225 Tage nach dem tödlichen Schuss in der Türk-Kaserne in Spittal (Kärnten) ist der Schütze schuldig gesprochen worden – zwölf Jahre Haft wegen Mordes. Der Schuldspruch sorgte unmittelbar für einen Tumult: Familienmitglieder des Opfers mit türkischem Hintergrund forderten lautstark eine höhere Strafe. Rund 50 Polizisten mussten ausrücken.
Pickel im Gesicht, geschorene Frisur, ein ständig zitterndes Bein: So sitzt der 20-jährige Lukas vor den Geschworenen und soll erklären, was am 22. Oktober 2024 in der Spittaler Türk-Kaserne während seines Wachdienstes passiert ist. „Es gab einen Stromausfall; ich war allein und irgendwann ist plötzlich einer vor mir gestanden.“
„Er war ein guter Freund“
Er habe sich erschrocken, sein Pistolenholster habe sich gelöst und dabei sei wohl ein Schuss gebrochen. Das ist eine Version. Dann gibt es noch andere. „Der Gürtel hat gedrückt, ich habe ihn aufgemacht und mit der Waffe herumgetan. Es tut mir so leid, aber durch mein Handeln wurde der Abzug gedrückt.“ Und der 21-jährige Mustafa erschossen. „Er war ein guter Freund“, sagt der Angeklagte leise. Niemals hätte es Streit gegeben; der Musti sei einer gewesen, „dem man vertraut, mit dem man reden kann“.
Denn reden, das kann Lukas kaum, wie Verteidiger Kurt Jelinek seufzt: „Es war grob fahrlässige Tötung. Er wollte das nicht. Es war ein Unfall!“ Staatsanwältin Doris Wieser zeichnet jedoch ein anderes Bild. Das eines jungen Soldaten, der sich mit Herbert Kickls Politik beschäftigt habe und sich am nächsten Tag beim Bundesheer über den Grundwehrdienst hinaus verpflichten wollte. Rassismus gegenüber dem türkischstämmigen Opfer steht im Raum, wird aber von keinem Zeugen bestätigt.
Staatsanwältin: „Es gibt immer ein Motiv“
„Doch es gibt immer ein Motiv. Wir kennen es nur nicht. Wir wissen einfach nicht, was in zwei Minuten und sechs Sekunden passiert ist“, so die Anklägerin. Um 15.52,46 Uhr betrat Mustafa die Wache, weil er sich nach einer Ausgangssperre melden musste – um 15.54,52 Uhr zeigt die Überwachungskamera, wie er herauskommt. Seine Familie weint laut, als sie ihren geliebten Verwandten auf dem Video sieht.
„Er hat noch gemeint: ,Hilfe, mich hat etwas gestochen‘“, schildert ein Kamerad. Eine Schockreaktion, meint Gerichtsmedizinerin Alexandra Meierhofer. Dennoch erstaunt, dass kein Wort über den Schuss und Lukas fiel – haben gar beide nicht verstanden, dass der eine auf den anderen geschossen hat?
Während des mehrstündigen Prozesses machten sich die acht Geschworenen ein Bild von dem Fall, sie fällten rasch ein Urteil: Es war Mord. Der Angeklagte erhielt eine Haftstrafe in Höhe von zwölf Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Tumulte vor Landesgericht, auch Diensthundeführer wurden alarmiert
Nach dem Prozess sollen laut „Krone“-Informationen die beiden Familien von Opfer und Verurteiltem vor dem Landesgericht aufeinandergetroffen sein. Dabei schaukelte sich der Streit so hoch, dass rund 50 Polizeibeamte ausrücken mussten, um deeskalierend einzugreifen.
Bereits auf dem Weg nach draußen sei ein Desinfektionsspender zu Bruch gegangen, auch unter den Angehörigen selbst kam es zu Reibereien. Sogar Diensthundeführer wurden zum Park vor dem Gerichtsgebäude beordert, wo sich die Lage dann relativ rasch beruhigte.
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