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“GT Sport”: Online-Racer mit schalem Beigeschmack

Spiele
14.11.2017 11:30

Die Lider werden immer schwerer, die Reaktionen fahriger. Das kann, das wird nicht gut gehen. Zum Glück fliegt nur der digitale Bolide von der Piste und kein echter. Grund für solche Marathonfahrten war in der Historie des Autors jedes Mal die neue Version von "Gran Turismo". Und nach, wie gewohnt, langer Wartezeit gibt es nun endlich Nachschub.

Der Vorspann von "Gran Turismo Sport" lässt wie eh und je die Herzen aller PS-Begeisterten höherschlagen. Eine meisterhafte Komposition an stimmigen Szenen schafft eine "Lasst mich sofort ans Steuer"-Atmosphäre. Wichtig sind PS, PS und nochmals PS. Und klarerweise das Röcheln, Blubbern, Kreischen der hochgezüchteten Motoren.

Im Gegensatz dazu gibt es bei den Fahrzeugen aber nur Magerkost. Waren es im Vorgänger noch sage und schreibe über 1000 Modelle, gibt es nun gerade mal 162. Mit dem BMW i3 schaffte es immerhin auch ein Elektrofahrzeug ins Spiel. Tesla sucht man hingegen vergebens.

Ärgerlich: Online-Verbindung zwingend notwendig
Dass nicht die 7 sondern der Zusatz "Sport" im Titel verwendet wurde, hat also durchaus einen triftigen Grund. Dieses "Gran Turismo" will keine klassische Fortsetzung sein. Der Fokus liegt klar im Multiplayer-Bereich. Das ist für den "Gran Turismo"-Veteranen gewöhnungsbedürftig. Aber ärgerlich wird es erst, wenn klar wird, dass eine Online-Verbindung, außer im Arcade-Modus, zwingend notwendig ist.

Der Clou an "Gran Turismo" war immer die Möglichkeit, aus einem biederen Kompakten oder einer braven Familienkutsche mittels Tuning eine giftige Rennsemmel zu kreieren. Dieses Feature musste ebenfalls weichen. Da verwundert es dann auch nicht mehr, dass das derart gerupfte "Gran Turismo" mit nur 20 Strecken das Auslangen finden muss.

Wenig Anreize für Solo-Spieler
Für Solo-Spieler sieht es düster aus. Geblieben ist ihnen eigentlich fast nur die Fahrschule, in der verschiedenste Aufgaben unter Zeitdruck erfüllt werden müssen. Die Gold-Auszeichnungen zu erringen erfordert einiges an Übung. Immerhin winken Goodies wie Credits, Erfahrungspunkte oder neue Fahrzeuge. Ansonsten gibt’s nur den Arcade Modus, bei dem Rennen gegen CPU-Gegner gefahren werden können. Die KI glänzt dabei nicht gerade, denn die Fahrzeuge kleben stur auf ihrer Ideallinie.

Bevor jetzt jemand ins nächste Geschäft läuft und sich eine Xbox mit Forza Motorsport holt: Es gibt sie doch, die positiven Seiten von "Gran Turismo Sport". Da wäre zum einem, die noch immer prächtige Grafik. Zum anderen der Motorensound. Endlich klingen die Boliden merkbar unterschiedlich und realitätsnah. Das war früher nicht immer so. Manchmal dachte man damals eher an einen hochgezüchteten Rasenmäher.

Saubere Steuerung, lästige "Videoeinschulung"
Die Steuerung darf ebenfalls als gelungen bezeichnet werden. Selbst dann wenn kein Lenkrad verfügbar ist. Das gilt allerdings nur wenn die Rennen auf Asphalt stattfinden. Bei den Rallys artet das in ein Drift-Festival aus. Echtes Rally-Feeling kommt leider nicht auf. Folglich landet man öfters neben der Strecke als einem lieb ist. Diese Ausritte und Unfälle hinterlassen an den Fahrzeugen nur marginale Schäden. Das war bei "Gran Turismo" zwar schon immer so, hätte aber endlich geändert werden dürfen.

Damit der Online-Part in Angriff genommen werden kann, sind zwingend Videos anzusehen, welche die Verhaltensregeln erläutern. Kann man gut finden, muss man aber nicht. Definitiv gut sind allerdings die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten und die Zuordnung von Gegnern mit ähnlichem Leistungsvermögen. Weniger gelungen ist, dass es kein dynamisches Wettermodell mit sich ändernden Bedingungen während eines Rennens gibt.

Damit es immer fair zugeht und rempelnde Bleifußrüpel sich keine unfairen Vorteile verschaffen, hat sich Polyphony die Sportgeistpunkte einfallen lassen. Unfaires Verhalten wird mit Negativpunkten bestraft. Eine gute Idee die aber noch so ihre Macken hat. Denn mitunter bekommt man diese Negativpunkte, wenn man selbst angerempelt wurde.

Fazit: "Gran Turismo Sport" ist im Kern nach wie vor das großartige Rennspiel, das es bisher war. Trotzdem wirkt es, als hätte man dem Kaiser seine Kleider genommen. Kein Kampagnenmodus für Solospieler, weniger Fahrzeuge sowie wenige Strecken sind tiefe Einschnitte. Dass auf Multiplayer gesetzt wurde, ist in Ordnung und auch gut umgesetzt. Die tolle Präsentation, die guten Motorengeräusche und die sehr gute bis passable Steuerung sorgen auch nach wie vor für "Gran Turismo"-Feeling. Ein schaler Beigeschmack bleibt dennoch. Plötzlich schielt man nämlich neidvoll auf die Xbox und das komplettere "Forza Motorsport".

Plattform: PS4
Publisher: Polyphony
krone.at-Wertung: 7/10

Harald Kaplan
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