Ab sofort in Kraft

Die meisten Lenker rasen nach Gefühl

Österreich
01.09.2009 09:20
Ab sofort ist in Österreich das Verkehrssicherheitspaket von Ministerin Bures in Kraft, das Verkehrssündern vor allem über die Geldbörse auf die Pelle rücken soll. Doch betrachtet man eine Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV), so kommen Zweifel über den Sinn von höheren Strafen auf. Viele Verkehrsteilnehmer halten Schnellfahren demnach zwar für gefährlich, Übertretungen von Tempolimits werden von der Mehrheit jedoch akzeptiert. Die meisten Lenker glauben offenbar, selbst zwischen "sinnvollen" und "sinnlosen" Beschränkungen unterscheiden zu können und ignorieren gerne jene, die sie für falsch halten. Dies ist jedoch oft eine gefährliche Fehleinschätzung...

Wie Erhebungen des KfV ergeben haben, wird vor allem dort zu schnell gefahren, wo die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit besonders notwendig ist: im Ortsgebiet.

In Zahlen: Bei einer Untersuchung im Jahr 2008 ignorierten ganze 80 Prozent der Pkw-Lenker Tempo 30, was sich in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h manifestierte. Auch bei den 50-km/h-Beschränkungen fuhr jeder zweite Pkw-Lenker schneller als erlaubt, wobei die Durchschnittsgeschwindigkeit hier nur bei 51 km/h lag.

Dafür wird dort langsamer gefahren, wo die Lenker sich selbst stärker gefährdet fühlen: Auf Freilandstraßen mit Tempolimit 100 fuhren nur 20 Prozent der Pkw-Lenker schneller als erlaubt, die durchschnittliche Geschwindigkeit lag mit 89 km/h sogar deutlich darunter. Auf Autobahnen fahren sogar nur 19 Prozent schneller als erlaubt, die Tendenz ist außerdem seit Jahren rückläufig. 2001 überschritt noch mehr als ein Viertel die erlaubten 130 km/h.

Nur 16 Prozent über Raser verärgert
Unterm Strich können sich Schnellfahrer einer gewissen sozialen Akzeptanz sicher sein: Nur 16 Prozent der Befragten ärgern sich sehr über Geschwindigkeitsüberschreitungen, während mehr als die Hälfte sich wenig oder gar nicht aufregt, wenn andere zu schnell unterwegs sind, solange sie nicht aggressiv oder rücksichtslos fahren. Motive für zu schnelles Fahren, die von den Befragten genannt wurden, sind vor allem Eile und Zeitdruck, Spaß am Schnellfahren, Unachtsamkeit und das Austesten des Fahrzeugs.

Abstimmung in der Infobox: Sind höhere Strafen sinnvoll?

Das Verkehrssicherheitspaket im Detail
Wer abseits der Autobahn mit 30 km/h zu viel erwischt wird, muss mit mindestens 70 Euro Strafe rechnen. Maximal schlägt das Vergehen mit 726 Euro zu Buche. Bisher gab es keine Untergrenze für dieses Delikt. Wer noch schneller unterwegs ist (40 km/h zu viel im Ortsgebiet oder 50 km/h zu viel außerorts), muss zumindest 150 Euro berappen und seinen Schein für zwei Wochen abgeben.

Auf Autobahnen wurden die Verkehrsstrafen zudem erstmals bundesweit vereinheitlicht: Organmandate kosten je nach Schwere der Überschreitung mindestens 20 bis 50 Euro (bei Überschreitungen bis 10 km/h bzw. bei 20 bis 30 km/h zu viel). Anonymverfügungen kosten zumindest 30 Euro (bis zu 10 km/h Überschreitung) bis 60 Euro (20 bis 30 km/h Überschreitung).

Härtere Strafen auch für Alkohol-Vergehen
Teurer sind ab sofort auch Alkohol-Vergehen, bei denen ab einem gewissen Beeinträchtigungsgrad sogenannte Coachings zur Anwendung kommen: Von 0,5 bis 0,79 Promille werden zwischen 300 und 3.700 Euro fällig (bisher 218 bis 3.633 Euro). Autofahrer, die mit 0,8 bis 1,19 Promille erwischt werden, müssen ein Coaching absolvieren. Für diesen Alkoholisierungsgrad wird außerdem die Mindeststrafe deutlich angehoben. Sie beträgt statt bisher 581 Euro künftig 800 Euro. Die Höchststrafe wird auf bis 3.700 Euro angehoben und ist damit um 67 Euro teurer.

Wer noch mehr getrunken hat und am Steuer erwischt wird, muss auch mit einem längeren Führerscheinentzug rechnen. Ab 1,6 Promille muss man seinen Schein für ein halbes Jahr abgeben, zwei Monate länger als bisher.

Änderungen für Moped- und Microcar-Lenker
Strengere Regeln gibt es außerdem für Fahrzeuge mit roten Kennzeichen wie Mopeds und Microcars: Um ein solches Fahrzeug lenken zu können, sind mindestens zwei Stunden Fahrpraxis im Verkehr und sechs am Übungsplatz sowie sechs Stunden Theorie inklusive Theorieprüfung notwendig. Bisher sah die Ausbildung für 15-jährige Mopedlenker nur Fahren am Übungsplatz, nicht aber begleitetes Fahren im Straßenverkehr vor.

Über 16-jährige Lenker konnten überhaupt ohne Fahrpraxis sofort am Straßenverkehr teilnehmen. Als "ein Teil des Verkehrssicherheitspakets" sei die Änderung essenziell für mehr Sicherheit auf den Straßen, "60 Prozent aller Mopedunfälle passieren Anfängern im ersten halben Jahr - das heißt, es fehlt ihnen an Fahrpraxis". Wer schon bisher den Mopedausweis hat, hat ab nun zwei Jahre Zeit, sich eine entsprechende Bestätigung bei der zuständigen Behörde zu holen, ohne Kurse nachholen zu müssen. Führerschein-Inhaber brauchen auch weiterhin keine Mopedausbildung.

Neu ist auch: Wer sein Kind nicht ordentlich mit Kindersitz und entsprechenden Befestigungen schützt, muss Kurse besuchen.

Wunschkennzeichen teurer
Mit der Verkehrssicherheit hat auch zu tun, dass die Wunschkennzeichen ab nun teurer isnd. Die daraus gewonnenen Mittel fließen zu einem großen Teil in den Verkehrssicherheitsfonds, der wegen des Sparpakets der Bundesregierung mit weniger Mitteln ausgestattet wurde. Aus diesem Topf werden Projekte wie beispielsweise die Schulung von Kindern finanziert. Taferl nach Maß wie "Karl 1" oder "Oma 5" kosten daher statt 145 Euro nun 200 Euro.

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