3er-Talk mit krone.at

‘Ü-Ü-Ümit’, ‘Rambo’ und ‘Knasi’: Drei ‘Ösis’ bei Ingolstadt

Sport
03.08.2012 09:23
Ingolstadt, sechstgrößte Stadt Bayerns und bisher nur als Heimat der Flitzer von Audi bekannt. Jetzt nicht mehr, denn mit drei Österreichern – Ümit Korkmaz, Ramazan Özcan und Christoph Knasmüllner – startet der FC Ingolstadt in die neue Saison in der 2. deutschen Liga. Zuvor besuchte krone.at "Ü-Ü-Ümit", "Rambo" und "Knasi" und sprach etwa über die rot-weiß-rote Herrschaft über Ingolstadt, die Nicht-Heimkehr nach Österreich trotz schlechter Legionärszeiten, die Gründe für die verletzungsfreie Vorbereitung und die Ähnlichkeit Ingolstadts mit Wien.

krone.at: Ümit, in Österreich waren nicht wenige verwundert, als du nicht den Weg "heim" nach Hütteldorf genommen, sondern dich für den in Österreich nicht gerade mit einem sonderlich glanzvollen Namen beleumundeten FC Ingolstadt entschieden hast. Welche Umstände haben für dich den Ausschlag gegeben?
Ümit Korkmaz: Ich wollte Deutschland nicht einfach so aufgeben. Und was mich hier in Ingolstadt erwartet, ist ja auch nicht ohne. Man weiß ja, wie stark und imponierend die zweite Liga ist, das heißt von den Stadien und den Fans her. Das kann man einfach nicht so loslassen und zurück nach Hause gehen. Keine Frage, ich liebe Rapid, und wenn der Zeitpunkt kommt, warum nicht heimkehren? Aber in erster Linie war für mich entscheidend, in Deutschland zu bleiben. Und ich brauch' keinem erzählen, was Deutschland und die Ligen hier in der Welt bedeuten.
krone.at: Hat es eine Rolle gespielt, dass mit Ramazan Özcan und Christoph Knasmüllner schon zwei andere Österreicher hier engagiert waren bzw. sind?
Korkmaz: Ich wusste schon, dass die beiden da sind. Aber ich halte von beiden ja eigentlich nichts. (lacht)
krone.at: Also ist der Wechsel hierher eher als Hilfsaktion für die von Österreichern gebeutelten Ingolstädter zu sehen?
Korkmaz: Nein, nein. Wie gesagt, ich wusste schon, dass die beiden hier sind. Ich hab' ja auch bei der Eintracht gegen sie gespielt. Aber im Ernst: Nach Gesprächen mit Trainer Thomas Oral und Sportdirektor Thomas Linke hat sich das Gesamtpaket als das herausgestellt, was ich wollte. Es hat einfach auch gepasst.

krone.at: Jetzt seid ihr also gleich drei Österreicher in einem deutschen Zweitligateam. Spielt das für euch eine Rolle, bildet ihr so eine Art Gruppe oder seid ihr nur "normale" Teamkollegen?
Christoph Knasmüllner: Na ja, ab und zu gehen wir schon in die Stadt, trinken gemeinsam Kaffee oder so. Aber das gehört dazu, denk' ich mal.
Korkmaz: Aber das ist ja keine Gruppenbildung. Wenn so was in einer Mannschaft zustande kommt, dann geht ja alles kaputt. Abgesehen davon sind wir ja nicht die einzigen Österreicher hier, denn wie ich mitbekommen habe, haben wir auch einen Pressesprecher und einen Stadionmitarbeiter aus Österreich. 
Ramazan Özcan: Hey, die neue Teamkoordinatorin hast du vergessen.
Korkmaz: Eben, und wenn wir das alles als Gruppenbildung betrachten, dann hätten wir bald den Verein übernommen. Nein, das ist tödlich für jede Mannschaft.
krone.at: Gibt's da keinen Mittelweg? Hat man da echt keine besondere Beziehung, wenn man ein Trupp Österreicher in Bayern ist? Vor allem auch, wenn man bedenkt, dass mit Ümit und Christoph zwei Wiener im Kader stehen und gemeinsam in Erinnerungen schwelgen können?
Korkmaz: Noch mal, man kann nicht von Gruppenbildung sprechen, nur weil ich vielleicht mal mit dem "Rambo" oder dem "Knasi" Kaffee trinken oder sonst wo fortgehe.

