Trendopfer“ sprach der frühere erfahrene Kursleiter.

AMS-Landesgeschäftsführerin: „Jeder Beschwerde wird nachgegangen“
Die Landesgeschäftsführerin des AMS Wien, Petra Draxl, bat angesichts der Kritik um Aufklärung und betonte im Gespräch mit krone.at, dass beim Arbeitsmarktservice „jeder Beschwerde“ von einem eigens zuständigen AMS-Helpteam nachgegangen werde. „Wir schauen uns dann wirklich bis zum Schluss hin an, ist das erledigt oder ist das nicht erledigt?“

Warum sich dennoch so mancher, der vielleicht schon mal eine Beschwerde an das AMS gerichtet hat, möglicherweise im Stich gelassen fühlt, könnte Draxl zufolge damit zu tun haben, dass das AMS keine Rückmeldung geben darf. „Wir können nur sagen: ,Schicken Sie uns alles, was Sie haben. Wir schwören Ihnen, wir schauen es uns an.‘ Aber datenschutzrechtlich dürfen wir der Person keine Rückmeldung geben - außer natürlich, wenn die Person selbst betroffen ist“, so die Wiener AMS-Chefin. Draxl betont: Um Beschwerden nachzugehen bzw. mögliche Probleme zu beheben, brauche das AMS möglichst viel konkrete Informationen, die dann in die Prüfung mit einbezogen werden können.

315 Beschwerden über Kurse in Wien
Im Vorjahr gab es in Wien 315 konkrete Beschwerden über Kurse bei insgesamt 135.000 Teilnahmen an AMS-Schulungsmaßnahmen. „Uns ist wirklich wichtig: Jede Beschwerde zeigt uns etwas auf“, streicht Draxl hervor. „Angefangen damit, dass vielleicht die Kollegen beim Beratungsgespräch nicht präzise genug waren, oder es passt wirklich was nicht beim Kursinstitut.“ Die Palette an Themen, die da auftauchen, sei vielfältig, sie sei jedenfalls „die Letzte, die behauptet, es passe immer alles. Natürlich passen Dinge auch nicht, so wie wir uns das vorstellen.“

Was die Auftragsvergabe an die Kursanbieter und den auch vom Rechnungshof aufgebrachten Vorwurf der „maßgeschneiderten“ Aufträge zum Vorteil für die großen Weiterbildungsinstitute betrifft, betont Draxl, dass es keine Unrechtmäßigkeiten gebe. Das AMS halte sich selbstverständlich an das Bundesvergabegesetz.

„Wir wissen aus unserer Erfahrung, dass sich natürlich kleinere Institute oft schwerer mit den Ausschreibungen tun“, räumt Draxl ein. Sie sieht hier allerdings nicht viel mehr Möglichkeiten zur Verbesserung dieser Problematik, außer: Kleinere Institute müssten viel mehr zusammenarbeiten und zusammen anbieten. Das AMS agiere auch bei Großprojekten mit mehreren Tausend Teilnahmeplätzen „gleichgültig“, also von der Vergabe her möglichst ohne Einschränkungen, betont die AMS-Chefin.

Was das AMS hingegen nicht machen könne, sei 100 Direktvergaben vorzunehmen, also die zu vergebenden Plätze bei Großprojekten aufzustückeln. Das wäre auch „wirtschaftlich ein Wahnsinn“, wie sie ergänzt - denn der einzelne Kursplatz wäre dann viel zu teuer. Es gibt zudem die Regel: Bei den Direktvergaben darf das AMS „nicht permanent wiederholen“, erklärt Draxl. Das hätten die Kleininstitute sehr gern, wäre aber eine Umgehung des Bundesvergabegesetzes. Bestünde ein „permanenterer“ Bedarf, also über einen längeren Zeitraum gerechnet, in einem Bereich, müsse das AMS abschätzen und die Kurse entsprechend ausschreiben. Gerade in Wien, das ein Drittel der Arbeitslosen österreichweit zählt, sei genau dies eine Hürde für die kleineren Institute. Denn ausgeschrieben werden muss für ganz Wien, nicht etwa nur für Favoriten, wie Draxl betont. Die Bundesländer hätten es hier leichter, da dort die Region begrenzt werden und das AMS dann auch mehr Aufträge direkt vergeben kann.

Draxl weiter: Jeder Interessent werde aufgeklärt, jeder bekomme alle Informationen. Transparent sei, wie man mit dem AMS „ins Geschäft kommt“. Was für alle gleichermaßen gelte: Eignungskriterien. Bestimmtes Know-how müsse man mitbringen, um mitbieten zu können. Ebenso seien gewisse Sicherheiten zu erbringen, ein Aspekt, bei dem sich sicherlich die kleineren Anbieter schwerertun würden. Da hier der Vertrag zwischen dem AMS und dem Arbeitslosen und nicht dem Kursanbieter besteht, sei hier eine weitere Überprüfung der Institute durch das Arbeitsmarktservice nicht vorgesehen, wird betont.

„Das wollen wir alles nicht mehr“
Vieles sei hier aber wieder eingestellt worden. „Da haben wir gesagt, das wollen wir alles nicht mehr. Wir wollen nicht mehr 100 Institute, da ist auch Kritik nicht mehr zu steuern“, sieht Draxl die dahin gehenden Vorwürfe als Sache der Vergangenheit. Bei der Umstellung habe man ein „bisschen Unruhe“ in der Szene registriert, was sich aber bereits eingespielt habe, so die AMS-Landesgeschäftsführerin, die zugleich einräumt, dass es für neue Kursanbieter schwierig ist, es sei ein großer Markt mit einem hohen Konkurrenzdruck. So gab es bei einer aktuellen Ausschreibung acht Bieter.

