"Krone-Interview"

Mitterlehner: “Nicht nur neue Belastungen”

Österreich
10.04.2010 17:22
Reinhold Mitterlehner: Der smarte Wirtschaftsminister zählt zu den beliebtesten Politikern. Aber wie erklärt er nun die neuen Steuern? "Krone"-Chef-Interviewerin Nadia Weiss bat den ÖVP-Minister zum Gespräch.

"Krone": Herr Minister, die ÖVP-Klubklausur stand vor wenigen Tagen im Zeichen der Bewältigung der Wirtschaftskrise. Welche neuen Strategien wurden entwickelt, abgesehen vom Einheben neuer Steuern?
Reinhold Mitterlehner: Das Thema war "Neues Wachstum", weil man aus der Krise Chancen ableiten kann. Unsere Chance heißt Qualität und neue Technologien, gerade im Energie- und Umweltbereich, in denen wir Marktführer bleiben oder werden müssen. Die Stimmung innerhalb der Wirtschaft ist im Übrigen gut, ich bin überzeugt, dass die Talsohle überwunden ist.

"Krone": Was können Sie als Wirtschaftsminister dazu beitragen, dass durch das Zusammenwirken von Wirtschaft, Politik und Ausbildung Österreich seine Standort-Qualitäten beibehält?
Mitterlehner: Wir können einerseits die Rahmenbedingungen richtig setzen, andererseits aber auch positive Stimmung verbreiten. Im Wesentlichen muss jetzt jeder verstehen, dass wir umstrukturieren müssen, weil es nicht so wie bisher weitergehen kann. Dies stellt jedoch nicht nur eine Belastung dar, sondern die Chance, sich ganz neu aufzustellen.

"Krone": Was meinen Sie mit umstrukturieren? Bislang ist vor allem von neuen Steuern, wie Öko-Steuer oder Bankenabgabe die Rede?
Mitterlehner: Es sollen ja nicht nur Belastungen verteilt werden, sondern gerade die Gelder, die durch eine Öko-Steuer eingehoben werden, wieder investiert werden. Nehmen wir beispielsweise den automotiven Bereich her: Hier möchten wir für Forschung und Infastrukturausbau beispielsweise im Bereich der Elektro-Mobilität jährlich hundert Millionen Euro reservieren. Die gleiche Summe soll für Förderung der thermischen Sanierung zur Verfügung stehen.

"Krone": Und wer soll die Öko-Steuer, von der sich Finanzminister Josef Pröll mindestens eine halbe Milliarde Euro erwartet, bezahlen?
Mitterlehner: Dies gilt es alles noch mit dem Koalitionspartner auszuverhandeln, bislang haben wir nur eine Strategie entwickelt, mit der gerade in der Krise sinnvolle Investitionen getätigt werden können. Aber meiner Meinung nach sollte es eine Steuer sein, die eine langsame Umstellung von fossiler Energie hin zu erneuerbaren Energieträgern ermöglicht.

"Krone": Wie stehen Sie zur Bankensteuer?
Mitterlehner: Ich empfinde sie als richtig, da die Menschen das Gefühl haben, dass diejenigen, die die Krise mitverursacht haben, nun auch ihren Anteil leisten sollen. Allerdings sollten in allen Ländern die Bedingungen gleich sein und keine Nachteile für den Bankkunden entstehen.

"Krone": Aber die Krise ist doch nicht von den heimischen Banken ausgegangen?
Mitterlehner: Sie ist vom internationalen Bankenwesen ausgegangen und teilweise durch ein Nachfrage-Problem aufgrund der Gesättigtheit der Märkte.

"Krone": Wurde im Zusammenhang mit notwendigen Umstrukturierungen auch Bürokratieabbau und eine Verschlankung der Strukturen diskutiert?
Mitterlehner: Es ist ganz klar, dass ein Staat nach ähnlichen Prinzipien wie ein Unternehmen geführt werden soll. Von vielen liebgewonnenen, althergebrachten Dingen werden wir uns trennen müssen. So ist es einfach nicht mehr drinnen, dass wir alles Mögliche produzieren, in der Hoffnung, dass wir es schon absetzen werden. Der Wettbewerb auf allen Märkten ist intensiv, gerade im Bereich der Ökologisierung.

"Krone": Wie wollen Sie verhindern, dass zum Beispiel durch Zielgebietförderungen der EU Produktionsstätten in "billigere" Länder abwandern und unser "Know-how", die ausgebildeten Fachkräfte, gleich mit?
Mitterlehner: Es geht nicht um Gebieteförderung, sondern um eine neue Einstellung, nämlich dass wir bis 2020 alle innerhalb der EU die neuesten Technologien und Innovationen entwickeln müssen. Österreich wird im internationalen Vergleich nie mit niedrigen Kosten "punkten" können, sondern wir müssen Innovationsführer sein. Unser Vorteil ist das, was am Ende des Produktionsprozesses rauskommt, nämlich Qualität. Management, Entwicklung und Ausbildung sollen bei uns zentriert sein, auch wenn vielleicht fallweise in einem anderen Land produziert wird.

"Krone": Gibt es mehr Geld für Entwicklung und Ausbildung?
Mitterlehner: Wir können momentan nicht mehr Geld in das System pumpen, weil es einfach nicht da ist. Nun müssen wir versuchen, die vorhandenen Mittel effizienter zu verwenden. Unsere Staatsausgaben waren bisher leicht über dem Durchschnitt. Eine Verwaltungsreform wird uns nicht erspart bleiben.

"Krone": Wird unser Bildungssystem dem Anspruch der Wirtschaft als "Innovationsführer" gerecht?
Mitterlehner: Das sehe ich schon, PISA-Studien hin oder her. Punktuell gibt es auch eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Fachhochschulen und Universitäten.

"Krone": Abschließend eine Frage zum Rauchverbot in Lokalen: Muss ein Wirt, der die Kosten für den Umbau seines Lokals in Raucher- und Nichtraucherbereiche auf sich nimmt, damit rechnen, dass ein generelles Rauchverbot in Lokalen die Investition sinnlos macht?
Mitterlehner: Der Wirt kann meines Erachtens damit rechnen, dass es kurz- bis mittelfristig wohl zu keinem generellen Rauchverbot in Lokalen kommen wird. Dazu laufen die Mechanismen in der EU zu langsam: Bis es womöglich zu einer EU-Richtlinie kommt, dauert es noch.

"Krone": Reservieren Sie im Raucher- oder Nichtraucherbereich?
Mitterlehner: Im Nichtraucherbereich, weil ich nur in Jugendjahren ein paar Zigaretten gepafft habe. Es ist mir jedoch klar, dass es sehr ins Persönliche geht, wenn man den Menschen das Rauchen verbieten will. Allerdings ist zu bedenken, dass alle diese Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer im Lokal dienen.

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