Damit kein Rückbau

Mariahilfer Straße: Knappes Ja zur Fußgängerzone

Österreich
07.03.2014 22:19
Die Wiener Mariahilfer Straße wird zu einer Fußgänger- und Begegnungszone umgebaut. Eine Mehrheit von 53,2 Prozent der Anrainer hat für die Verkehrsberuhigung gestimmt, wie am Freitagabend offiziell verkündet wurde. Auch die Unterfragen nach den Querungen für den Autoverkehr und der Zulassung von Radfahrern wurden mehrheitlich bejaht, wenn auch knapp (55,9 bzw. 52,9 Prozent). Etwa 60 Fälschungen tauchten auf, rund 180 Stimmzettel wurden nicht korrekt ausgefüllt.

Die Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (kleines Bild), die sich in den vergangenen Monaten vehement für die Fußgängerzone eingesetzt hatte, bezeichnete das Ergebnis als "Auftrag". "Wir werden schauen, wie wir ihn in nächster Zeit bestmöglich erfüllen können", so die Chefin der Stadtgrünen gegenüber der "Zeit im Bild". In einem anderen Statement sagte sie, die Zustimmung für das Projekt sei "wie Weihnachten und Ostern zusammen". Es warte nun freilich "viel Arbeit".

Die Rathaus-Opposition hatte weniger Grund zur Freude: ÖVP-Chef Manfred Juraczka (Bild 2) nahm Vassilakou in einer ersten Reaktion in die Pflicht und meinte, es liege nun an ihr, "alle Beteiligten mit ins Boot zu holen und der größten Einkaufsstraße Österreichs wieder die Attraktivität zu geben, die sie vor der chaotischen Testphase hatte". FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus (Bild 3) bezeichnete den Umbau und die Befragung als "Fiasko", das "aufgrund der skandalösen Umstände als Verbrechen an der direkten Demokratie" bezeichnet werden könne.

Häupl freut sich über Zustimmung zu "vernünftigem Projekt"
Am späten Abend meldete sich schließlich auch Bürgermeister Michael Häupl (Bild 4) zu Wort. Er versprach, dass die neue "Mahü" genauso umgesetzt werde, wie es die Anrainer entschieden haben. "Ich sehe die Befragung jetzt genauso gelassen wie vorher, aber ich verhehle nicht, dass ich mich über das Ergebnis und die hohe Beteiligung freue", sagte Häupl, der die Fußgängerzone als "vernünftiges Projekt" bezeichnete.

Das Radfahren in der Fuzo sieht Häupl trotz knappem Ja der Anrainer weiter skeptisch. Er will nun Sicherheitsmaßnahmen umsetzen, um ältere Menschen und Kinder zu schützen. An dem von Vassilakou für kommenden Mittwoch anberaumten "Mahü-Gipfel" will der Bürgermeister nicht teilnehmen. "Wenn mich die Vizebürgermeisterin auf einen Kaffee einlädt, komme ich natürlich", so Häupl. Das Treffen in der kommenden Woche sei jedoch "ausschließlich für die Klubobleute gedacht".

NEOS: Freude, aber Kritik an Grünen
NEOS-Landessprecherin Beate Meinl-Reisinger (Bild 5) freute sich zwar grundsätzlich auch über die Zustimmung zur Verkehrsberuhigung, die sie als "wichtige Weichenstellung" bezeichnete. Sie kritisierte allerdings im selben Atemzug das Engagement der Grünen im Vorfeld, die es "verabsäumt haben, Lust auf das Projekt zu machen". Bürgerbeteiligung und Mitgestaltung hätten gefehlt, so Meinl-Reisinger. Der Politologe Peter Filzmaier sah im Ergebnis dennoch einen "klaren Mobilisierungserfolg der Grünen".

Christian Weissinger, Facebook-Aktivist und strikter Gegner der Fußgängerzone, kündigte an, weiter gegen das Projekt ankämpfen zu wollen: "Wir geben nicht auf. Bis 2015 läuft noch viel Wasser die Donau hinunter und da wird sich herausstellen, wie die Fußgeherzone wirklich aussieht und ob die Wiener damit zufrieden sind", sagte er. Vom Ergebnis der Befragung sei er "schockiert und enttäuscht".

Grüne Schokoherzen und kopierte Zettel
Gesprächsstoff lieferten auch die gefälschten bzw. nicht korrekt ausgefüllten Stimmzettel sowie manch Kuvert, dem die Anrainer kleine "Präsente" beigefügt hatten. So schickte etwa ein Gegner der Verkehrsberuhigung - er hatte Antwort B angekreuzt - auch das grüne Werbe-Schokoherz mit. Die Fälschungen sind laut "Krone"-Informationen kopierte Stimmzettel, auf denen eines der drei Sicherheitsmerkmale - ein Schriftzug, der nur unter UV-Licht sichtbar ist - fehlt.

Bis Freitagvormittag hatten die Anrainer in den Bezirken Neubau und Mariahilf ihre Stimme abgeben können. Dann wurden die letzten der gelben Sammelkästen in den Bezirksämtern geleert und abtransportiert. 33.122 Kuverts wurden retourniert - eine Rücklaufquote von 68,1 Prozent.

Monatelanges Herumdoktern hat ein Ende
Vor der Befragung war - wie ausführlich berichtet - monatelang an der prominenten Einkaufsstraße herumgedoktert, getestet und kritisiert worden. Sogar Busrouten mussten nachträglich geändert werden. Das Interesse an dem im rot-grünen Wiener Koalitionspakt fixierten Fuzo-Projekt ist seit jeher enorm.

Nach dem Ja der Anrainer wird die Einkaufsstraße nun ab Mai umgebaut. Die Gehsteige kommen weg, statt Asphalt gibt's niveaufreies Straßenpflaster und Sitzgelegenheiten. Im Advent wird die Umgestaltung wegen des Weihnachtsgeschäfts ausgesetzt. Im Frühling 2015 soll das Projekt dann finalisiert werden. Kosten: 26 Millionen Euro. Bei einem Nein wäre die Mariahilfer Straße "umgehend" in ihren früheren Zustand versetzt worden - die Autos hätten also auf der gesamten Straßenlänge wieder in beiden Richtungen fahren können.

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