Konzert-Erlebnis

Rebekka Bakkens Show im Wiener Konzerthaus

Musik
11.10.2006 21:06
Wer sich ihr neues Album „I Keep My Cool“ zu Ohren geführt hat, der konnte es schon ungefähr erahnen: Rebekka Bakken tauchte ihre mehr als 1.800 Zuhörer am Dienstagabend durch ein Wechselbad der Gefühle. Knapp zwei Stunden lang schaukelte die gebürtige Norwegerin und Wahl-Wienerin das Publikum zwischen Gänsehaut-Lovesongs und temperamentvollen Grooves hin und her – und hinterließ bei vielen einen bleibenden Eindruck.
(Bild: kmm)

Wäre das altehrwürdige Gestühl im Konzerthaus bloß etwas bequemer. Während der ersten Songs hätte man sich am liebsten in ein Meer aus weichen Polstern gekuschelt. Mit dem Opener ihres neuen Albums, „We Hit It Again“, breitete Rebekka Bakken einen weichen Rhythmus-Mantel über den mit prächtiger Akustik gesegneten Großen Saal des Konzerthauses aus.

„Any Pretty Girl“, eine sanfte Ballade, ließ das Publikum behutsam in den Abend gleiten, der aber nicht nur Samt und Weichspüler bieten sollte. Dementsprechend überrascht reagierten die gespannten Zuhörer als Gitarrist Eivind Aarset bei „Hard To Be A Looser“ zum ersten Mal einen kräftigen Ruck an der Slide-Gitarre tat. Die Oberkörper in den vorderen Reihen sah man langsam aufrechtere Haltung einnehmen und ein vor Blue Notes triefender Groove packte die eben noch verträumt dreinblickenden Bakken-Fans.

So steil wie die Tempokurve hochschnellte, drehte Rebekka Bakken den Regler wieder nach unten. Zart und nur in Begleitung von ihrem neuen Pianisten Kjetil Bjerkestrand begann sie „So Ro“ – ihr einziger Song auf Norwegisch, der schon auf ihrer Platte „Is That You?“ ein viel beachteter „Ausreißer“ war. Als der Rest der Band nach dem halben Song auf die Bühne zurückkehrte, war’s wieder aus mit dem Dahinschweben und gut fünf Minuten lang ließ die Sängerin die Vocalistin in ihr raus – drei Oktaven Stimmumfang pressten sich mal piano aber meistens forte fortissimo durch das Konzerthaus.

Mit dem im Off-Beat gehaltenen „Why Do All The Good Guys Get The Dragons“ komplettierte Rebekka Bakken dann nicht nur ihr Groove-Repertoire, sondern bewies auch Talent für Stand-Up-Comedy. Ein Frage-Antwort-Spiel mit dem sinngemäßgem Inhalt „Good Guys, passt auf! Sie wickeln euch alle mit sanften Worten ein und beschlagnahmen dann mit Koffern voll Kleidung und Styling-Tips euer Leben“, sorgte für Lacher im Publikum. Nicht nur bei den männlichen Besuchern.

Von ihrem Neuling „I Keep My Cool“ ließ Rebekka Bakken nur wenige Songs weg. Das funkige „Just Having My Fun“ über ihre New Yorker Jahre, die sie Anfangs auf den Erfolg wartend in ihrer Wohnung verbrachte, performte sie studioreif. Bei den gefühlsbetonten Songs wie „What Love Is Not“ und „Welcome Home“ brachten die eingängigen Klavierpassagen und seidigen Gitarrenparts, die ihrerseits die auf dem Album fast überpräsenten Streicher mit Folk- und Country-Charme ersetzten, Gänsehaut und gleichzeitig ein kribbelndes Gefühl. Rebekka Bakken spielte mit den Gedanken des Publikums, ließ es raten, was ihr gerade durch den Kopf ging oder auch, wieviel sie von ihren einfühlsamen bis turbulenten Liebesgeschichten selbst erlebt hat.

Zwei Mal applaudierte die am Ende zu Standing Ovations hingerissene Menge die Band und ihre Leaderin zurück auf die Bühne. Unter den Zugaben befand sich auch ihre ureigene Version von Cyndi Laupers „Time After Time“, die unter den 70 anderen, die seit 1983 gemacht wurden, mit Sicherheit eine der subtilsten und trotzdem schönsten ist.

„Was für eine Stimme“, flüsterte jemand beim Hinausgehen. Und was für ein Abend – mich hat sie jedenfalls überzeugt, die Rebekka...


Christoph Andert

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