ORF-Stiftungsrat

ORF: Lohnabschluss und Budget abgesegnet

Österreich
11.12.2008 18:08
Lohnabschluss besiegelt, Budget und "Schuldenbekenntnis" durchgebracht, brisante Themen aufgeschoben - so lautet das Ergebnis der Stiftungsratssitzung des ORF am Donnerstag. Die Mitarbeiter bekommen demnach künftig 1,9 Prozent mehr Lohn samt Einmalzahlungen, Wrabetz darf in seinem Budgetplan für 2009 rund 29 Millionen Euro Schulden einberechnen, heuer werden rund 100 Millionen gemacht; für Teile der "mittelfristigen Spar- und Strukturmaßnahmen" der ORF-Führung gab es vorerst eine Absage. Im März will Wrabetz mit einem Konzept erneut beim obersten Aufsichtsgremium des Staatsfunks antanzen.

Das krone.tv-Interview mit Alexander Wrabetz zu den Themen Stellenabbau und Zukunft des ORF findest du in der Infobox!

Der erst kurz vor der Sitzung des Stiftungsrats zwischen ORF-Geschäftsführung und Zentralbetriebsrat vereinbarte Lohnabschluss von 1,9 Prozent samt Einmalzahlungen wurde mit 20 zu 15 Stimmen abgesegnet. Für den Lohnabschluss stimmten die 13 SPÖ-nahen Stiftungsräte sowie vier Betriebsräte. Ihren Segen gaben außerdem die unabhängigen Stiftungsräteräte Franz Küberl und Paul Lendvai, der für den ORF als Moderator tätig ist, sowie der von der FPÖ entsandte Norbert Steger.

Unter den Gegenstimmen fand sich Ex-Zentralbetriebsratsobmann Heinz Fiedler, dem der Gehaltsabschluss schlicht "viel zu niedrig" war, sagte er nach der Sitzung. Dies sei "der niedrigste Abschluss der Republik", so Fiedler. Er könne nicht akzeptieren, dass unter der Inflationsrate abgeschlossen werde. Auch die bürgerlichen Stiftungsräte erteilten dem Lohnabschluss eine Absage, allerdings ist er ihnen zu hoch. Laut ÖVP-"Freundeskreisleiter" Franz Medwenitsch stehe das Ergebnis im krassen Widerspruch zu den Sparankündigungen von Wrabetz. Die Gehaltserhöhung mache rund 15 Millionen Euro zusätzliche Kosten aus, das sei angesichts der Finanzlage des ORF inkonsequent und nicht akzeptabel.

Budget 2009: Geplantes Minus von 29 Millionen
Das ORF-Budget für das Jahr 2009 wurde mit 19 Pro-Stimmen gegen 15-Kontra-Stimmen angenommen. Die SP-nahen Vertreter, vier Betriebsräte sowie die unabhängigen Franz Küberl und Paul Lendvai stimmten stimmten dafür, 15 Stiftungsräte von ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grünen sowie der unabhängige Stiftungsratsvorsitzende Klaus Pekarek votierten dagegen. Die vom Land Oberösterreich entsandte bürgerliche Margit Hauft enthielt sich.

Laut dem von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz vorgelegten Budget plant der ORF im kommenden Jahr ein negatives Konzernergebnis von minus 29 Mio. Euro. Heuer liegt das Minus bei rund 100 Mio. Euro. Den Sparstift anlegen will der ORF im kommenden Jahr in den Fernsehdirektionen, wo der Sachaufwand – Obacht: nicht die Personalkosten – um 13 Mio. Euro gesenkt werden soll. Ausstrahlungs-, Betriebs- und Verwaltungskosten sollen um knapp sieben Mio. Euro reduziert werden. Sparen will der ORF auch bei fiktionalen Großproduktionen und Sportrechten. So ist etwa die Ausstrahlung der Champions League nicht mehr vorgesehen. Einsparungen gegenüber 2008 bringen außerdem der saisonbedingte Wegfall von sportlichen Großereignissen wie der Fußball-Europameisterschaft oder den Olympischen Spielen.

Kritik: "Geschöntes Budget", "zu rosig"
 

Kritik am Budget kam vor allem von den bürgerlichen Stiftungsräten. ÖVP-"Freundeskreis"-Leiter Franz Medwenitsch hält den Budgetplan für "wenig realistisch", die Einnahmenseite sei "zu rosig" dargestellt. Die Kosten für das Sparprogramm trage das Programm. "Ein Gegensteuern, um aus dem permanenten Defizit des ORF zu kommen, ist nicht erkennbar - sprich: Die Ausgaben bleiben höher als die Einnahmen." ORF-Kommunikationschef Pius Strobl meinte, die Einsparungen im kommenden Jahr seien "mit mehr als 50 Millionen Euro sehr ambitioniert. Sie stehen wie die gesamte ORF-Tätigkeit unter der Prämisse, dass im Programm für unsere Kunden keine Auswirkungen spürbar sind."

Ein klares Nein kam bereits am Mittwoch vom BZÖ, das mit Huberta Gheneff-Fürst über eine Vertreterin im Stiftungsrat verfügt. Laut BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz handle es sich bei den vorgelegten Unterlagen um ein "geschöntes Budget" und "keine realistischen Zahlen". "Wir sehen auch im mittelfristigen Strukturkonzept keine wirklich grundlegende Reform", weshalb das BZÖ den Plänen eine Absage erteile, so Strutz. Die Grüne Rätin Monika Langthaler hatte die Vorschläge von Wrabetz nach dem vergangenen Finanzausschuss als "nicht nachvollziehbar" kritisiert, die ergänzenden Unterlagen des Generaldirektors haben ihre "Bedenken nicht ausräumen können", sagte sie.

Spar- und Strukturmaßnahmen erst im März
Die ursprünglich geplanten Anträge zu den von Wrabetz vor zwei Wochen präsentierten mittelfristigen Spar- und Strukturmaßnahmen sind indes kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen worden. Wrabetz hatte angekündigt, die Kernbelegschaft des ORF bis 2012 um mehr als 1.000 Mitarbeiter reduzieren zu wollen. Zustande kommen soll diese Personalreduktion unter anderem durch Ausgliederungen, verstärkten Altersabbau sowie Kündigungen. Schon vor der Sitzung hatte sich abgezeichnet, dass er dafür zunächst keine Mehrheit im Stiftungsrat bekommen würde.

Konkret wollte Wrabetz am Donnerstag die Auslagerung des Facility Managements, der IT, der Ausstattung und des Rechtemanagements zur Abstimmung bringen. Außerdem stand die Gründung eines ausgelagerten Vereins für das Radio-Symphonieorchester auf dem Sitzungsprogramm. Von diesen Maßnahmen wären rund 300 ORF-Mitarbeiter betroffen. Die Auslagerungen sollen nun im März erneut auf die Agenda des Aufsichtsgremiums kommen - dann aber eingebettet in ein Struktur-und Strategiekonzept. Die Personalreduktion durch Kündigungen, Altersabbau und die Umbettung von Angestellten in einen neuen Kollektivvertrag für freie Mitarbeiter läuft laut Kommunikationschef Pius Strobl ungeachtet dessen weiter.

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