Schreie, die junge Frau kann ihre Schmerzen nicht zurückhalten. Sie bittet ihren Mann um Unterstützung. Wenig später will sie seine Hilfe nicht mehr. Dazwischen immer wieder Schreie, Stöhnen und die Verzweiflung. Und dann endlich ist alles vorbei. Das Baby ist zur Welt gekommen. Glückseligkeit erfüllt die frischgebackenen Eltern.
Mit einer Dauer von mehr als zehn Minuten ist die geschilderte Szene die intensivste und wohl eindrucksvollste des gesamten Films. Denn der Zuschauer wird zum Zeugen, wie ein neues Leben beginnt; mit all seiner Komplexität. Doch das ist bei weitem nicht alles, mit dem die neue Dokumentation „In die Welt“ des Wahlwieners und zweifachen Vaters Constantin Wulff begeistern kann. So nimmt sie sich auch der eher unpopulären Dinge des Spitalsalltags in der Ignaz-Semmelweis-Klinik an. Versteckte Abläufe wie das Ordnen von Medikamenten und Operationsbesteck, das Analysieren von Daten oder der alles rein haltende Putztrupp werden dabei ebenso ins Bild gerückt wie das Waschen und Füttern der Kleinkinder.
„Das Reinigen ist gleich relevant wie die Arbeit im Labor“
„Mir ist wichtig, dass alle Aspekte in der Klinik gleichrangig gezeigt werden. Dass wir also nicht nur auf das scheinbar Spektakuläre in so einer Geburtenstation aus sind, wie das häufig in oberflächlichen Fernsehformaten geschieht. Das Säubern der Korridore ist in gleichem Maße relevant, wie die Untersuchung im Labor“, erläutert Regisseur Wulff seine Motive. Vier Jahre lang arbeitete er an diesem Projekt. Nach umfangreichen Recherchen und Vorgesprächen erhielt er im Frühjahr 2006 schließlich die Erlaubnis, in der berühmten Semmelweis-Klinik fünf Wochen lang zu drehen. Der völlige Verzicht auf Interviews, Inszenierung und Anweisung an die Handelnden war ihm dabei überaus wichtig. Wulff: „Den Film bestimmt die Methode des direkten, puren Beobachtens. Nichts ist inszeniert oder gestellt, nichts wurde für uns wiederholt.“ Damit gelingt es ihm geschickt, hervorzuheben, dass eine Schwangerschaft keinen Regeln folgt.
Wie war das damals eigentlich bei meiner eigenen Geburt?
Und diese Ehrlichkeit der Bilder wird der Zuschauer zu schätzen wissen. Denn im Gegensatz zu üblichen Hollywood-Produktionen, wo perfekt geschminkte Wöchnerinnen binnen Sekunden ihre Babys zur Welt bringen, wird er hier mit der schonungslosen Realität konfrontiert. Man nimmt Anteil am Schicksal der jungen Mamis, erlebt ihre Gefühle und Ängste hautnah. Das fesselt. Wulff: „Ich wollte einen Film machen, der grundsätzlich über die Geburt und die Gesellschaft nachdenkt. Die Menschen sollen sich hinterher die Frage stellen: Wie war das damals eigentlich bei meiner eigenen Geburt?“
Interessante Impulse, an denen mit Sicherheit auch Klinik-Patron und „Retter der Mütter“, Ignaz Semmelweis, seine Freude gehabt hätte. („In die Welt“, ab 21. 11. im Kino)
Von Eva Schweighofer, Kronen Zeitung
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