"Sorgerecht neu"

Ministerinnen feilschen um mehr Rechte für Väter

Österreich
24.02.2011 17:56
Zwei Ministerinnen feilschen um die Väterrechte: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat am Donnerstag ihren Entwurf für Änderungen im Familienrecht vorgelegt. Darin ist festgehalten, dass die gemeinsame Obsorge für ein Kind nach einer Scheidung nun grundsätzlich aufrecht bleiben soll. Außerdem sollen Väter unehelicher Kinder ein Antragsrecht auf Obsorge bekommen. SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hadert aber just mit den automatischen Rechten der Väter. Die Oppositionsparteien sind geteilter Meinung.

Derzeit ist eine gemeinsame Obsorge nach der Scheidung nur bei absoluter Einigkeit möglich, die Regelung kann auf Wunsch eines Elternteils ohne Begründung aufgehoben werden. Im Entwurf für die Novelle, der jetzt vorliegt, heißt es nunmehr: Wird die Ehe geschieden, "so bleibt die Obsorge beider Eltern aufrecht".

Geschlossen werden muss dafür bloß eine Vereinbarung, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, möglich ist aber in Ausnahmefällen auch eine Vereinbarung, dass das Kind in den Haushalten beider Elternteile betreut wird. Die Eltern können aber auch vor Gericht eine Vereinbarung schließen, dass ein Elternteil allein mit der Obsorge betraut wird.

Bei fehlender Einigung hat das Gericht die gemeinsame Obsorge zu verfügen, sofern nicht wichtige Gründe aus Sicht des Kindeswohls - etwa Gewalt oder Missbrauch - dagegen sprechen. Neu ist für Scheidungsfälle auch, dass jener Elternteil, der nicht mit der Obsorge betraut ist, die Aufgabe bzw. auch das Recht hat, mit dem Kind eine persönliche Beziehung zu pflegen und von Schulen, Kindergärten oder Sozial- und Gesundheitseinrichtungen Auskunft zu erhalten - außer das Kindeswohl wäre gefährdet.

Antragsrecht für Väter unehelicher Kinder
Ein weiterer Bereich sind die unehelichen Kinder - hier ist Österreich aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verpflichtet, die Rechtslage zu ändern. Derzeit steht in diesen Fällen die Obsorge zunächst der Mutter alleine zu, auch wenn die Eltern im gemeinsamen Haushalt leben. Eine gemeinsame Obsorge muss extra beantragt werden, dafür braucht es aber die Zustimmung beider Elternteile.

Väter sollen nun ein Antragsrecht bekommen: Das Gericht hat dann nach Maßgabe des Kindeswohls zu entscheiden, ob die Mutter oder der Vater allein oder beide Elternteile mit der Obsorge betraut werden. Beantragt ein Elternteil die Aufhebung der gemeinsamen Obsorge, ist wiederum vorgesehen, dass das Gericht die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Obsorge auszusprechen hat - nur wenn wichtige Gründe dagegen stehen, soll das Gericht einem Elternteil die alleinige Obsorge übertragen.

Der Begriff des Kindeswohls wird übrigens ausgeweitet bzw. präzisiert: Berücksichtigt werden muss etwa "das Bedürfnis des Kindes nach engen und guten Kontakten zu beiden Elternteilen" oder das "wirtschaftliche Wohlergehen".

Mindestbesuchsrecht wird festgeschrieben
Festgeschrieben wird weiters ein Mindestbesuchsrecht: Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, sind für schulpflichtige Kinder mindestens zwei Tage innerhalb von zwei Wochen sowie in den Ferien eine Woche im Winter und zwei Wochen im Sommer vorgesehen. Eltern sollen künftig nur geschieden werden dürfen, wenn sie auch eine Vereinbarung über das Besuchsrecht geschlossen haben. In strittigen Fällen soll das Gericht ein vorläufiges, provisorisches Besuchsrecht festlegen müssen.

