Cameron-Wahlsieg

Jetzt kommt Referendum über EU-Zukunft der Briten

Ausland
08.05.2015 16:39
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Großbritanniens Premier David Cameron, gestärkt durch eine absolute Mandatsmehrheit (331 von 650 Sitze) bei der Parlamentswahl, dürfte nun forsch das von ihm versprochene Referendum über den EU-Ausstieg der Briten vorantreiben. Eine Abstimmung über einen sogenannten Brexit scheint nach Camerons klarem Sieg so gut wie sicher. Ob die Briten in der Union bleiben, wird auch von Brüssels Angeboten abhängen.

Cameron versprach am Tag nach seinem klaren Wahlsieg ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union. Wie ernst ein möglicher "Brexit" in Brüssel genommen wird, zeigte die Reaktion von EU-Ratspräsident Donald Tusk am Tag nach Camerons Triumph: Tusk forderte die künftige britische Regierung umgehend auf, sich für die weitere EU-Mitgliedschaft des Landes starkzumachen.

Tusk: "Außerhalb der EU wartet keine bessere Zukunft"
"Ich bin fest davon überzeugt, dass außerhalb der EU auf kein Land eine bessere Zukunft wartet", sagte Tusk. Er deutete auch sogleich Gesprächsbereitschaft gegenüber London in Sachen EU-Reformen an: "Eine bessere EU ist nicht nur im Interesse Großbritanniens, sondern jedes Mitgliedsstaates", so der EU-Ratspräsident. "Die Stimme Großbritanniens zählt, wenn es um die Zukunft Europas geht."

"Die EU muss nun eine echte Diskussion darüber beginnen, welchen Preis der Rest der EU zu zahlen bereit ist, um Großbritannien als Mitglied zu behalten", gab indes Fabian Zuleeg vom Brüsseler Thinktank European Policy Center zu bedenken. Und obwohl er weder von Camerons Torys noch von der Labour-Partei viel Engagement in Richtung eines Verbleibs in der EU erwartet, denkt er dennoch, dass ein Referendum aus EU-Sicht "noch lange nicht verloren ist".

Wirtschaftliche Argumente sprechen für Verbleib in EU
Grund dafür seien nicht nur die aktuelle Mehrheit in der Bevölkerung für einen Verbleib in der Union, sondern vor allem auch wirtschaftliche Argumente. "Viele glauben, dass ein 'Brexit' gleichbedeutend mit dem Verlust von Investitionen wäre, was schmerzhaft für die Arbeitsmarktsituation und das Wirtschaftswachstum wäre", so Zuleeg. Daher müsse die EU "ein klares Szenario vorlegen, was 'draußen' bedeuten würde, vor allem in zentralen Bereichen, wie dem Zugang zum gemeinsamen Markt".

"Wir haben eine konservative Mehrheit und damit muss klar sein, dass es 2017 zu einem Referendum kommt", gab sich am Freitag auch der sozialdemokratische britische Europaparlamentarier Claude Moraes überzeugt, dass Cameron die angekündigte Abstimmung über einen EU-Ausstieg durchziehen wird. "Und es gibt eine 'ausbalancierte' Gefahr, dass sich Großbritannien dann für einen Austritt aus der EU entscheidet. Das wäre nicht nur für Großbritannien, sondern auch für die EU ein großes Risiko", warnte Moraes, der weitere Zugeständnisse vonseiten der EU an London für nötig erachtet.

Karas von Mehrheit für EU-Verbleib der Briten überzeugt
"Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Bürger des Vereinigten Königreichs für den Verbleib in der EU stimmen wird, wenn sie objektiv informiert werden", gab sich indes der Leiter der ÖVP-Delegation im Europaparlament, Othmar Karas, optimistisch. Er forderte Cameron - der 2009 mit der Europäischen Volkspartei brach, weil sie ihm zu europafreundlich war - zu einer "Kurskorrektur" auf: "Von seiner bisherigen Instrumentalisierung Europas für die Innenpolitik hin zu einem Überzeugen der Briten von den massiven Vorteilen der EU-Mitgliedschaft."

"Für die britische Bevölkerung muss klar sein, dass ihr Land außerhalb der EU geschwächt hervorgehen würde", gab auch Jörg Leichtfried, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, zu bedenken. Ulrike Lunacek, grüne Vizepräsidentin des EU-Parlaments, warnte vor Zugeständnissen im Bereich der Personenfreizügigkeit, wie sie London zuletzt immer wieder gefordert hatte: "Die EU darf jedenfalls nicht zulassen, dass Cameron jetzt das Referendum als Erpressungsmaschine verwendet, um immer mehr Opt-outs und Sonderregelungen zu erzwingen."

Als einziger erfreut über das bevorstehende Referendum zeigte sich der Leiter der FPÖ-Delegation, Harald Vilimsky. In der Zeit bis dahin werde die Frage nach dem Nutzen einer EU-Mitgliedschaft sicher auch in anderen Ländern neu diskutiert werden, glaubt er.

Neuer Konflikt mit Schottland droht
Im Falle einer Mehrheit für den Austritt droht in Großbritannien auch ein neuer Konflikt mit Schottland. Dort ist nämlich die siegreiche Nationalpartei felsenfest für die EU - und die schottischen Nationalisten würden sofort ein neues Unabhängigkeitsreferendum fordern.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele