Causa Meinl

Ex-MEL-Direktoren erheben schwere Vorwürfe

Österreich
10.05.2009 18:30
In der Causa Meinl rund um die börsenotierte Immobiliengesellschaft Meinl European Land haben zwei frühere MEL-Direktoren schwere Vorwürfe gegen die Meinl-Gruppe erhoben. Die britischen Anwälte Michael Richardson und Peter Byrne, zwei von sechs ehemaligen MEL-Direktoren, erklärten bereits im Dezember 2007 in einem Brief an die Finanzmarktaufsicht von Jersey mit Hinweis auf lückenhafte Informationen zum umstrittenen Zertifikaterückkauf ihren Rücktritt von den MEL-Funktionen. Die Meinl Bank sieht gerade durch den Brief die Rechtmäßigkeit der Rückkäufe bestätigt.

Richardson und Byrne, Partner der auf dem Firmensitz von MEL (heute "Atrium Real Estate") in Jersey ansässigen Kanzlei Bedell Cristin, erklärten laut dem Nachrichtenmagazin "profil" in einem Brief an die Jersey Financial Services Commission vom 6. Dezember 2007, sie seien nicht in den umstrittenen Rückkauf von MEL-Zertifikaten 2007 auf Rechnung der Gesellschaft eingebunden gewesen. Die beiden Anwälte waren als MEL-Direktoren insbesondere für die Einhaltung von rechtlichen Bestimmungen auf Jersey zuständig.

"Der Ankauf von Zertifikaten [...] wurde durchgeführt, ohne dass wir Direktoren einbezogen worden wären, obgleich die anderen Direktoren involviert waren und das Ausmaß der Zertifikatskäufe kannten", zitiert "profil" aus dem Schreiben von Richardson, das dieser auch im Namen seines Partners Byrne verfasst habe.

Das bedeute, dass zwei der damals sechs MEL-Direktoren nicht oder nur rudimentär über die Vorgänge orientiert gewesen seien. Bisher hatte es immer geheißen, die über die Meinl Bank abgewickelten Transaktionen seien ausnahmslos "im Auftrag und auf Rechnung" von MEL getätigt worden. "Der Anwalt, der Peter Byrne und mich berät, hat Bedenken geäußert, da das MEL-Board in der Vergangenheit Geschäfte abgewickelt hat, ohne uns Jersey-Direktoren voll einzubinden", zitiert "profil". Und weiter: "Unter den gegebenen Umständen ziehen wir es vor zurückzutreten." Der Rücktritt sei mit 7. März 2008 wirksam geworden.

Umstrittener Zertifikate-Rückkauf
Zwischen April und August 2007 wurden über den MEL-Market Maker Meinl Bank insgesamt 88,8 Millionen MEL-Zertifikate auf Rechnung der Immobiliengesellschaft zurückgekauft, wofür 1,8 Milliarden Euro der MEL eingesetzt wurden. Laut dem Banker Julius Meinl V. wurde der Rückkauf im Auftrag der MEL durchgeführt. Zwei der sechs MEL-Direktoren haben sich im Dezember 2007 davon distanziert.

Erst Ende Juli 2007 wurde die Öffentlichkeit darüber informiert, dass MEL plane, eigene Papiere vom Markt zurückzukaufen. Dazu wurde eine Hauptversammlung für 23. August angesetzt. Dass die Rückkäufe zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend abgeschlossen waren, wurde indes verschwiegen, so das "profil". "Die Pressemitteilung vom 27. Juli zur Einberufung der Hauptversammlung erfolgte ohne Einbindung des MEL-Boards, die übermittelten Informationen waren unvollständig", heißt es dazu in Richardsons Schreiben. Weder seien die Jersey-Direktoren zur Hauptversammlung selbst eingeladen worden, noch hätten sie die damals auch präsentierten Geschäftszahlen vorab zu Gesicht bekommen, und schließlich sei bis November 2007 auch kein Protokoll der Hauptversammlung auf Jersey eingelangt.

Neben Richardson und Byrne waren damals noch vier weitere Direktoren im MEL-Board: Karel Römer, Georg Kucian, Heinrich Schwägler und Wolfgang Lunardon. Römer, Kucian und Schwägler sollen laut "profil" in den kommenden Wochen in Wien im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen von Staatsanwalt Markus Fussenegger einvernommen werden.

Meinl Bank sieht Rechtmäßigkeit der Rückkäufe bestätigt
Die Meinl Bank wiederum sieht sich durch Brief der zwei früheren MEL-Direktoren in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Rückkäufe im Frühjahr 2007 vom Board der MEL angeordnet und rechtmäßig gewesen seien. "Damit ist ein weiteres Mal bestätigt, dass die Entscheidung zum Rückkauf völlig rechtmäßig durch einen Beschluss der zuständigen Direktoren zustandekam und nicht, wie in den Vorwürfen fälschlicherweise behauptet, durch Einflussnahme der Meinl Bank oder ihrer Organe", so Meinl Bank-Vorstand Peter Weinzierl. Auf die Frage, dass der umstrittene Rückkauf von MEL-Zertifikaten offenbar nicht im vorhinein bekanntgegeben wurde sondern erst Ende Juli 2007 in einer Aussendung angekündigt worden war, geht die Meinl Bank aber nicht ein. Laut dem von den Jersey-Behörden genehmigten Gesellschaftsvertrag sei ausschließlich der Lenkungsausschuss des MEL-Boards für derartige Entscheidungen zuständig, so die Meinl Bank. Dieser habe aus Georg Kucian, Heinrich Schwägler und Karel Römer bestanden, damals MEL-Direktoren. Die Juristen Richardson und Byrne gehörten nicht dazu.

Meinl V. gegen 100 Millionen Euro Kaution auf freiem Fuß
Gegen den Banker Julius Meinl V. wird von der Staatsanwaltschaft in der Affäre um Meinl European Land wegen Verdachts auf Untreue und Betrug ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung. Gegen eine Kautionszahlung von 100 Mio. Euro und weitere Auflagen kam Julius Meinl Anfang April aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß. Weiters sind zahlreiche zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten in dem Zusammenhang anhängig.

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