Berlin denkt um

“Raser-Freibrief” für Deutsche bald vorbei

Ausland
01.02.2010 09:33
Deutsche Verkehrssünder, die in Österreich erwischt werden, aber nicht sofort bezahlen, haben bald keinen "Raser-Freibrief" mehr: Die Bundesregierung in Berlin plant, künftig alle deutschen Autofahrer zu belangen, gegen die im EU-Ausland ein entsprechender Strafgeldbescheid verhängt wurde. Ab Oktober werde die Regierung alle in anderen EU-Staaten angeordneten Bußgelder über 70 Euro selbst eintreiben, heißt es.

Schnellfahrer aus dem Ausland kommen - trotz klarer EU-Vorgaben an die Mitgliedsländer - in Österreich meist immer noch ungestraft davon. In Wien hat es im vergangenen Jahr 400.000 Anzeigen (und Organmandate) wegen überhöhter Geschwindigkeit gegeben. Davon wurden 350.000 Schnellfahrer von Radarboxen geblitzt. "Würden wir die ausländischen Fahrer dazuzählen, wären es um 40 Prozent mehr Anzeigen", hieß es vonseiten der Polizei.

Die Straffreiheit hat aber auch nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit: So wird etwa jeder siebente tödliche Verkehrsunfall von einem ausländischen Lenker verursacht.

Rechtlich möglich, praktisch nicht vollzogen
Die heimischen Behörden geben schon längere Zeit österreichische Lenkerdaten an ausländische Behörden weiter. Doch bisher gab es nur selten einen Datenaustausch in die umgekehrte Richtung, falls ein Ausländer in Österreich ein Verkehrsdelikt begangen hat. Mit Deutschland gab es bisher schon ein Abkommen zum Daten-Austausch, die lückenlose Strafverfolgung scheitert aber an der Bürokratie sowie an unterschiedlichen Gesetzen.

Rein theoretisch könnte die gegenseitige Strafverfolgung mit 14 EU-Staaten - darunter auch Rumänien, Slowenien, Tschechien und Ungarn - funktionieren. Abgesehen von der Legislative, in der Praxis passiert ohnehin de facto gar nichts - oder nicht genug: "Italien schickt zwar Strafzettel nach Österreich, hat den Rahmenbeschluss aber selber noch nicht umgesetzt", kritisiert der ÖAMTC.

"Radarfotos von vorne" essentiell für Strafverfolgung
Die Hoffnungen der heimischen Autolenker auf grenzübergreifende Gerechtigkeit stützen sich vor allem auf die sogenannten "Radarfotos von vorne". Aufnahmen aus solchen Geräten, die nicht nur das Fahrzeugkennzeichen, sondern auch den Lenker zeigen, sind vor allem bei der Verfolgung ausländischer Temposünder als wichtiges Beweismittel notwendig. Rein rechtlich ist die Aufnahme solcher Bilder in Österreich schon seit März 2009 möglich. Gleichzeitig wurde bei Geschwindigkeitsübertretungen über 30 km/h eine Mindeststrafe von 70 Euro festgelegt, was die Strafverfolgung erleichtert.

Was jetzt noch fehlt, sind die Apparate. Laut Innenministerium hat sich das Prozedere zur Anschaffung der neuen Geräte verzögert, weil die Geräte den hohen Anforderungen nicht entsprechen. Erst wenn man geeignete Apparate hat, könne man diese einem Eich- und Zulassungsverfahren unterziehen und anschließend im Testbetrieb erproben, hieß es zum Jahreswechsel von Ministeriums-Sprecher Rudolf Gollia. Laut Asfinag sind einige Geräte bereits aufgestellt, es gebe aber technische Probleme. Im Frühjahr möchte man auf der Tauernautobahn (A10) in Echt-Betrieb gehen.

Berlin stockt für Auslands-Raser sogar Personal auf
Deutschland scheint es mit den Auslands-Strafen wirklich ernst zu sein: Um die Strafbescheide aus dem EU-Ausland vollstrecken zu können, werde Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger das Personal im zuständigen Bundesamt für Justiz aufstocken, berichtet die "Bild"-Zeitung. In der Behörde sollen ab Oktober insgesamt 99 neue Stellen entstehen. Die veranschlagten zusätzlichen Personalkosten belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro pro Jahr. Erwartet werden aber zusätzliche Einnahmen von mindestens neun bis zehn Millionen Euro jährlich.

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