Jungstar King Krule

Bass in der Stimme und Dampf in der Lunge

Musik
22.08.2013 15:31
King Krule alias Archy Marshall ist zwar erst 19 Jahre jung, klingt auf seiner Debütplatte "6 Feet Beneath The Moon" aber nach einem erfahrungsreichen Leben. Im "Krone"-Interview spricht der schlacksige Rotschopf über seine Brummstimme, den Vorzug von Zigarettenkonsum und warum er mit dem Mainstream nichts anzufangen weiß.
(Bild: kmm)

Den Terminus "Wunderkind" sollte niemand zu inflationär verwenden, doch der Hype um den schlacksigen King Krule treibt in der Indie-Szene nicht nur Blüten, sondern ist mitunter auch gerechtfertigt. In Zeiten, wo Jung-Erwachsene wie Miley Cyrus, Justin Bieber oder Selena Gomez auf Plastilin-Pop mit kernloser Redundanz setzen, tut der frischgebackene 19-jährige Rotschopf den tolerant gepolten Ohren gut. "6 Feet Beneath The Moon", das Debütalbum des jungen King, klingt dabei keineswegs wie eine an die Musik verlorene Unschuld, sondern wie ein reifes Gebräu aus Dub-, Indie-, Garage-, Punk- und Jazz-Referenzen. Genau die Musik also, zu der man an verregneten Spätnachmittagen in den Londoner Pubs über das knapp verlorene Heimspiel der örtlichen Fußballmannschaft diskutiert.

Einfluss von den alten Helden
Archy Marshall, so der bürgerliche Name King Krule's, ist einerseits noch ein jugendlicher Bengel mit Flausen im Kopf, andererseits aber das bisher fehlende Bindeglied zwischen unschuldig-junger Leichtigkeit und gediegen-etablierter Musikalität. Er hat den Körper eines 16-Jährigen und die Stimme eines 50-Jährigen. Die Vergleiche mit Edwyn Collins und James Blake sind richtig und zulässig - obwohl sich Krule selbst woanders sieht. "Ich habe mich darauf konzentriert, mir stimmlich mehr den Rockabilly-Stil anzueignen", verrät er im "Krone"-Interview, "die wohl größte Inspiration für mich ist James Brown und seine unvergleichliche Art, mit Soul zu singen."

Doch wie kommt es dazu, dass ein 19-Jähriger auf seinem Plattenteller Chet Baker und Django Reinhardt, anstatt Kings Of Leon oder The Gaslight Anthem rotieren lässt? "Das liegt hauptsächlich an meiner Heimat London. Sie ist eine multikulturelle Stadt und ich wollte schon immer ein Teil dieser Kulturen sein. Dass sich bei mir dann Afro-Beats, nigerianischer Funk und der typische Brixton-Ska-Sound vermischt haben, ging wie von selbst." Mainstream-Musik ist dem schmächtigen Künstler zuwider. "Ich hatte niemals viel Kontakt damit und finde es schlichtweg lächerlich, welche Aufregung in diesem Bereich herrscht", fügt er lachend hinzu.

Dem Ärger ferngeblieben
In den großen Mainstream vorzustoßen, ist mit seinem Debütalbum wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Zu sperrig, vertrackt und eigenwillig klingen Songs wie "Border Line", "Ocean Bed" oder "A Lizard State". Einflüsse von den Unruhen in London 2011 finden dabei nur die Medien, nicht aber der Künstler selbst. "Klar kenne ich Leute, die aktiv dabei waren. Ich habe mich aus der Sache aber immer rausgehalten und mein Ding durchgezogen. Es war aber natürlich unmöglich, aus dieser Situation zu flüchten." Lyrisch versteckt King Krule seine Botschaften gerne hinter Metaphern, weist aber in allen seinen Songs auf eigene Erfahrungen und Inspirationen hin.

Begonnen hat King Krule laut eigener Aussage auf einem "beschissenen Laptop mit kaputtem Akku". Unter dem Pseudonym Zoo Kid lockte er schließlich mit 16 die Aufmerksamkeit des renommierten Online-Musikmagazins Pitchfork auf sich, nun entwickelt sich der musikalische Allesverwerter zum Liebling des Underground-Feuilletons. Und der Aufstieg wird mit "6 Feet Beneath The Moon" erst recht nicht mehr zu verhindern sein. Doch wie kann er ein derarter zart gebauter Knabe ein so tiefes und kräftiges Stimmvolumen aufbauen? "Ich rauche etwa 25 Zigaretten am Tag und versuche, so viel Dampf wie möglich in meine Lungen zu pumpen, um noch einmal extra tief zu klingen", sprach er und lachte. Der 19-Jährige Lausbub, den aber bald niemand mehr belächeln wird.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele