Proteste geplant

Gesundheitsreform: Rasinger-Attacke gegen Stöger

Österreich
20.11.2012 13:29
ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger macht Gesundheitsminister Alois Stöger für den Konflikt mit der Ärztekammer über die geplante Gesundheitsreform verantwortlich. Er wirft Stöger vor, das Versprechen des Dialogs mit der Ärztekammer zu brechen, weil er die Ärzte nicht einbinde und in den künftigen Entscheidungsgremien nicht berücksichtige. Deshalb ist für Rasinger klar: "Stöger hat die Verantwortung zu tragen", wenn die Ärzte am Mittwoch Protestmaßnahmen beschließen. Alle Reform-Verhandler fordern die Ärzte indessen zur Mäßigung auf.

Der Minister gehe von einer Politik des Miteinanders weg und hin zu einer Befehlsstruktur. Das werde zum Widerstand der Ärzte führen, zeigte sich Rasinger, der selbst praktischer Arzt ist, überzeugt. Die Ärzte fühlten sich "vor den Kopf gestoßen". Stöger sei vom Beschluss der Regierungsklausur von Sillian abgerückt, in dem versprochen worden sei, das Gesundheitssystem mit den Ärzten und anderen Gesundheitsanbietern gemeinsam weiterzuentwickeln. Damit steuere der Gesundheitsminister in einen "unnötigen Konflikt" mit den Ärzten.

Ärzte nicht mehr in Entscheidungsgremien vertreten
Konkret kritisiert Rasinger, dass die Kammer in der geplanten neuen Zielsteuerungskommission auf Bundesebene, in der die gemeinsame Steuerung des niedergelassenen und des Spitalsbereichs erfolgen soll, nicht mehr vertreten sein soll - auch Apotheker, private Spitäler und die AUVA werden dort nicht mehr involviert werden. Stattdessen sollen dort, so Rasinger, neun Länder, neun Kassen und sechs Vertreter des Bundes sitzen. Dass die Ärzte aus dem Gremium hinausgedrängt werden, hat für Rasinger mit Partnerschaft nichts mehr zu tun und führt "zu unnötigem Widerstand".

Den vereinbarten Kostendämpfungspfad hält Rasinger für in Ordnung. Allerdings fehlen ihm neben den Finanzzielen auch gesundheitspolitische Ziele. So müsste eine Verlagerung von stationären Behandlungen hin zum niedergelassenen Bereich festgeschrieben werden, ebenso konkrete Ziele bezüglich bestimmter Krankheiten wie etwa Diabetes oder Schlaganfall.

Dass auch die ÖVP in der politischen Steuerungsgruppe für die Gesundheitsreform vertreten ist, lässt Rasinger nicht gelten. Stöger habe explizit die Teilnahme von Gesundheitspolitikern ausgeschlossen. Die in der Gruppe sitzende ÖVP-Finanzminsterin Maria Fekter sei keine Gesundheitspolitikerin, ihr gehe es nur um die Einhaltung der finanziellen Ziele.

"Protestkonvent" von rund 500 Ärzten am Mittwoch
Die Ärzte bereiten sich schon auf Protestmaßnahmen gegen die geplante Gesundheitsreform vor. Am Mittwoch kommen rund 500 Ärzte in Wien zu einem "Protestkonvent" zusammen. Gleichzeitig wird die Ärztekammer in einer Vollversammlung voraussichtlich Protestmaßnahmen beschließen. Dabei stehen für Jänner Ordinationsschließungen sowie für Jänner und Februar Groß-Kundgebungen und -Demonstrationen im Raum. Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger hat bereits im Vorfeld einen solchen Beschluss als "durchaus denkbar" bezeichnet.

Fix ist schon jetzt, dass die Ärzte am 5. Dezember Informationen an die Patienten verteilen werden. Die Ärztekammer will damit der Politik "am Krampustag die Rute ins Fenster stellen".

Alle Reform-Verhandler fordern Ärzte zur Mäßigung auf
Die Politik hat allerdings schon jetzt genug von der Mobilisierung der Ärztekammer gegen die geplante Gesundheitsreform. In einem gemeinsamen offenen Brief fordern die Verhandler von Bund, Ländern und Sozialversicherung die Ärztekammer auf, ihr Vertrauensverhältnis zu den Patienten nicht zu missbrauchen.

"Wer jetzt nicht im Interesse der Patientinnen und Patienten reformiert und modernisiert, handelt nicht verantwortungsvoll. Es ist Aufgabe der Politik, langfristige Weichenstellungen zu treffen und auch zu verantworten. Daher ersuchen wir die Österreichische Ärztekammer, die Patientinnen und Patienten nicht zu verunsichern und den österreichischen Weg der konstruktiven Interessenspolitik nicht zu verlassen", schreiben die Mitglieder der politischen Steuerungsgruppe.

Zentrale Behauptungen der Ärztekammer "entsprechen nicht den Tatsachen", weisen die Verhandler etwa Behauptungen der Interessensvertretung in deren jüngster Kampagne zurück, dass Spitäler oder Ordinationen geschlossen würden (siehe Infobox). Vielmehr gehe es den Verhandlungspartnern darum, durch ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem eine bessere Abstimmung zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Spitälern zu erreichen.

Die Reform habe das Ziel, den Patienten immer die optimale und beste Gesundheitseinrichtung zur Verfügung zu stellen. Konkret gehe es etwa um eine Sicherstellung der Versorgungssicherheit, eine Verbesserung der Zugänge für alle zum Gesundheitssystem sowie um patientenfreundlichere Öffnungszeiten und das Schließen von Lücken in den Strukturen. Nicht zuletzt solle auch die Finanzierbarkeit ohne Mehrbelastungen sichergestellt werden.

Stöger kritisierte Fehlinformationen der Ärzte
Auch Gesundheitsminister Stöger übte am Dienstag am Rande des Ministerrats Kritik an der Ärztekammer. "Es geht nicht an, dass die Ärzte die Patienten falsch informieren", sagte er in Bezug auf die Kampagne gegen die Gesundheitsreform. Die Vorgangsweise der Kammer brauche klare Antworten. Deswegen hätten sich die Verantwortlichen der politischen Steuerungsgruppe zur Reform darauf verständigt, der Ärztekammer in einem gemeinsamen Brief ihre Position darzulegen. Man sei sich einig, die Versorgung der Menschen nicht nur sicherzustellen, sondern auch die Planung, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens in Spitälern und bei den niedergelassenen Ärzten besser abzustimmen, erklärte er ebenfalls.

Zur Reform selber zeigte sich Stöger zuversichtlich, dass man bis Jahresende zu einem Abschluss gelangen werde. Auch konstruktiven Vorschlägen der Ärztekammer sei man bereit zuzuhören. "Mir sind aber keine bekannt, die nicht aufgegriffen wurden", betonte der Minister.

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