"Concordia"-Unglück
Kapitän bei erstem Funkkontakt: “Es ist nur Stromausfall”
Das Gespräch begann am Freitag um 22.12 Uhr, also rund eine halbe Stunde nachdem die "Costa Concordia" vor der Insel Giglio einen Felsen touchiert hatte. "'Costa Concordia', habt ihr ein Problem?", fragte ein Mitarbeiter der Hafenbehörde in Livorno. "Wir haben einen Stromausfall auf dem Schiff und sind gerade dabei, nach der Ursache zu suchen", antwortete Kapitän Schettino. "Braucht ihr Hilfe?" - "Nein, wir suchen weiter nach dem Problem."
"Teller um die Ohren geflogen"
Der Hafenmitarbeiter berichtete dem Kapitän, dass sich ein Verwandter eines Crew-Mitglieds des Schiffes bei den Carabinieri in Prato (Stadt in der Nähe der toskanischen Hauptstadt Florenz, Anm.) gemeldet habe. Er habe erzählt, dass es eine Erschütterung gab und den Menschen beim Abendessen "die Teller um die Ohren geflogen sind". "Wir sind gerade dabei, die Situation an Bord zu analysieren", so die schlichte Antwort von Schettino.
"Stimmt es, dass Sie die Passagiere angewiesen haben, die Schwimmwesten anzuziehen?", wollte der Hafenmitarbeiter wissen. "Das stimmt. Wir sind dabei, die Ursache für den Stromausfall zu ergründen", wiederholte der Kapitän.
Ausmaß der Katastrophe heruntergespielt?
Die untersuchende Staatsanwaltschaft erklärte am Donnerstag, sie wolle nun klären, ob die Reederei Costa Crociere durch unzulängliche Informationen des Kapitäns über die tatsächlichen Zustände an Bord irregeführt wurde. Möglich sei aber auch, dass das Unternehmen in einer ersten Phase selbst versucht habe, das Ausmaß der Katastrophe herunterzuspielen. Die Evakuierung sei daher verspätet begonnen worden, was mehrere Menschen das Leben gekostet haben könnte, vermuten die Ankläger. Daher sollen auch gegen den Krisenmanager der Reederei Ermittlungen eingeleitet werden, berichteten italienischen Medien.
Die Reederei hatte in den letzten Tagen den Kapitän für die Katastrophe verantwortlich gemacht. Der unter Hausarrest stehende Schettino wurde am Donnerstag von Costa Crociere suspendiert. Die Gesellschaft werde den 52-Jährigen zudem nicht vor Gericht verteidigen, teilte der Rechtsanwalt der Firma, Marco De Luca, mit. Offizier Ciro Ambrosio, gegen den ebenfalls ermittelt wird, wurde dagegen nicht vom Dienst suspendiert.
Bewohner von Meta stehen hinter "ihrem" Kapitän
Die Bewohner von Schettinos Heimatort Meta di Sorrento bei Neapel verteidigen indes "ihren" Kapitän. Er sei ein Held und werde von den Medien verleumdet und verfolgt, ist laut der Zeitung "Repubblica" der einhellige Tenor.
"Ich bin gegenüber von Schettinos Geburtshaus aufgewachsen. Ihr habt ihn vorverurteilt, für mich ist er eine integre Person", schimpft beispielsweise ein Lokalpolitiker in Richtung der Medienschar, die sich vor dem Haus des Kapitäns formiert hat. Der Kapitän habe über 4.000 Menschen das Leben gerettet, "und dafür wird er jetzt von der Öffentlichkeit gekreuzigt". Vor Schettinos Heim haben einige Bewohner Metas ein Aufmunterungsplakat aufgehängt, mit der Aufschrift "Comandante non mollare", "Kapitän, gib nicht auf" (siehe zweites Bild oben).
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