"Eine Verpflichtung"

Wiener Arzt bricht erneut zu Ebola-Einsatz auf

Österreich
12.10.2014 09:50
"Ich sehe das als Verpflichtung an." So beschreibt der Wiener Arzt Michael Kühnel die Motivation für seine Rückkehr ins Ebola-Krisengebiet. Ab nächster Woche wird er in Liberia, jenem westafrikanischen Land, das am stärksten von der tödlichen Epidemie betroffen ist – mehr als 4.000 Menschen infizierten sich dort bisher mit dem Virus, mehr als 2.200 starben –, im Einsatz sein. Im Sommer war er bereits vier Wochen lang in Sierra Leone tätig. Angst vor einer Ansteckung hat er nicht – "aber Respekt". Und den kann man auch vor ihm haben.

Kühnel, der seit 15 Jahren ehrenamtlich fürs Rote Kreuz arbeitet und in Hamburg eine Zusatzausbildung zum Tropenmediziner absolviert hat, soll gemeinsam mit einem Expertenteam des internationalen Roten Kreuz helfen, die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Noch immer gebe es laut dem Mediziner in den betroffenen Regionen zu wenig medizinisches Personal. "Es sind Patienten, die Hilfe brauchen. Da stehen Schicksale und Menschen dahinter." Der international erfahrene Experte – er ist Trinkwasser- und Hygienespezialist und war auch nach der Erdbebenkatastrophe in Haiti oder nach dem Tsunami in Banda Aceh in Indonesien im Einsatz – wird die Bevölkerung über die Ansteckungsmechanismen des Virus aufklären und Hygieneschulungen durchführen.

"Das Risiko ist kalkulierbar", so Kühnel. "Ich weiß, dass ich ab dem Zeitpunkt, wo ich das Zimmer verlasse, aufpassen muss, bis ich wieder drin bin." Zudem gebe es "Standards, an die man sich halten muss". Dazu gehört beispielsweise der gänzliche Verzicht auf Körperberührungen. Anfang des Sommers war der Rotkreuz-Experte bereits in Sierra Leone im Einsatz. "Damals gab es vier Wochen keinen Körperkontakt, kein Händeschütteln, gar nichts."

Auch in Liberia gehe es primär darum, "Ärzte und Pfleger zu schulen, gewisse Standards einzuführen". Die größte Gefahr im Pflegebereich sei das Ausziehen der Schutzkleidung, schilderte Kühnel im Gespräch mit der APA. Nach einer Arbeit am Patienten sei die Kleidung kontaminiert, man dürfe nicht von außen mit dem Schutzanzug in Kontakt kommen. "Das muss trainiert werden."

"Freiwillige setzten Gesundheit und Leben aufs Spiel"
Besonders groß sei die Übertragungsrisiko auch beim "dead body management", den Beerdigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nach Todesfällen. Hier gebe es auch einen großen Mangel an "Leuten, die Tote bergen und begraben". Diese Personen, meist Freiwillige, müssen geschult werden, damit sie sich bei der gefährlichen Arbeit nicht infizieren. "Sie setzten ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel", sagte Kühnel.

Und doch gebe es viele Freiwillige, "die wollen einfach helfen". Das Rote Kreuz versucht, den Ehrenamtlichen zumindest Essensgeld zu geben, sagt Kühnel. "Als ich im Juni nach Sierra Leone kam, gab es Mitarbeiter, die bereits eineinhalb Monate täglich ohne Gegenleistung gearbeitet hatten."

Vor dem Ausbruch war Liberia Ebola-frei
Seit Anfang 2014 breitet sich in Sierra Leone, Liberia und Guinea das tödliche Ebolavirus massiv aus. Es handelt sich um den größten Ebola-Ausbruch seit seiner Entdeckung im Jahr 1976. "Liberia war zuvor Ebola-frei", sagte Kühnel. Da die anfänglichen Symptome die gleichen wie bei Malaria sind, die in der Region so gut wie jeder schon hatte, dauert es viel länger, bis die Menschen sich behandeln lassen. Und auch wenn sie geheilt werden, kommt es oft zu Stigmatisierung, sagte Kühnel. Das passiert auch bei Helfern: In Sierra Leone erzählten Menschen, die sich um die Leichen gekümmert hatten, dass ihre Freunde nicht mehr mit ihnen reden, schildert der Experte.

"Wie viel Körperberührung lasse ich mit meiner Frau zu?"
Bis zum 19. November dauert der Einsatz des 38-Jährigen in Liberia. Dazu kommen nach der Rückkehr noch drei Wochen Inkubationszeit, in der Kühnel nicht an Patienten arbeiten darf und angehalten ist, Menschenmengen zu meiden. "Wenn ich heimkomme muss ich auch stark überlegen, wie viel Körperberührung lasse ich mit meiner Frau zu", sagte der Mediziner. Ebola ist jedoch erst nach Auftreten von Symptomen übertragbar.

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