Böser Verdacht

Zeugte Nazi-Scherge Demjanjuk im KZ ein Kind?

Ausland
13.05.2009 16:25
Der nach Deutschland abgeschobene mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk soll einer polnischen Zeitung zufolge während seiner Zeit als KZ-Aufseher in Polen einen Sohn gezeugt haben. Demjanjuk habe im Jahr 1943 die erst 16-jährige Polin Jadwiga K. vergewaltigt, berichtete die "Gazeta Wyborcza" am Mittwoch unter Berufung auf eine Freundin der Frau. Aus der erzwungenen Verbindung sei noch im selben Jahr ein Sohn geboren worden. Am selben Tag wurde bekannt, dass der in einem Münchner Gefängnis einsitzende 89-Jährige haftfähig ist. Über seine Verhandlungsfähigkeit ist jedoch noch nicht entschieden.

Durch einen Gen-Vergleich zwischen den Nachkommen des inzwischen verstorbenen Sohnes und Demjanjuk könne möglicherweise die Zugehörigkeit des gebürtigen Ukrainers zu den Wachmannschaften des Vernichtungslagers Sobibor in Polen bewiesen werden, berichtete das Blatt.

Diverse Demjanjuk-Nachfahren in Polen?
Die KZ-Wächter in Sobibor hätten die Mädchen der Umgebung oft zum Geschlechtsverkehr gezwungen oder sie mit Gold dafür bezahlt, sagte die Freundin der inzwischen verstorbenen K., Irena Pylka, der Zeitung. K. sei damals blond und sehr schön gewesen und daher Demjanjuk schnell aufgefallen. Noch immer sollen demnach drei Kinder sowie acht Enkelkinder von Demjanjuks angeblichem Sohn in Polen leben.

Demjanjuk war am Dienstag aus den USA nach München abgeschoben worden. Er soll 1943 für ein halbes Jahr KZ-Wächter im NS-Vernichtungslager Sobibor gewesen sein und nun wegen Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen angeklagt werden. Der heute 89-Jährige weist die Vorwürfe zurück und gibt an, nie in Sobibor gewesen zu sein. In Israel war Demjanjuk 1988 wegen im Vernichtungslager Treblinka verübter "Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen das jüdische Volk" zum Tode verurteilt worden. Nach sieben Jahren Haft wurde er jedoch wieder freigesprochen, weil letzte Zweifel an seiner Identität nicht ausgeräumt werden konnten.

Entscheidung über Verhandlungsfähigkeit kann noch dauern
Die für den erneuten Prozess in Deutschland entscheidende Frage nach der Verhandlungsfähigkeit Demjanjuks konnte am Mittwoch noch nicht geklärt werden. Ein medizinisches Gutachten dazu wird noch erarbeitet. Ärzte hatten den 89-Jährigen vorerst nur für haftfähig erklärt.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, Anton Winkler, sagte, der Gutachter müsse den 89-Jährigen gründlich untersuchen und dann die Untersuchungsergebnisse auswerten. Es liege nicht in der Hand der Staatsanwaltschaft, wann dies abgeschlossen werde. "In dieser Woche rechne ich nicht mehr mit einer Entscheidung. Wenn, dann frühestens nächste Woche."

Verteidiger: Demjanjuk permanent unter Schmerzmitteln
Die Verteidiger Demjanjuks argumentieren, ihr Mandant sei allein deshalb nicht verhandlungsfähig, weil er permanent Schmerzmittel nehmen müsse und sich wegen der Einnahme der Medikamente nicht selbst verteidigen könne. Dies ist aber Voraussetzung für eine Verhandlungsfähigkeit. Vor der Abschiebung hatte die Familie des Rentners in den USA mit Verweis auf dessen angeblich schlechten Gesundheitszustand über Monate die Abschiebung zu verhindern versucht.

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