Amsterdam und Paris

EU-Agenturen übersiedeln: Wien geht leer aus

Ausland
20.11.2017 19:44

Die EU-Außen- und Europaminister haben am Montagabend in Brüssel über die künftigen Standorte von zwei europäischen Behörden abgestimmt, die wegen des Brexit Großbritannien verlassen müssen. Bei der EU-Arzneimittelagentur (EMA) fiel die Wahl - per Losentscheid - auf Amsterdam. Das Votum bezüglich der EU-Bankenaufsicht (EBA) konnte - ebenfalls per Losglück - Paris für sich entscheiden. Wien, das sich für beide Agenturen beworben hatte, ging leer aus.

Da Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verhindert war, nahm für Österreich ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling an der geheimen Abstimmung der Vertreter der 27 EU-Staaten ohne Großbritannien teil. Das Auswahlverfahren erinnerte ein wenig an das Prozedere des Eurovision Song Contest. In drei Runden mussten Punkte vergeben werden. In der ersten Runde durfte man drei, zwei und eine Stimme für drei Städte abgeben, in den beiden weiteren Runden jeweils nur für eine Stadt stimmen. Für den Sieg waren 14 Stimmen nötig, bei Gleichstand war ein Losentscheid vorgesehen.

EMA: Amsterdam glücklicher Sieger
Dass Amsterdam den Wettstreit um die EMA für sich entscheiden konnte, war ein wenig überraschend, denn in den zwei Vorrunden hatte stets Mailand die höchste Punkteanzahl bekommen. Im Finale erreichten die beiden Städte dann Punktegleichheit. Wie im Regelwerk festgeschrieben, musste nun per Los entschieden werden - und das Glück war aufseiten der Niederländer. Wien war schon in der ersten Runde ausgeschieden.

Italienische Spitzenpolitiker reagierten empört. "Eine solide Kandidatur wie jene Mailands ist von einer Verlosung versenkt worden", sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Der Mailänder Bürgermeister Beppe Sala bezeichnete das System als "absurd".

Für die EMA, mit rund 900 Beschäftigten eine der größten Agenturen der Union, waren 19 Bewerbungen vorgelegen, drei davon wurden allerdings kurz vor der Abstimmung zurückgezogen. Aufgabe der Arzneimittelagentur mit bisherigem Sitz in London ist der Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren durch Bewertung und Überwachung von Medikamenten.

EBA: Favorit Frankfurt ausgeschieden
Auch bei der EBA gab es am Montagabend nach einem Unentschieden in der dritten Wahl einen Losentscheid. Als Sieger ging dabei Paris hervor, Dublin zog den Kürzeren. Als Favorit hatte Frankfurt gegolten, das allerdings in der zweiten Runde überraschend ausgeschieden war. Wien war auch hier nicht über die erste Runde hinausgekommen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron zeigte sich "glücklich und stolz" und betonte, dass Paris, das bereits die EU-Wertpapieraufsicht (ESMA) beheimatet, nun seinen "Rang als wichtiger Finanzplatz" festige.

Für die EBA mit knapp 200 Beschäftigten hatte es acht Bewerbungen gegeben. Die derzeit ebenfalls noch in London ansässige Bankenaufsicht ist auf die Kontrolle des europäischen Bankensystems spezialisiert und verantwortlich für den Erhalt der Finanzstabilität in der EU sowie die Sicherung der Integrität, Effizienz und Funktionsfähigkeit des Bankensektors.

Schelling: "Kein Beinbruch"
Schelling zeigte sich in Brüssel enttäuscht darüber, dass Wien bei den Abstimmungen leer ausging, bedankte sich aber bei den heimischen Ministerien und der Stadt Wien für die Zusammenarbeit. "Wir hätten uns das anders vorgestellt. Aber es ist kein Beinbruch, dass wir das nicht bekommen haben", so Schelling. Österreich habe versucht, im Hintergrund Allianzen zu schmieden, zum Teil seien aber Zusagen anderer Länder schon vorhanden gewesen. "Da dürften andere besser gearbeitet haben." Österreich werde nun auf jeden Fall analysieren, was es seinerseits besser machen könnte.

Die Abstimmungsergebnisse bezeichnete Schelling als "Favoritensterben". Bei den Entscheidungen habe es zudem "lange Unterbrechungen mit einer Art Basar-Charakter" gegeben.

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