Drei Jahre Haft

Prozess: Mediziner bestahl Patienten wegen Spielsucht

Österreich
28.07.2010 19:59
Tagsüber sprach er Mut zu, horchte das Herz ab, maß den Puls. Nachts raste seiner. Denn der Herr Doktor war ein gemeiner Einbrecher – in den Wohnungen seiner Patienten, die bei ihm im Wiener Wilhelminenspital aufgenommen worden waren. Vor Gericht kam es zur Konfrontation mit einem 96-jährigen Opfer!

Die Dame kommt im Rollator in den Gerichtssaal. Sehen will sie ihn einfach, den Herrn Doktor. Als Angeklagten. Ein verzweifelter Aufschrei: „Die Polizei hat mir den Schmonzesschmuck zurückgebracht, der nichts wert war. Aber die Brillantringe, mein Gold, mein Sterbegeld, mein Altersgeld, alles ist weg. Jetzt muss ich von der Gemeinde leben!“ Ihre Stimme bricht.

Der „Gott in Weiß“ (38) senkt den Kopf. Er, das Vorzeigebeispiel von Migration. Schule in Österreich, Medizinstudium, Arzt im Wilhelminenspital, verheiratet mit einer Österreicherin, zwei Kinder, gesichertes gutes Einkommen. Dem auch Richter Christian Böhm attestiert, „ein sehr unüblicher Angeklagter hier zu sein“. Und dann das.

Sein Problem ist die Spielsucht
Spielsucht ist sein Problem. Schlechte Karten beim Pokern in Card-Casinos. Die Einsätze stiegen mit dem Grad der Verzweiflung. Sagt sein Verteidiger Nikolaus Rast. Und schildert seine eigene „Unausstehlichkeit“, als er mit dem Rauchen aufhörte, von 80 auf null: „Das war nix gegen Spielsucht.“ Als Arzt müsse er Symptome und Ausstieg kennen, so der Richter. Antwort: „Herr Rat, man kann sehr gut andere beraten, aber selber schaltet man weg.“

So sehr weg, dass er insgesamt 27-mal eingebrochen hat. In unbewohnte Wohnungen. Weil deren Besitzer bei ihm auf der Station lagen. Er erbeutete Schmuck, Gold, Geld, Bankomatkarten. Schaden insgesamt: rund 500.000 Euro! Er versetzte die Beute zum Schleuderpreis. Ein Goldbarren etwa um 6.000, Wert rund 30.000 Euro! Erwischt wurde er in flagranti in der 28. Wohnung. Vom Sohn einer Frau, die gerade gestorben war.

Das Urteil – drei Jahre Haft unbedingt – nahm der Mediziner sofort an. Anwalt Nikolaus Rast: „Spielsucht als Versuch einer Erklärung, nicht einer Entschuldigung.“

von Gabriela Gödel, Kronen Zeitung

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