krone.at: "Rambo", du scheinst übrigens nicht ganz unbeteiligt daran, dass Ümit jetzt in der zweiten Deutschen Liga für Ingolstadt spielen kann – nachdem der Klub in den ersten neun Runden der Vorsaison schon fünfmal verloren hatte, sind in 22 Spielen mit dir im Tor bis zum Saisonende nur mehr sechs weitere dazugekommen. Nur Zufall wird da ja nicht dahinter stecken, oder?
Özcan: Nein, es war sicher kein Zufall. Aber man darf natürlich auch nicht die Arbeit der anderen Leute im Klub vergessen. Klar war das keine schlechte Rückrunde von mir. Ich bin jetzt allerdings keiner, der seine eigenen Leistungen groß in der Öffentlichkeit bewertet, dafür gibt's ja Experten. Man muss ein Kompliment an die ganze Mannschaft machen, an das ganze Umfeld. Wir haben immer die Ruhe bewahrt, immer an uns gearbeitet und an uns geglaubt. Eigentlich haben wir das Unmögliche möglich gemacht, und deshalb gehen wir jetzt auch gestärkt in die neue Saison.

krone.at: Der FCI ist lange im Abstiegskampf gesteckt, zeitweise konntest du als Bankdrücker gar nicht viel dagegen ausrichten. Dann kam der neue Trainer – und mit ihm dein Stammplatz sowie ab dem Frühjahr auch der Erfolg. Was hat sich mit Thomas Oral geändert?
Özcan: Klar war ich Bankdrücker, aber jeder, der mich kennt, weiß: Egal, ob ich auf der Bank sitze oder spiele, ich bin und bleibe ein Kämpfer und gebe nie auf. Und zum zweiten Teil der Frage, das möchte ich eigentlich gar nicht beantworten. Jeder Trainer macht das eine oder andere anders.
krone.at: Etwas anderes zu machen, heißt ja nicht unbedingt, dass das Althergebrachte schlecht war.
Özcan: Natürlich. Auf jeden Fall hat Trainer Oral wieder einen Hauch von Siegermentalität in die Mannschaft hineingebracht und uns Stabilität gegeben. Das war das Wichtigste für uns zu dem Zeitpunkt. Wie gesagt, ich bin jetzt keiner, der dem Ex-Trainer in irgendeiner Form nachtritt. Der Respekt vor ihm ist nach wie vor da.

krone.at: Eine generelle Frage: Welche Teams werden im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga mitmischen? Führt da ein Weg an den "Großen Drei" Hertha BSC, Kaiserslautern und Köln vorbei?
Korkmaz: Sicher, alle drei Mannschaften haben gut aufgerüstet. Auf jeden Fall werden die versuchen, oben mitzuspielen. (überlegt) Aber ich kann wirklich nicht sagen, wer aufsteigt und wer nicht aufsteigt.
Knasmüllner: Ich seh' das genauso. Diese Teams wollen mit aller Vehemenz wieder aufsteigen. Aber das wollen, denk' ich, mehrere Mannschaften.
Özcan: Ich sag' mal, man darf nie die Form vergessen. Wenn man etwa Paderborn anschaut, die waren in der Vorsaison ein Abstiegskandidat und dann haben sie heuer bis zum letzten Spieltag oben mitgespielt. Für mich bleiben Kaiserslautern und Hertha die Favoriten, die haben schon fast Erstligakader zusammengestellt.

krone.at: Was habt ihr euch eigentlich selbst für Ziele gesetzt beim FCI?
Özcan: Gut, wir haben im Frühjahr das Ticket für die zweite Liga gerettet, und wer diese Liga kennt, weiß, wie verrückt sie sein kann. Für uns zählt, dass wir Kontinuität reinbringen, von Woche zu Woche jedes Spiel so angehen, um als Sieger vom Platz gehen zu können. So eine Saison wie letztes Jahr sollten wir vermeiden. Platzierung haben wir uns aber keine als Ziel vorgegeben. Wir wollen kontinuierlich und stabil unsere Leistungen bringen, der Rest kommt dann sowieso von selbst.
Korkmaz: Ganz genau! Es geht von Spiel zu Spiel und nach den 34 Spieltagen werden wir sehen, wo wir stehen. Und wenn wir von Spiel zu Spiel unser Bestes geben und unser Talent, unser ganzes Können abrufen, dann werden wir auch bestehen.

