"Genossen" besucht

Aufregung um Nordkorea-Trip von SPÖ-Politikern

Österreich
21.09.2010 14:20
Ein Besuch bei den wohl umstrittensten "Genossen" der kommunistischen Welt, nämlich in Nordkorea, bringt eine Gruppe Politiker aus der SPÖ Niederösterreich in Bedrängnis. Die fünfköpfige Partie traf kommunistische Parteifunktionäre und präsentierte danach gar angebliche "Insider-Informationen" über den geplanten Großparteitag des Regimes von Kim Jong Il. Für herbe Kritik sorgt der Umstand, dass der von den Politikern privat finanzierte Trip in Nordkorea offenbar eher als Staatsbesuch betrachtet wurde.

Seit Wochen wird international über einen geplanten Großparteitag, bei dem die Ablöse Kim Jong Ils als Nordkoreas Staatsoberhaupt durch seinen 27-jährigen Sohn beschlossen werden soll, gerätselt. Am Dienstag berichtete eine Wiener Zeitung unter Berufung auf die SPÖ-Delegation, dass der Parteitag nicht wie geplant Ende September stattfindet, sondern weiter verschoben würde. Man wisse dies aus Gesprächen mit dem stellvertretenden Direktor der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der kommunistischen Republik, verrieten die Politiker. Unabhängig davon erklärte das Regime am Dienstag, der Parteitag werde am 28. September stattfinden (siehe Infobox).

Die Reise der SPÖ-Delegation dauerte von 11. bis 16. September. Die fünf Politiker, unter ihnen der Nationalratsabgeordnete Peter Wittmann und die EU-Abgeordnete Karin Kadenbach, absolvierten neben den Treffen mit Partei-Funktionären Besuche in Fabriken und erhielten eine Führung am Waffenstillstandsort Panmunjom.

Spott und herbe Kritik von allen Seiten
Von der niederösterreichischen Landespolitik bis hin zu den Bundesparteien musste die Reisegruppe am Dienstag Spott und herbe Kritik einstecken. "Es ist unverständlich, dass ein österreichischer, politischer Repräsentant auch nur in Erwägung zieht, nach Nordkorea zu reisen und Österreich zu repräsentieren", meinte etwa ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. "Die SPÖ muss sich klar von dieser Verbindung distanzieren."

Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer, nunmehr Verfassungssprecher der ÖVP, kritisierte insbesondere Wittmann, der bei der SPÖ für die Verfassungsagenden zuständig ist. "Peter Wittmann sollte - so wie fast alle westlichen Politiker - die politischen Hände von Nordkorea lassen. Die dortige Staatsführung ist undurchsichtig, undemokratisch, diktatorisch, repressiv. Die Bevölkerung muss leiden, dass die Nomenklatur an der Macht bleibt. Eine Unterstützung dieser Nomenklatur kann kein Ziel eines Repräsentanten Österreich sein, in welcher Form auch immer - auch nicht als Privatreisender. Warum weiß das Peter Wittmann nicht, sondern trifft sich dort sogar noch mit hochrangigen Offiziellen?", fragte Molterer.

"Völlig außer Rand und Band"
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky pflichtete Molterer bei: Die SPÖ habe vielleicht einen gewissen Hang zur kommunistischen Diktatur Nordkoreas, "wie sich an der früheren Tätigkeit Heinz Fischers für die österreichisch-nordkoreanische Gesellschaft gezeigt hat". Für das Ansehen der Republik Österreich sei diese SPÖ-Mission aber alles andere als von Vorteil. "Auch wenn die SPÖ auf dem linken Auge blind zu sein scheint, ist gerade in außenpolitischen Angelegenheiten mehr an Sensibilität nötig", so Vilimsky.

Vonseiten der niederösterreichischen ÖVP hieß es, "die SP-NÖ ist völlig außer Rand und Band". Die Sozialdemokraten wollten wohl einen strengeren Kurs fahren und brauche dafür "Tipps von Experten", mutmaßten indes die niederösterreichischen Grünen. Er hoffe, dass die Mandatare zumindest den Mumm hatten, die demokratischen Defizite in Nordkorea anzusprechen, fügte der Grünen-Landesgeschäftsführer Thomas Huber hinzu.

SPÖ-Mandatar: "Dialog muss gesucht werden"
Für die Reise-Delegation sprang der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Anton Heinzl in die Bresche. Die Kritiker sollten "einmal über ihren Tellerrand hinausschauen". Als Mitglied des außenpolitischen Ausschusses sei es für ihn nämlich klar, "dass der Dialog und der Kontakt auch mit anderen Systemen gesucht werden muss".

Denn: "Wäre kein Dialog zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, zwischen den USA und der UdSSR zustande gekommen, hätte es auch kaum humanitäre Erleichterungen gegeben, die letztendlich zum Systemumsturz und zu offenen Grenzen geführt haben." Der Kontakt zu Nordkorea sage nichts über die eigene Einstellung zu diesem politischen System aus. "Oder sollte auch die niederösterreichische Wirtschaft ihre Beziehungen zu Ländern wie China oder Nordkorea aus ideologischen Gründen beenden?"

Österreich halte übrigen seit dem Jahr 1974 diplomatische Beziehungen zu Nordkorea aufrecht und habe dort auch einen Botschafter vor Ort, gab Heinzl zu bedenken.

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