Festivalauftakt

Musikalische Klamaukoffensive zum Frequency-Start

Musik
16.08.2013 02:50
Weit und breit keine Wolke in Sicht und sommerliche Temperaturen: Die Frequency-Fans hätten es zum Auftakt des Drei-Tage-Festivalmarathons am Donnerstag wesentlich schlechter erwischen können. Rund 45.000 Begeisterte bevölkerten am ersten Tag die acht Bühnen des St. Pöltner Green Parks, in dem neben den US-Rockern Tenacious D vor allem das bayrische Rap-Kommando Blumentopf überzeugte.
(Bild: kmm)

Obwohl sich die tropische Hitze in den letzten Tagen verabschiedete, bekamen die Festival-Besucher rechtzeitig zum Frequency-Auftakt strahlenden Sonnenschein geliefert. Angesichts der hohen Temperaturen standen nicht nur Sonnencremen, sondern auch Spritzpistolen und Abkühlungsduschen im Eingangsbereich im Vordergrund.

Nachwuchs mit Zeichentrick-Affinität
Doch wo gute Nachrichten, da auch schlechte, denn die US-Pianistin Regina Spektor musste ihren Auftritt spontan absagen und würfelte den ursprünglichen Zeitplan gehörig durcheinander. Davon ließ sich die einheimische Nachwuchsband The KK aber nicht beeindrucken. Das junge Quintett konnte mit Keyboard-Unterstützung bereits ein erstes kleines Feuer im Wavebreaker der Space Stage entfachen. Als kurios, aber durchaus gelungen konnte man eine Coverversion der Zeichentrickserie "Sailormoon" verbuchen. Wer wagt, gewinnt.

Für intensivere Klänge sorgte die britische Soulsängerin Laura Mvula. Den Großteil der Spielzeit verbrachte die 26-Jährige hinter ihrem Piano, während sie Songs wie "Flying Without You" oder "Like The Morning Dew" von ihrem brandneuen Debütalbum "Sing To The Moon" intonierte. Besonders gelungen erklang die Bob-Marley-Coverversion von "One Love", die sie stimmstark und leichtfüßig zugleich präsentierte. Empathisch, emotional und inbrünstig sang sich Mvula durch ihr Set. Der Funke mochte aber trotzdem nicht so ganz auf das Publikum überspringen. Das lag wohl hauptsächlich daran, dass derart ruhige Klänge besser in einen Lounge-Club als auf eine Festival-Bühne passen.

Top-Stimmung bei Hip-Hop-Klängen
Während sich auf der Space Stage die ewigen Jugendhelden Killerpilze um ihr Publikum bemühten, konnte die bayrische Hip-Hop-Formation Blumentopf als erste Band des Tages die Green Stage füllen. Wer Cajus, Holunder und Co. kennt, weiß, dass kein Konzert dem anderen gleicht. Von Beginn an herrschte Hochdruck im Zuschauerraum, und schon nach wenigen Minuten starteten Blumentopf ihre wahre Profession – das spontane Freestyle-Rappen. Mit dem 2012er Album "Nieder mit der GbR" erlebten die Bayern so etwas wie ihren zweiten Frühling, und dass sie in Österreich besonders gut ankommen, bewiesen schon ausverkaufte Hallen in diversen Landeshauptstädten. Unter der sengenden Sonne wurde auch der Frequency-Auftritt zum stimmungsvollen Triumphzug, bei der die sympathischen Rapper sogar die Unterwäsche durchblitzen ließen.

Auf der Space Stage wurde kurz darauf Melancholie großgeschrieben. Die britischen Indie-Rocker Archive sind schon länger im Geschäft, haben den großen Durchbruch aber auch in der Genre-Hochzeit immer knapp verpasst. An Sänger Dave Pen kann das aber nicht liegen, denn der hünenhafte Frontmann zerfloss auf der Bühne förmlich in Elegie, war aber ob der fehlenden Partytauglichkeit der Songs ähnlich fehlbesetzt wie schon zuvor Laura Mvula. Dennoch ertönten Songs wie "Wiped Out", "Conflict" oder "Bullets" intensiv und durchdringend – als Abendprogramm im Dunkeln hätten sie ihre Wirkung aber voll entfachen können.

Sommertaugliche Isländer
Wesentlich besser ins sonnige Line-up passten Of Monsters And Men, obwohl man ihnen das ob ihrer isländischen Herkunft nicht zutrauen würde. Mit Akustikgitarren, Klavier und Akkordeon ausgestattet, brachte das Sextett die Menge zum Toben. Dies lag aber nicht ausschließlich an den leicht bekömmlichen und rhythmisch gut akzentuierten Songs, sondern vor allem an der sympathischen Bühnenpräsenz. Das Folkgemisch klang tatsächlich etwas nach einem Volksfest – nur eben für ein jüngeres Publikum.

