In NÖ "angekommen"

Protest gegen geplante Heeres-Großküchen

Österreich
21.07.2011 18:06
Zwischen der niederösterreichischen FPÖ bzw. ihren Gewerkschaftern und dem Bundesheer ist ein Streit um die geplante Streichung Dutzender Heeresküchen ausgebrochen. Das Heer wandelt seit 2008 seine 95 Truppenküchen in diversen Kasernen in Ausgabestellen um, die künftig von fünf großen Zentralküchen mit Aufwärmessen beliefert werden sollen. Die Maßnahme soll Geld einsparen und Grundwehrdiener vom Küchendienst freispielen. Laut den Gewerkschaftern würden damit aber Jobs vernichtet und sogar die nationale Sicherheit aufs Spiel gesetzt.

Die niederösterreichischen Freiheitlichen starteten am Donnerstag gar eine Unterschriften-Kampagne unter dem Motto "Gulaschkanone statt Müllküche". Grund: Der 2008 gestartete österreichweite Küchen-Umbau ist nämlich in NÖ angekommen. Nach den bereits in Betrieb befindlichen Zentralküchen in Wien und Graz sowie der im Probebetrieb laufenden "Zentralküche Süd" in Klagenfurt (Bild) wird derzeit in Wiener Neustadt eine Großküche errichtet.

Im Unterschied zu den beiden Großstadt-Küchen wird die niederösterreichische mehr weiter entfernte Kasernen zu versorgen haben. Der Umbau kostet zwölf Millionen Euro, dazu kommen acht Millionen an Adaptierungskosten in den künftig von ihr belieferten 25 Kasernen, zu denen z.B. auch Eisenstadt im Burgenland zählt.

Besserer Geschmack, mehr Vitamine?
Laut Bundesheer sorgen die Zentralküchen, die bei anderen Armeen schon vor Jahrzehnten Einzug gehalten haben, für besseren Geschmack, mehr Auswahl und mehr Vitamine. Die Produktionsmethode der Zentralküchen nennt sich "Cook & Chill", wo der Erhalt von Nährstoffen und Vitaminen im Essen durch den Wegfall von Warmhaltezeiten und eine umgehende Kühlung auf vier Grad Celsius gewährleistet werde. Zudem werde der Speiseplan abwechslungsreicher und die Soldaten könnten durch die Komponentenverpflegung aus bis zu fünf verschiedenen Hauptspeisen (bisher zwei oder drei) wählen. Dazu werde eine Auswahl an Suppen, Salaten und Beilagen angeboten.

Das Bundesheer gebe mit den Zentralküchen das "ureigenste Ziel einer militärischen Einheit, sich selbst versorgen zu können", auf, polterten am Donnerstag indes der FPÖ-Landtagsabgeordnete Christian Hafenecker und AUF-Gewerkschafter Manfred Haidinger. Eine kulinarische Unterlegenheit des Zentralküchen-Essens gegenüber dem bisherigen Kasernenküchen sehen sie durch "Pizzaschachtel-Berge" in den von der Wiener Zentralküche versorgten Liegenschaften bewiesen. Allerdings genießen die meisten Heeresküchen einen eher zweifelhaften Ruf, Wirtshaus-Niveau wird meist nur den Küchen in den Liegenschaften mit Militärkommanden oder anderen "höheren Einrichtungen" attestiert.

Zentralküchen für FPÖler nationales Sicherheitsrisiko
Aus Sicht der Zentralküchen-Gegner bedroht das Versorgungskonzept aber gar die nationale Sicherheit: Die in Plastik einzelverpackten Speisen seien durch das zentralisierte Kochen für EHEC und Co. anfällig. Derartige Verunreinigungen würden mit einem Schlag die Landesverteidigung außer Gefecht setzen, warnten Haidinger und Hafenecker am Donnerstag.

Hingewiesen wird auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Umstellung. In Niederösterreich würden 750.000 zusätzliche Kilometer durch die Essenslieferungen zurückgelegt, für die das Bundesheer private Unternehmer engagieren wolle. Aufgrund der Größe der Zentralküche müsse außerdem für die Belieferung eine internationale Ausschreibung erfolgen. Regionale Klein- und Mittelbetriebe wie Fleischhauer oder Bäcker kämen dabei nicht mehr zum Zug. Auch im Bundesheer gingen durch den Plan Jobs verloren, behaupten Haidinger und Hafenecker. An Personal würden angeblich 150 Fachkräfte und 48 Lehrstellen abgebaut - aber bis zu 300 Hilfs- und Teilzeitkräfte neu aufgenommen werden.

Die Rechnung der Heeresführung werde aber nicht aufgehen, glauben die Gegner. Im "alten" System schlage sich die Versorgung mit 80 Millionen Euro nieder, das neue sei mit 63 Millionen Euro veranschlagt - da seien aber zehn Millionen für die Rekruten und sieben für das Fachpersonal herausgerechnet, was aber so nicht aufgehen werde, da die "300 neuen Angestellten im untersten Lohnniveau niemals ihren Weg in die Kasernen finden werden".

Heer: Kosten, nicht Jobs werden abgebaut
Den von den Niederösterreichern behaupteten Job-Abbau durch das neue Verpflegungskonzept weist das Bundesheer zurück. Es komme zu keinem Personalabbau - Punkt. Dafür könne aber das Bundesheer seine Kosten zu reduzieren. Diese würden mit dem neuen Verpflegungssystem für österreichweit rund 22.000 Tagesportionen im Endausbau nämlich um ein Drittel gesenkt. Das größte Einsparungspotenzial ergebe sich dabei aus der Reduzierung von Grundwehrdienern als Systemerhalter in den Küchen - was im Übrigen eine FPÖ-Forderung nach besserer (Kampf-)Ausbildung für Rekruten, anstatt sie als Hilfsarbeiter einzusetzen, erfüllt.

Gemeinsam mit der niederösterreichischen ÖVP hatte die FPÖ bereits im März im Landtag eine Resolution gegen die Zentralküche beschlossen und Verteidigungsminister Norbert Darabos aufgefordert, die Umrüstung der Küchen zu stoppen.

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