krone.at: Um sein Bestes zu geben, muss man bekanntlich fit sein. Damit kommen wir zu dir, Ümit. Dir haben im Verlauf deiner Deutschland-Karriere immer wieder Verletzungen zur Unzeit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Insofern: Wie bist du nur unverletzt durch die bisherige Vorbereitung gekommen?
Korkmaz: (lacht) Ich hab' mir vorgenommen, dass ich in Ingolstadt beim ersten Training gar nichts mache. So hab ich's überwunden.(lacht) Nein, im Ernst: Ich hatte Glück und es spricht daher im Moment alles dafür, dass ich heuer Ruhe habe. (klopft dreimal auf den Tisch) Gott sei Dank. Sieben Wochen Trainingslager ohne Verletzungen, nichts! Das ist ideal.

krone.at: Nun zu dir, Christoph: München, Mailand und jetzt Ingolstadt –stellen. Wie beurteilst du selbst den Verlauf deiner Karriere in den vergangenen beiden Jahren?
Knasmüllner: Im Nachhinein weiß man immer alles besser. Sicher, vielleicht wäre es gescheiter gewesen, bei den Bayern zu bleiben und abzuwarten. Aber ich war ziemlich ehrgeizig und wollte unbedingt spielen. Und deswegen hat es mich weggetrieben. Dann hab' ich vom Interesse Inter Mailands gehört und mir gedacht: "Superstadt, ein großer Name, in Italien spielen. Da kann ich mich sicher weiterentwickeln." Klar, Erfahrung hab' ich gemacht, mit Stars wie Snejder, Stankovic, Eto'o usw. zu trainieren. Aber es gab zu viele Versprechungen, die nachher nicht gehalten wurden. Na ja, dann hab' ich mir gedacht, zweite Liga in Deutschland, da kann ich mich endlich beweisen. Ich wurde von einem Trainer geholt, der dann aber bald entlassen wurde. Das war Pech. Aber ich muss schon betonen: Der aktuelle Trainer hat eine Supererfahrung und macht super Trainingseinheiten. Ich will mich hier durchbeißen und zeigen, was ich kann. Denn ich weiß, was ich kann.

krone.at: Bei Testspielen war "Rambo" genauso wie Ümit zumeist in der ersten Garnitur gesetzt. Du warst meist Einwechselspieler bzw. in der zweiten Garnitur. Im letzten Vorbereitungsspiel vor Saisonbeginn warst du dann einer von drei Einwechselspielern. Wie weit bist du von der Startelf entfernt?
Knasmüllner: Also ich hab' da absolutes Vertrauen zum Trainer, und wenn er mich als dritten Mann einwechselt, dann ist das schon was. Es waren ja genug Spieler draußen beim Aufwärmen, er hat aber mich ausgesucht. Sicher, ich denke zwar, dass ich immer gut trainiere, aber ich weiß auch, dass ich da dranbleiben muss. Ich sag' mal so: Qualität setzt sich immer durch. Wenn ich einmal drinnen bin, kann mich nur schwer wieder einer rauskicken.

krone.at: Ein Tor gleich im zweiten Spiel, dann zwei weitere Einsätze von der Bank und anschließend eine lange Pause das ganze Frühjahr hindurch bis du zum Saisonabschluss in Braunschweig. Woran liegt's, dass du nicht öfter zum Zug kommst?
Knasmüllner: Das ist Trainersache. Klar, wir standen am letzten Platz, das war eine schwierige Situation für den Klub, da gab es viel Druck. Trainer Oral wollte Kontinuität reinbringen und hat auf Führungsspieler gesetzt.
Özcan: Da möchte ich bitteschön auch etwas dazu sagen. Da kann der "Knasi" nicht so viel dafür. Weil: Eine Mannschaft, die funktioniert, verändert man nicht. Und wir haben 14 Spiele in Serie nicht verloren und ...
Korkmaz: Die Eintracht hat übrigens keinen Druck gehabt und ich hab' trotzdem nicht gespielt. (lacht)
Özcan: Wer den "Knasi" kennt, weiß, dass er immer professionell arbeitet. Unser Glück war sein Problem, wenn eine Mannschaft einen Lauf hat, dann müssen die anderen Kaderspieler zurückstecken. (klatscht mit Knasmüllner ab)

krone.at: "Von der Qualität her ist er um nichts schlechter als David Alaba. Aber er hat nicht diese Beißer-Qualitäten" oder "Weglaufen vor Problemen" – nur zwei von mehreren Aussagen von Bayern-Nachwuchschef Werner Kern über dich: Wie kommt's zu diesem Image als "Schönspieler"?
Knasmüllner: 
Ich denke, so bin ich einfach. Das mach' ich ja nicht absichtlich, das ist meine Spielweise. Die werd' ich jetzt auf keinen Fall ändern, nur weil jemand sagt, ich wäre ein Schönspieler.