Trotz einsetzender Dunkelheit ließ eine australische Combo die Sonne hochleben. Empire Of The Sun – Nomen est Omen – erklären in ihrem Bandkonzept die Sonne als verbindendes Element für das Universum und umschließen dieses Rahmenthema mit flottem, aber leider auch sehr redundantem Electro-Pop. Im Prinzip erwiesen sich die Australier als audiovisueller Partyguide ohne Hintergrund.

Party ohne Anspruch
Galaktisch anmutende Kostümierungen, die unter anderem hautenge Bodysuits bei den Backgroundtänzerinnen und viel symbolische Schminke bei den Musikern beinhalteten, konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Songs der Band im Großen und Ganzen ziemlich flach aus den Boxen waberten. Doch zugegeben – bekanntere Hits wie "We Are The People" oder "Walking On A Dream" waren astreine Partykracher. Interessierte und unbemerkte Gäste im Publikum: drei Viertel von Franz Ferdinand.

Diese hatten anfangs leichte Probleme, das Publikum in Wallung zu bringen. So merkte Sänger Alex Kapranos erst nach einigen Nummern an, dass die Zuseher "langsam zum Leben erwachen". Die Schotten konzentrierten sich darauf, Songs ihres kommenden Albums "Right Thoughts, Right Words, Right Action" zu exerzieren, verzichteten aber natürlich nicht auf ihre Klassiker. So ernteten "Do You Want To", "Walk Away" und "Take Me Out" den größten Zuspruch.

Spätstart mit gutem Ende
Mit fünf neuen, großteils unveröffentlichten Songs haben es Franz Ferdinand als Co-Headliner aber etwas übertrieben. Zudem hätte auch das elektronisch angehauchte "Lucid Dreams" gut in die Frequency-Show gepasst. Gegen Ende hin gewöhnten sich die sympathischen Dandys und das Publikum aneinander, womit im letzten Drittel der Show doch noch kochende Stimmung herrschte.

Doch das bunte Tagesprogramm diente im Endeffekt nur als Überleitung zum absoluten Top-Act. Tenacious D, bestehend aus dem Musiker-/Komiker-Gespann Jack Black und Kyle Gass, gaben hochoffiziell ihre Österreich-Premiere und ließen weder Wünsche offen noch Augen trocken. Mit einem riesigen Phallussymbol als überbordendes Bühnenrequisit starteten die Amerikaner in ihr Set – Humor und musikalische Fertigkeiten beherrschten den Abend.

Klamaukspektakel auf der Space Stage
Jack Black erfüllte dabei die in ihn gesetzten Erwartungen und erwies sich als lustiger, eloquenter und sympathischer Entertainer, während sein Partner Kyle Gass den Witz vor allem durch sein bloßes Vorhandensein überlieferte. Humoristisch schwang das Duo erwartungsgemäß die derbe Keule, nur selten kam es über Anspielungen auf primäre Geschlechtsteile hinaus. Doch genau deswegen liebt das Publikum die Comedy-Rocker, die außerdem mit einer pervers-spaßigen Videoeinlage und sehr guten Deutschkenntnissen glänzten.

Bei aller Liebe zum Brechstangenhumor muss aber die zweifellos vorhandene musikalische Klasse gewürdigt werden. Kyle Gass gehört an der Akustikgitarre zu den Allergrößten seiner Zunft und Jack Blacks Spiel erreicht durch die Bühnenenergie und seine ehrliche Liebe zur Musik einen besonderen Touch. So konnten die neueren Songs wie "Rize Of The Fenix", "Deth Starr" oder "Throw Down" durchaus punkten, hatten aber gegen die älteren All-Time-Klassiker keine Chance. So sorgten vor allem "Dio" (Blacks Ode an seinen Lieblings-Metalsänger Ronnie James Dio), "The Metal" (stilecht mit einem Mann im Metallkostüm auf der Bühne) und "Kickapoo" für frenetische Begeisterungsstürme.

Sound verwässerte Leistung
Nachdem das Duo spontan Ozzy Osbournes Klassiker "Bark At The Moon" intonierte und sich Jack Black beim "unglaublichen Publikum" bedanke, ließen Tenacious D den Abend mit einer Extended-Version des Top-Hits "Fuck Her Gently" ausklingen. Auch Brachialhumor kann für subtilen Zuspruch sorgen. Nur schade, dass der Sound erst nach Konzert-Halbzeit in die Gänge kam. Dennoch haben "The D" den Auftakt würdig beschlossen.

Am Freitag steht die nächste Armada an internationalen Top-Acts am Programm. Auf der Space Stage werden System Of A Down für die härtesten Klänge des Festivals sorgen. Bad Religion, Casper, Fall Out Boy und Awolnation werden mit großer stilistischer Bandbreite zum Headliner leiten. Auf der Green Stage duellieren sich Nero, Left Boy, die Crystal Castles und Madsen um die Gunst des Publikums. Es gibt nur noch wenige Restkarten für Samstag.

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