Aufreger-Kino

Porno-Marathon geht weiter: “Nymphomaniac 2”

Kino
29.03.2014 17:00
Porno boomt. Teil 2 der von Regisseur Lars von Trier provokant inszenierten Vita einer Nymphomanin ist der schamlose Höhepunkt eines Echtsex-Trends im Mainstream-Kino. Kinostart von "Nymphomaniac 2": 4. April.

Die sexuelle Revolution hat das Begehren befreit. Erstickt unter dicken Tuchenten in den verklemmten Nächten des Bürgertums, mit Sünde beladen vom weltabgewandten Klerus und einst als verbotene Filmchen in schummrige Videotheken verbannt, drängt Pornographisches nun als Stilmittel beherzt herzlos ins Mainstream-Kino.

Charlotte Gainsbourg, Protagonistin in Lars von Triers verstörender Libidoökonomie, eine Frau, die ausschließlich ihrem "Basic Instinct" folgt, bringt es auf den Punkt: "Sex ist die Konkubine des Kapitalismus. Und die größte Perversion ist die Einsamkeit, der wir doch alle entfliehen wollen."

Gainsbourg verspeist einen Liebhaber nach dem anderen
Auf ihren schmalen Schultern, ja in ihrem gierigen Becken ruht Teil 2 der cinematographischen Lustsuche "Nymphomaniac". Getrieben von der Gier nach immer neuen Kopulationspraktiken verspeist sie einen Liebhaber nach dem anderen, würfelt darum, wem sie den Laufpass gibt und entflieht der tristen Mechanik der Welt selbst im Moment des größten Schmerzes - wenn ihr Vater stirbt, indem sie einen Fremden im Keller der Klinik verführt.

Gainsbourg: "Nicht das explizit Geschlechtliche in 'Nymphomaniac' ist der Skandal, sondern die Abspaltung des Begehrens von der Liebe." Wenn sich Joe, so der Name der Sexsüchtigen, ganz bewusst auspeitschen und geißeln lässt, dann nur, um überhaupt noch etwas zu spüren in einem Körper, der längst taub ist für die Signale des Begehrens.

Davon erzählt sie dann Seligman - gespielt von Stellan Skargsgard -, der sie geschändet auf der Straße aufgelesen hat, ein durch seine Asexualität "ungefährlichen" Mann. Wenn dieser andächtig lauschend Pornographie und Philosophie verquickt - und allen Ernstes die Partnervielfalt von Joe mit Johann Sebastian Bachs Suche nach Harmonie in der Polyphonie vergleicht, wird es unfreiwillig komisch. Witzig ein Kommentar im Kinodunkel: "Das Kraut, das der Lars schon zum Frühstück raucht, hätt ich auch gern! Alter Schwede, äh, Däne!"

Pornoästhetik als Stilmittel
Geile gedankliche Auswüchse also gepaart mit einer für das wohl erzogene Auge skandalös bildwütigen Umsetzung. Von Trier verwendet eine in unbefriedigende Leere laufende Pornoästhetik als ganz bewusstes Stilmittel, wohl wissend, dass der Fetisch Sex im Kino immer zieht, umso mehr, wenn dieser weiblich besetzt und schmutzig ist. Gainsbourg: "Ein Mann, der sein Sexleben egoistisch auslebt, hätte wohl niemanden aus dem Kinosessel gerissen. Bei einer Frau hingegen schauen wir zweimal hin!"

Bereits in den 1970er-Jahren polarisierten Kinofilme semipornographischen Inhalts wie "Deep Throat", Nagisa Ôshimas "Im Reich der Sinne", die Leinwandorgie "Caligula" oder "Der letzte Tango in Paris". Und moderne Erotik-Filme wie "Intimacy" oder "Romance" setzten noch viel ungenierter auf intime, hautnahe Beischlaf-Authentizität.

Dass Lars von Trier echten, aber letztlich von Doubles vollzogenen Sex wie einen natürlichen Spezialeffekt einsetzt und damit nur etwas vulgärer agiert als die weichzeichnende amerikanische Simulationsfabrik, ist eine kühne Masche! Und die Erregung ebbt nicht ab, soll doch die Adaption des schlüpfrigen Bestsellers "Fifty Shades of Grey" in ähnlicher Weise umgesetzt werden. Ja sogar von einer zusätzlichen "Adults Only"-, also nicht jugendfreien Version ist bereits die Rede. Bleibt abzuwarten, ob Hollywood wirklich reif für das Comeback des Porno-Chics ist!

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