Bewusste Stilbrüche

Awolnation überzeugten im Grazer Orpheum

Musik
30.01.2013 03:13
Unentwegt touren die kalifornischen Stilverweigerer Awolnation durch die Lande. Am Dienstagabend machte das Quintett auch im Grazer Orpheum Station und kam - im Gegensatz zu den Fans - nur langsam in Tritt. Einem großen Konzert stand aber auch die Müdigkeit nicht im Wege.
(Bild: kmm)

Wuchernder Dreitagebart, dunkle Augenringe und eine etwas verwirrtere Haltung als gewohnt – Awolnation-Sänger Aaron Bruno merkt man vor allem im Anfangsdrittel des Konzerts im ausverkauften Grazer Orpheum an, dass das kontinuierliche Touren langsam, aber sicher an die Substanz geht. Diese optische Melange aus kalifornischem Surferboy und Kurt-Cobain-Look-alike steht dem charismatischen Sänger dennoch gut zu Gesicht, denn egal wo Awolnation ihre akustischen Duftnoten setzen – das Publikum scheint ihnen überall aus der Hand zu fressen.

Souveränität durch Unwissen
Brandender Jubel, tosender Applaus und ohrenbetäubendes Gekreische hallen Bruno im siedend heißen Orpheum unentwegt entgegen. Der Sänger selbst bedankt sich mit kurzen Dankesbotschaften und fingergeformten Herzen oder schmeißt sich in bester Rockstar-Manier einfach mal selbst in die begeisterte Menge. Die Musik des kompositorischen Genies Bruno spiegelt dabei sein Stageacting perfekt wieder. Mal fröhlich-beschwingt ("Guilty Filthy Soul"), mal offensiv-atmosphärisch ("Soul Wars"), mal vertrackt und hart ("Joke"). Ein Entertainer des Unbewusstseins, der die Souveränität aus seiner lässigen Grundhaltung zu schöpfen scheint.

"Not Your Fault" und "Sail" als übliche Mitsing-Kracher außer Acht lassend, begeistern Awolnation auch live mit ihrer breiten Palette an Stilen und Einflüssen. Niemand sonst fühlt sich zwischen den Beatles, Prince oder Depeche Mode so gut aufgehoben, niemand sonst verschmilzt in wenigen Konzertminuten Art-Pop, Indie-Rock und kontrollierte Hardcore-Aggressivität, ohne sich dabei lächerlich zu machen. Im Gegensatz zum Auftritt in der Wiener Arena Anfang November scheint bei Awolnation aber dennoch der Schlendrian eingekehrt zu sein. Auf Hits wie "MF" oder "Jump On My Shoulders" wird hier und heute verzichtet, wer sich als Ersatz erste Hörproben von neuem Material erhofft hat, enttäuscht.

Besondere Interaktion
So bleiben ein leichter Abzug in der B-Note und die dringende Empfehlung, nach den Stakkato-Touren auch mal eine Pause einzulegen. Im Direktvergleich mit dem angesprochenen Wien-Auftritt wirkt das Quintett müde und ausgebrannt. Doch wenn sich Bruno am Ende des viertelstündigen Rausschmeißers "Knights Of Shame" Feuerzeuge und Smartphone-Display-Lichter zur akustischen Begleitung wünscht und bei "Burn It Down" zum exaltierten Springen animiert, dann glänzt nicht nur der Frontmann freudestrahlend, sondern die ganze Halle.

Diese besondere Verbindung von Künstler und Fans unterscheidet nicht nur Awolnation von anderen, sondern bekanntlich auch die wirklich großen Bands von den kleinen. Eine kleine Erholungspause sei der Band aber dennoch angeraten – dann kommt auch wieder diese spezielle Bühnenmagie zurück, die sich an diesem Abend vornehm zurückhielt.

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