"Pünktchen am Obst"

EU-Irrsinn in Graz: Standlerin musste ihre Ware entfernen

Österreich
05.09.2010 08:40
Da bieten Landwirte unbehandelte Naturprodukte an - und werden dafür auch noch bestraft: Ingrid S. (Bild) musste Waren von ihrem Stand am Bauernmarkt auf dem Grazer Lendplatz entfernen, weil diese nicht der von der EU festgelegten Norm entsprachen. Das zuständige Marktamt will sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben lassen: "Das ist nicht auf unserem Mist gewachsen..."

Die EU legt Vermarktungsnormen für Lebensmittel fest. Da diese im fernen Brüssel erdachten Regeln nicht nur für Spar, Billa & Co. gelten, sondern auch auf den Grazer Bauernmärkten, muss deren Einhaltung vom Grazer Marktamt kontrolliert werden. Welch seltsame Blüten der Regelungswahn der Brüsseler Bürokraten da mitunter treibt, hat Ingrid S. am eigenen Leib erfahren müssen.

"Ware weder schlecht noch faul"
Die Steirerin ist eine von wenigen Marktfrauen, die noch völlig naturbelassenes Obst und Gemüse anbieten - dennoch musste sie ihre Marillen vom Stand entfernen. "Die Früchte hatten Hagelschäden und waren von Stippe und Schorf befallen", erklärt Kontrollor Harry Pogner vom Marktamt. Stippe und Schorf - das seien "Pünktchen" und "pelzige Stellen" auf der Schale, klärt Pogner auf, räumt aber ein, dass das auf Geschmack und Qualität keinerlei Auswirkungen habe - und genau das ist es, was Ingrid S. auf die Palme bringt. "Wenn die Ware weder schlecht noch faul ist, warum darf ich sie dann nicht verkaufen? Das ist absurd!"

Ihre Kundschaft - und um die sollte es schließlich gehen - legt Wert auf ungespritztes Obst und setzt sich für die Verkäuferin ein. "Ich nehme gerne in Kauf, dass die Ware zeitweise Flecken hat, dafür schmeckt's nach was!", meint etwa eine Dame.

Spritzmittel-Einsatz, um Norm zu erfüllen
"Das ist nicht auf unserem Mist gewachsen", betont Helga Zupan, Leiterin des Marktamts. Man wolle niemanden sekkieren und tue nur seine Pflicht. Dass kleine Bauern, die auf Natur pur setzen, da mitunter auf der Strecke bleiben, sei nicht von der Hand zu weisen - und es bleibt ein bitterer Beigeschmack: "Am Einsatz von Spritzmitteln kommt man heute nicht mehr vorbei", redet Pogner Klartext. Ob das im Sinne der Konsumenten ist? Wohl kaum.

Was also tun? "Es wäre wünschenswert, wenn die EU eine Differenzierung vornimmt, die zwischen Bauern und Produzenten unterscheidet", kennt Pogner die Lösung des Problems. Bleit nur zu hoffen, dass sich das auch bis nach Brüssel durchspricht...

von Ernst Grabenwarter ("Steirerkrone") und steirerkrone.at

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele