Salzburg-Ausschuss

Schlagabtausch bei Rathgeber-Paulus-“Kreuzverhör”

Österreich
03.04.2013 16:32
Ein "Kreuzverhör" mit sehr vielen Emotionen der beiden Zeugen Monika Rathgeber und Eduard Paulus, bei dem es auch nach Stunden "Aussage gegen Aussage" stand, und ein katastrophales Zeugnis für das Land Salzburg für die Auflösung des angeblichen Schattenportfolios mit 253 Derivatgeschäften - so lässt sich der vorletzte Tag der Zeugenbefragungen am Mittwoch im U-Ausschuss zur Klärung des Finanzskandals zusammenfassen.

Nach kurzem Streit um die Sitzplätze unter Zusehern und minutenlangem Posieren von Rathgeber und Paulus, bis alle Wünsche der Fotografen und Kameraleute erfüllt waren, startete Richter Anton Wagner kurz nach 13 Uhr die Befragung. Diese verlief auf beiden Seiten sehr emotional. "So will ich das nicht stehen lassen" wurde zur Standard-Aussage, denn auch nach Stunden blieben beide Befragten bei ihrer sehr unterschiedlichen Sicht der Dinge.

Rathgeber: "Bank schickte täglich Bewertung an Paulus"
Rathgeber bekräftigte ihre Aussage, dass Paulus im Wesentlichen von den angeblich geheimen Derivatgeschäften und auch Wertpapieren Bescheid wissen habe müssen. Depotauszüge mit Konten über 500 Millionen Euro seien über den Schreibtisch des Abteilungsleiters gelaufen. Auch bei der Aufnahme von Schulden bei Banken sei der Hofrat dabei gewesen, eine Bank habe täglich eine Bewertung der Veranlagungen und Derivate an Paulus geschickt.

Paulus: "Wäre Volltrottel, wenn ich das genehmigt hätte"
Paulusseinerseits bestritt erneut, von den Geschäften vor dem Herbst 2012 gewusst zu haben: "Ich müsste ja ein Volltrottel sein, wenn ich so was genehmigt und mich damit zum Komplizen gemacht hätte."

Offenbar auch Paulus-Unterschrift gefälscht
Der Leiter der Finanzabteilung des Landes legte dann dem Ausschuss auch ein Privatgutachten vor, demzufolge auch seine eigene Unterschrift gefälscht worden sein soll. Es handelt sich dabei um ein Schreiben an die Commerzbank aus dem Jahr 2011, mit dem weiterhin Geschäfte in allen exotischen Währungen erlaubt wurden. Er habe vielmehr schon zwei Jahre davor die klare Anweisung erteilt, dass nur mehr Positionen in Währungen der G7-Staaten und der Schweiz zulässig seien.

Paulus: "Habe mich niemals mit Einzelgeschäften befasst"
Grünen-Ausschussvorsitzende Astrid Rössler wollte von Paulus wissen, warum er von einer Liste mit Derivaten des Schattenportfolios, die am 3. August per Mail verschickt wurde, keine Kenntnis gehabt habe. Es habe niemand die Liste mit dem Bericht des Risikomanagement der Deutschen Bank verglichen, meinte Paulus.

"Deshalb ist niemanden aufgefallen, dass es da 253 Geschäfte gab, die nicht im Bericht enthalten waren." Es sei ja niemand auf die Idee gekommen, dass es da nicht bekannte Geschäfte gegeben habe. Er habe sich niemals mit Einzelgeschäften befasst, betonte Paulus wiederholt.

Vernichtende Bilanz über Aufarbeitung des Finanzskandals
Bereits am Vormittag wurden Harald Kutschera - er ist seit Oktober 2012 Mitarbeiter der Finanzabteilung und war von der Deutschen Bank gekommen - und der Finanzexperte Meinhard Lukas befragt.

Lukas zog eine vernichtende Bilanz über die bisherige Aufarbeitung des Finanzskandals. Er hatte eine gutachterliche Stellungnahme zur Auflösung von rund 250 Derivatgeschäften verfasst, die sich in dem davor nicht öffentlich bekannten Portfolio befanden.

Experte: "Nachvollziehen der Geschäfte gleicht Schnitzeljagd"
Bei der Auflösung dieser Derivate erzielte das Land Salzburg laut Lukas im letzten Quartal 2012 Einnahmen von 550 Millionen Euro. Die Ausgaben dafür haben sich aber auf 600 Millionen Euro belaufen, berichtete Lukas. Daraus ergibt sich ein Minus von 50 Millionen.

Kritik übte der Experte auch an der Dokumentation. Das Nachvollziehen der Geschäfte mit Derivaten gleiche "einer Schnitzeljagd". Noch schlimmer sei es mit den Fremdwährungsgeschäften. "Die sind für mich nach wie vor eine Blackbox."

Kutschera: "Mitglieder des Finanzbeirats waren schockiert"
Kutschera wiederum sorgte für Überraschung, als er den Verlauf der Sitzung des Finanzbeirates am 23. Oktober - kurz davor waren die bis dahin nicht bekannten Geschäfte des Landes offiziell aufgetaucht - schilderte. Die Mitglieder des Ausschusses seien geschockt gewesen, als sie davon erfahren haben, erinnerte sich Kutschera. Auf die Frage, weshalb ausgerechnet von dieser Sitzung kein Protokoll verfasst worden war, sagte er, Paulus habe dies so entschieden, weil man kein Protokoll über eine Sitzung anfertigen könne, in der ein offiziell gar nicht vorhandenes Portfolio besprochen werde.

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