Al-Assad im Visier

Auch Opposition in Syrien ruft zu “Tag des Zorns” auf

Ausland
04.02.2011 12:16
Nach Tunesien, Ägypten und anderen arabischen Ländern ruft nun auch in Syrien die Opposition zu massiven Demonstrationen gegen das Regime unter Präsident Bashar al-Assad (Bild) auf. Syrische Aktivisten teilten mit, die Oppositionsbewegung bereite einen "Tag des Zorns" vor. Im Anschluss an die islamischen Freitagsgebete seien Protestaktionen in der Hauptstadt Damaskus und anderen Städten des Landes geplant. Die Demonstrationen sollen nach Angaben der Aktivisten am Samstag fortgesetzt werden.

Die Protestbewegung in Syrien nutzt unter anderem das soziale Netzwerk Facebook, um ihre Forderungen öffentlich zu machen. Eine Gruppe mit der Bezeichnung "The Syrian Revolution" hat die Unterstützung von rund 13.000 Personen gefunden. Viele der Beiträge dort stammen von Syrern, die im Ausland leben. Am Vormittag beobachteten Augenzeugen in Damaskus, wie Sicherheitskräfte in der Nähe des Parlamentsgebäudes aufzogen.

Am Mittwochabend kam es nach Darstellung eines syrischen Aktivisten zu Zwischenfällen bei einer Mahnwache zur Unterstützung der Protestbewegung in Ägypten. Die Versammlung sei von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst worden, mehrere Teilnehmer seien vorübergehend festgenommen worden.

Allmächtige säkulare Baath-Partei
Das politische System Syriens ist von der panarabisch-säkularistischen Baath-Ideologie bestimmt. Der entscheidende Machtfaktor ist das Militär. Durch wiederholte Säuberungen wurde dafür gesorgt, dass das Offizierskorps baathistisch gesinnt ist. Im Mittelpunkt der "Baath" (Wiedergeburt)-Ideologie stehen arabischer Nationalismus und Sozialismus.

Obwohl sich die 1947 von dem syrischen Christen Michel Aflak (1909 - 1989) gegründete Partei immer wieder auf das islamische Erbe der arabischen Nation beruft, bezieht sie wesentliche Elemente ihres Programms von europäischen Vorbildern, insbesondere dem Marxismus. Ihre Forderung nach einer strikt laizistischen Gesellschaftsordnung brachte sie in eine Gegnerschaft zu religiösen muslimischen Kreisen, die ihr Atheismus vorwerfen und jegliche Trennung zwischen "Arabismus" und Islam ablehnen.

Nach Tunis und Kairo nun Damaskus
Seit 1963 ist die Baath-Partei in Syrien an der Macht. Damals erließ sie Notstandsgesetze, die bis heute in Kraft sind. Nach dem Tod von Hafez al-Assad, der den linken Baath-Flügel ausschaltete und das Land ab 1970 regierte, wurde 2000 sein Sohn Bashar Präsident. In einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem "Wall Street Journal" versicherte Bashar al-Assad, sein Land sei "stabil" und nicht anfällig für Unruhen wie in Tunesien und Ägypten. Gleichwohl betonte er die Notwendigkeit von Reformen in der Region.

In Syrien hatten bisher stets wirtschaftliche Reformen Vorrang. Nun steht das Land vor beträchtlichen Herausforderungen im sozialen Bereich. 14 Prozent der 22 Millionen Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze, ein Fünftel der aktiven Bevölkerung ist ohne Arbeit. Im Jänner kündigte die Regierung in Damaskus die Einrichtung eines nationalen Sozialfonds an. Für rund 420.000 bedürftige Familien sollen umgerechnet 183 Millionen Euro bereitgestellt werden. Gleichzeitig wurden die Heizkostenzuschüsse für zwei Millionen Beamte und Pensionisten um 72 Prozent erhöht.

Kürzlich meldeten sich prominente Syrer wie der Oppositionelle Michel Kilo oder der Filmemacher Omar Amiralay zu Wort. In einer gemeinsamen Erklärung betonten sie, auch das syrische Volk strebe nach "Gerechtigkeit und Freiheit". In Tunesien hätten sich wie in anderen arabischen Staaten "Macht und Wohlstand in den gleichen Händen konzentriert". Unter den 39 Unterzeichnern finden sich Regierungsgegner, die lange Jahre im Gefängnis verbracht haben, wie der Wirtschaftsforscher Aref Dalila, der Dichter Faraj Beirakdar sowie die Schriftsteller Yassin Hajj Saleh und Fayez Sara.

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