Schwieriger Auftakt
Tschechien übernimmt EU-Vorsitz
Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg sagte in der Nacht auf Donnerstag, der militärische Konflikt im Gazastreifen sei „eine erste Herausforderung“, an der sich die EU-Präsidentschaft beweisen müsse. Regierungschef Topolanek kündigte an, eine EU-Delegation unter Führung von Schwarzenberg solle in den kommenden Tagen in den Nahen Osten reisen.
Gleich am ersten Tag seiner Ratspräsidentschaft musste Tschechien auch in den Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine eingreifen. In einer Erklärung machte Prag im Namen der EU deutlich, dass der russische Lieferstopp an die Ukraine die Versorgung in der Europäischen Union nicht beeinträchtigen dürfe.
Klaus weigert sich weiter gegen Europaflagge
Klaus spielt indes weiter den Trotzigen und ließ am Donnerstag wie angekündigt an seinem Amtssitz, der Prager Burg, keine Europaflagge hissen. Der Staatschef, der sich einen „europäischen Dissidenten“ nennt, hatte in der Vergangenheit gesagt, die EU-Ratspräsidentschaft sei „unwichtig“. In seiner Neujahrsansprache sagte er nun, die EU-Präsidentschaft sei eine „gewisse Gelegenheit, das Funktionieren dieser großen Institution zu beeinflussen“.
Es liege im Interesse Tschechiens, diese Rolle „so gut wir können“ auszufüllen. Tschechien wolle, dass die EU ein „wirklich demokratischer Raum wird, wo politische Entscheidungsfindung so nahe wie möglich an den Bürgern ist, wo Politiker sich vor den Bürgern verantworten müssen und jeder Politiker wirksam kontrolliert werden kann“. „Daher sind wir an einer EU interessiert, die diese demokratische Kontrolle ermöglicht. Um nichts anderes geht es im Streit um den Lissabon-Vertrag“, meinte Klaus, der den EU-Reformvertrag seit langem strikt ablehnt. In die Zeit des tschechischen Vorsitzes fällt außerdem die Europawahl im Juni. Diese könnte laut Klaus zur Suche nach einer vernünftigen europäischen Ordnung beitragen. „Nehmen wir daran teil!“, rief Klaus die Wähler zu einer regen Beteiligung auf.
„Lieber Küsschen mit Merkel als russischer Bär“
Eine weitere Herausforderung für Topolanek ist es, den unter französischer Ratspräsidentschaft eingeleiteten Weg aus der Verfassungskrise der EU fortzusetzen. Irland hatte sich im Dezember verpflichtet, in diesem Jahr eine zweite Volksabstimmung über den Reformvertrag von Lissabon abzuhalten. Auch in Tschechien steht die Zustimmung des Parlaments zum Lissabon-Vertrag noch aus. Topolanek sieht aber keine Alternative zu einer Annahme des EU-Reformvertrags in seinem Land.
„Fast zwei Drittel der Tschechen sehen in der EU-Mitgliedschaft einen Vorteil“, sagte er der „Frankfurter Neuen Presse“. „Es gibt zwar viele kritische Anmerkungen, aber der (tschechischen) Bevölkerung ist klar, dass es keine Alternative zur Annahme des Vertrags von Lissabon gibt. Ein Nein hieße Austritt aus der EU.“ „Wenn wir den Vertrag nicht annehmen, gelangen wir wieder in die Einflusssphäre von Moskau. Es ist besser mit Angela Merkel Küsschen auszutauschen, als den russischen Bären zu umarmen“, fügte Topolanek hinzu.
„Unser Partner ist nicht Klaus“
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy wünschte seinem Nachfolger Topolanek am Mittwochabend Erfolg und sicherte ihm die volle Unterstützung Frankreichs zu. Die offizielle Zeremonie zum Beginn der tschechischen Ratspräsidentschaft soll am kommenden Mittwoch im Prager Nationaltheater stattfinden. Der außenpolitische Experte im Europaparlament, Elmar Brok, sah dem tschechischen EU-Vorsitz zuversichtlich entgegen. „Unser Partner ist nicht Klaus“, sagte Brok. Für die Europapolitik seien in Tschechien vor allem Regierungschef Topolanek, Europaminister Alexandr Vondra sowie Außenminister Schwarzenberg zuständig. Sowohl die Regierung als auch die überwiegende Mehrheit der Opposition in Tschechien seien pro-europäisch eingestellt.
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