Geplant ist auch, dass das Gericht für die Eltern eine Beratung oder Mediation anordnen kann, ebenso wie ein Verbot der Ausreise mit dem Kind oder die Abnahme des Reisepasses des Kindes. Präzisiert wird auch das Recht von Großeltern, Stiefeltern oder andere nahestehende Personen auf "persönlichen Verkehr" mit dem Kind.

Implementiert werden soll zudem eine Familiengerichtshilfe mit Sozialarbeitern, Psychologen oder Pädagogen, die als Schlichtungsstelle, bevor es zu Gericht geht, dienen soll. An welchen Gerichten es diese Familiengerichtshilfe geben soll, steht laut Justizministerium derzeit aber noch nicht fest. In Kraft treten sollen die Bestimmungen mit 1. Jänner 2012 - zuvor gilt es allerdings noch, sich mit der SPÖ zu einigen.

Heinisch-Hosek stößt sich an "Automatik"
Und dabei trifft Bandion-Ortner auf SPÖ-Frauenministerin Heinisch-Hosek, die sich am Donnerstag nicht ganzheitlich positiv über den Entwurf äußerte. Just die "Automatik" der gemeinsamen Obsorge nach strittigen Scheidungen lehnt Heinisch-Hosek vehement ab. "Das ist für mich nicht nachvollziehbar", erklärte sie.

"Der absolute Knackpunkt ist für mich, dass in strittigen Scheidungsfällen - also zehn Prozent, die zum Rosenkrieg werden könnten - eine Automatik gelten soll. Das kann nicht das beste für das Kind sein", so Heinisch-Hosek. Für die Ressortchefin ist die Annahme, dass sich zerstrittene Eltern nun aufgrund einer Automatik vertragen, nicht nachvollziehbar. "Bei den einvernehmlichen Scheidungen ist alles wie gehabt. Es geht um die zehn Prozent, die schon vorher nicht mehr miteinander können. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass das für das Kindeswohl gut ist."

Abgesehen von der Automatik enthält Bandion-Ortners Vorschlag aber doch auch Punkte, die sie "weitgehend" unterstützt. Die geplante schnellere Regelung des Besuchsrechts, das Antragsrecht für Väter unehelicher Kinder auf eine gemeinsame Obsorge sowie eine dem Gericht vorgelagerte Schlichtungsstelle oder Familiengerichtshilfe begrüßt Heinisch-Hosek. Das Antragsrecht müsse man sich zwar noch genau ansehen, aber sie geht davon aus, dass man sich hier einig wird. Ein Gespräch der beiden Ministerinnen ist für kommende Woche angesetzt. "Ich hoffe, dass Bandion-Ortner den Entwurf nicht ohne mich als Spiegelressort zur Begutachtung ausschickt", so Heinisch-Hosek. Sie geht davon aus, dass die Neuregelung dann Anfang 2012 umgesetzt wird.

Opposition ist geteilter Meinung
Die Oppositionsparteien sind in der Frage der geplanten Neuregelungen im Familienrecht nach wie vor geteilter Meinung. "Mit der vorgestellten Novelle zur gemeinsamen Obsorge ist Justizministerin Bandion-Ortner auf dem richtigen Weg", meinte BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner am Donnerstag. Die gemeinsame Obsorge im Trennungsfall solle "Regelfall und nicht Ausnahme" sein. Fraglich sei allerdings, ob die Justizministerin die Novelle auch dem Koalitionspartner schmackhaft machen könne.

Aus der FPÖ gab es am Donnerstag keine Äußerung zum Bandion-Ortner-Entwurf. Traditionell haben sich die Freiheitlichen davor aber stets für eine Stärkung der Väterrechte ausgesprochen.

Der Entwurf von Bandion-Ortner in der vorliegenden Form werde "scheitern", glaubt hingegen der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Die Justizministerin lasse mit ihrer Vorgangsweise und den Vorschlägen zur gemeinsamen Obsorge "jede Sensibilität für das Thema vermissen". Man könne sich nicht der "Illusion" hingeben, "Gemeinsamkeit gesetzlich verordnen zu können".

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