Das Risiko eines Missbrauchs bei der Auftragsvergabe sei aber auch deshalb nicht gegeben, so Draxl weiter, weil es sich ab dem „Zeitpunkt der Ausschreibung“ um geheime Informationen handle. Würden hier Informationen nach außen dringen, hätte das „schwerwiegende Konsequenzen“, beteuert die Wiener AMS-Chefin. Wer angeboten hat und zu welchem Preis, darüber wisse dann nur eine „kleine Gruppe“ beim AMS Bescheid. „Wir müssen dann den Bestpreis ermitteln, wir sind nicht Billigstpreis-, sondern Bestpreisermittler“, stellt sie klar. „Preis spielt natürlich eine entscheidende Rolle, aber natürlich etwa auch die Qualität der Trainer und das vorgelegte Konzept.“

„Grundsätzlich sind wir sehr hart in der Kontrolle“
Welche Trainer dann tatsächlich zum Einsatz kommen, werde bei den Kontrollen vor Ort genauestens geprüft. Entspreche dabei ein Trainer nicht den Kriterien, führe das sofort zu finanziellen Abzügen. Draxl spricht von „sehr harten Kontrollen“ in den vergangenen drei Jahren und „hohen Strafzahlungen“ seitens der Institute. In den vergangenen eineinhalb Jahren seien ihr dahin gehend keine konkreten Fälle bzw. Beschwerden mehr bekannt. „Aber wenn es den Fall gibt, muss uns den wer nennen“, bittet sie, sich bei Problemen in jedem Fall an das AMS-Helpteam zu wenden. Ohne Rückmeldungen von Betroffenen dürften die Kontrollen alleine jedenfalls nicht ausreichen, denn es geht um rund 3000 bis 4000 Trainer im „AMS-Kontext“ in der Bundeshauptstadt. Wie viel geprüft werden muss, dazu gibt es bestimmte Vorgaben. „Grundsätzlich sind wir sehr hart in der Kontrolle“, so Draxl.

Geprüft werde zunächst alles, was eingereicht wird (klassische Prüfung der Belege etc.). Zudem gebe es Vor-Ort-Kontrollen, diese seien angekündigt. Darüber hinaus gebe es unangekündigte Kontrollen, etwa um einer konkreten Beschwerde nachzugehen. Da rücke das AMS meist mit sechs Mitarbeitern, unter ihnen immer wieder auch die Chefin selbst, aus. „Wir reden mit Trainern, wir reden mit den Teilnehmern. Ohne dass wer dabei ist.“ Das Management werde dann im Anschluss mit der Kritik konfrontiert. Auch Räumlichkeiten und Ausstattung würden geprüft, welche Skripten zum Einsatz kommen, ebenfalls. Die Trainerlisten würden zudem mit den beim AMS gemeldeten Listen abgeglichen.

250.000 Euro an Strafen für Kursträger im Jahr 2017
Bei allen großen Trägern (sogenannte Schulungsknotenpunkte) seien außerdem AMS-Mitarbeiter vor Ort anwesend - in einem „AMS-Büro“ zu bestimmten Zeiten (Sprechstunde zu fixen Zeiten, z.B. zweimal in der Woche eine Stunde). Diese würden selbstverständlich auch die Zustände beim Kursanbieter prüfen, so Draxl. Wenn etwas nicht passt, müssten die Träger „auch Pönalen zahlen“, im Jahr 2017 seien dies in Wien 250.000 Euro gewesen, die als Pönale verhängt worden seien. „Wir messen den Arbeitsmarkterfolg“, sonst würden die Träger auch nicht mehr beauftragt. Gemeint sind hier die Quotenregelungen, wie viel Prozent der Kursteilnehmer am 92. Tag in einer Beschäftigung stehen. Damit nicht genug, werde auch die Teilnehmerzufriedenheit anonym abgefragt. Momentan liege diese laut Draxl bei 1,6 von 6 Stufen. Teilnehmer können dabei auch „anonym reinschreiben, wenn ihnen etwas nicht passt“. Jeder Träger müsse auch ein eigenes Beschwerdemanagement betreiben, betont die AMS-Chefin. Dabei muss nachgewiesen werden, wie viele Beschwerden gemeldet wurden und wie diese gelöst wurden.

Ebenfalls eine Sache der Vergangenheit ist für Draxl die Kritik im Zusammenhang mit den sogenannten Übertrittsgefährdern. Das „Übertrittsverhinderungsziel“ führte ihr zufolge dazu, „dass die Berater geschaut haben, jemanden schnell einen Kurs zu geben“. Das bekannte Reizwort dabei für viele: Aktivierungskurse. Zu Recht, wie auch Draxl bestätigt: „Als damals sehr viel an Kritik gekommen ist, haben wir das System wirklich massiv verändert.“ Das Ziel der Übertrittsverhinderung wurde in Wien 2015 wieder abgestellt. „Der Arbeitsmarkt verändert sich ständig, das System muss deshalb permanent angepasst werden.“

Mehr Beschwerden bei überregionaler Vermittlung
Derzeit erlebe das AMS hingegen einen Anstieg der Beschwerden aus dem Bereich der überregionalen Vermittlung. „Momentan erlebe ich mehr Beschwerden aus diesem Bereich, weil da parallel auch die Sanktionen steigen“, so Draxl. Es geht dabei um die Frage: Wann muss ich wo wie arbeiten? Wer etwa nicht für einen „zumutbaren“ Job das Bundesland wechseln oder zumindest längere Anreisen zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen will, dem droht die Kürzung des Arbeitslosengeldes. „Muss ich nach Salzburg arbeiten gehen? Muss ich das annehmen?“, sind Fragen, die immer mehr Arbeitslose - und auch die Regierung, die hier die Zumutbarkeitsbestimmungen verschärfen will - beschäftigen.

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