krone.at: Apropos Image: "Rambo", bei deinem bisher einzigen Länderspieleinsatz hast du bei einem Gegentor gegen Italien nicht glücklich ausgesehen. Im Prinzip hat damals eine Abwärtsspirale bei dir eingesetzt, die du erst in der vorigen Saison wieder umgekehrt hast. War das Zufall oder hinterließ dieses Italien-Spiel damals bei dir tatsächlich mehr Spuren, als du nach außen gezeigt hast?
Özcan: Hast du das Länderspiel gesehen?
krone.at: Ja?!
Özcan: Dann weißt du, dass ich beim zweiten Gegentor zwar unglücklich ausgeschaut habe, aber es redet keiner von dem restlichen Spiel, in dem wir uns tapfer geschlagen haben. Gegen den damals amtierenden Weltmeister wohlgemerkt. Wenn Österreich gegen den Weltmeister unentschieden spielt, dann dürfen wir nicht arrogant sein und sagen: "Das war ein schlechter Auftritt." Dass es danach bei mir nicht so geschmiert lief, das ist halt so im Leben. Es scheint nicht jeden Tag die Sonne, aber ich habe meine Lehren daraus gezogen. Ich weiß, dass meine Zeit wieder kommen wird.

krone.at: Wie seht ihr eigentlich eure Chancen auf eine weitere Karriere im Nationalteam von Marcel Koller? Hat es da schon Kontakt mit dem Betreuerteam gegeben?
Özcan: Nein, es hat noch keinen Kontakt gegeben. Aber es ist natürlich absolut mein Ziel, wieder für die österreichische Nationalmannschaft zu spielen. Ich will der beste Keeper der Nation sein. Aber mein tägliches Brot, meine Hausaufgaben, die sind natürlich zuerst wichtiger. Ich muss erst hier bei Ingolstadt meine Leistung zeigen, dann kann ich auch ins Nationalteam zurückkehren.
krone.at: Christoph, du bist zwar naturgemäß etwas weiter vom Team entfernt, aber ein Ziel ist es doch wohl auch für dich, oder?
Knasmüllner: Ja, auf jeden Fall. Ob es jetzt in einem Jahr so weit ist oder in drei, vier Jahren, das wird man sehen. Aber wie der "Rambo" schon gesagt hat, zuerst muss man sich beim Klub durchsetzen, dann kann man weitersehen. Ob ich dann einberufen werde oder nicht, das ist dann die Sache des Teamchefs.

krone.at: Mal grundsätzlicher: Wie lebt es sich hier? Immerhin ist Ingolstadt nicht München und auch nicht Mailand.
Knasmüllner: Ich kann nicht klagen, es ist eine kleinere, gemütliche Stadt. Man muss halt aufpassen, wenn man abends rausgeht. Dann wird es gefährlich...
krone.at: Gefährlich im Sinne von?
Knasmüllner: Na ja, wenn dich am Abend einer in einem Lokal sieht, kommt das gleich raus. Aber sonst... (überlegt)
Korkmaz: Diese Klatsch-und-Tratsch-Szene, die gibt’s überall. Wenn du um Mitternacht unterwegs bist, heißt’s gleich, du warst um 3 Uhr unterwegs, und wenn du Cola trinkst, heißt es, du hast Whisky in der Hand. Aber bitte... Sobald man für sich selbst den inneren Frieden gefunden hat, ist alles andere sowieso egal. 
krone.at: Und abgesehen davon?
Korkmaz: Na ja, ich bin jetzt gerade einmal drei, vier Wochen hier und kann da noch nicht viel dazu sagen. Was ich sagen kann, ist, dass Ingolstadt eine schöne, alte Stadt ist. Es erinnert mich an Wien, vor allem wegen vieler kleiner Gassen, wie es sie auch in Wien im 1. Bezirk gibt.
krone.at: Ramazan, du bist schon am längsten von euch dreien hier und im Gegensatz zu den Wienern Ümit und Christoph als Hohenemser ohnehin Kleineres gewöhnt. Wie gefällt es dir hier?
Özcan: Ingolstadt ist sehr schön, es ist klein und fein, es ist überschaubar. Klar, wir werden überall erkannt, aber ich muss auch hinzufügen, dass ich selbst nicht in Ingolstadt wohne. Ich wohne 15, 20 Kilometer außerhalb, ich hab' da komplett meine Ruhe. Ich bin auch einer, der die Ruhe braucht, weil Action hab' ich genug auf dem Platz.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

KMM
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt