Panjwai-Massaker

16-facher Mord: US-Feldwebel erstmals vor Gericht

Ausland
06.11.2012 08:29
Das Panjwai-Massaker ist eines der schlimmsten Kriegsverbrechen im Afghanistan-Konflikt: Der 39-jährige US-Soldat Robert Bales soll am 11. März 16 afghanische Zivilisten, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, erschossen haben. Am Montag hat nun auf einer Militärbasis im US-Bundesstaat Washington eine zweiwöchige Anhörung begonnen, die den Weg zu einem Prozess gegen den Feldwebel ebnen könnte. Bales droht die Todesstrafe.

Die Anhörung nahe Seattle begann mit der Verlesung der Anklageschrift. Dem 39-jährigen Bales werden 16-facher Mord, versuchter Mord in sechs Fällen, Körperverletzung sowie Drogen- und Alkoholmissbrauch im Dienst zur Last gelegt. Der Feldwebel soll am 11. März sein Lager in der südlichen Provinz Kandahar verlassen und in zwei Dörfern im Distrikt Panjwai insgesamt 16 Afghanen erschossen haben. Die US-Militärjustiz klagte Bales noch im März an.

Verteidigung: Er leidet an posttraumatischen Stresssyndrom
Die Staatsanwaltschaft erklärte am Montag, dass der Angeklagte "bei klarem Verstand" gewesen sei und die Tötungen gestanden habe. Bales habe in der Tatnacht Whisky getrunken und mit Kameraden einen gewalttätigen Film geschaut, ehe er zwei Mal von dem US-Außenposten zu Massakern in umliegende Dörfer aufgebrochen sei.

Der Staatsanwaltschaft zufolge verließ Bales gegen Mitternacht das Lager und drang in zwei Häuser in einem südlich gelegenen Dorf ein. Im ersten Gebäude habe er einen Mann erschossen, während die anderen Bewohner über die Straße zu den Nachbarn geflüchtet seien. Bales habe sie verfolgt und drei weitere Menschen getötet. Sechs Zivilisten seien mit Schüssen ins Gesicht, in den Hals und in die Beine verletzt worden.

Anschließend soll Bales in das Lager zurückgekehrt sein und mit einem anderen Soldaten über die Tat gesprochen haben. "Es ist schlimm, wirklich schlimm", soll der Angeklagte dem Kameraden gesagt haben, der ihm aber nicht geglaubt habe. Dann brach Bales der Staatsanwaltschaft zufolge zu einem Massaker in einem anderen Dorf auf, bei dem er zwölf Menschen getötet haben soll. Unter den insgesamt 22 Toten und Verletzten seien 17 Frauen und Kinder gewesen.

"Mein Mann hat das nicht getan"
Die Verteidigung argumentiert dagegen, dass sich der zweifache Familienvater an nichts erinnern könne. Der 39-jährige Soldat sei bei einem früheren Einsatz im Irak am Kopf verletzt worden und leide unter einem posttraumatischen Stresssyndrom.

Bales' Frau Kari bekräftigte in einem Interview mit dem TV-Sender ABC, dass ihr Mann unschuldig sei. "Mein Mann hat das nicht getan", sagte sie in der am Sonntag ausgestrahlten Sendung. Die Staatsanwaltschaft erklärte bei der Anhörung am Montag dagegen, dass der Angeklagte offenbar familiäre Probleme gehabt habe. Vor der Tat soll sich Bales bei einem Kameraden über sein Familienleben und seine "hässliche" Frau beklagt haben. Außerdem habe er sich frustriert über eine Bombenattacke in der Woche zuvor geäußert, bei der ein befreundeter Kamerad ein Bein verloren hatte.

Per Videokonferenz sollen Zeugen und Angehörige aussagen
In den kommenden Tagen sollen per Videokonferenz aus Afghanistan zugeschaltete Zeugen und Angehörige der Opfer aussagen. Bei der Anhörung soll dann darüber entschieden werden, ob Bales vor einem Kriegsgericht der Prozess gemacht wird. Bei einer Verurteilung dort würde ihm die Todesstrafe drohen.

Trotz oder vielleicht wegen der Brisanz des Falls wurde in US-Medien am Tag vor der US-Präsidentenwahl kaum über den Gerichtstermin berichtet.

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