Neustart

Dell nimmt Dell mit Mega-Transaktion von der Börse

Wirtschaft
06.02.2013 09:09
Vor 15 Jahren empfahl Michael Dell Apple-Gründer Steve Jobs, seinen Laden zu schließen und den Aktionären das Geld zurückzuzahlen. Nun geht der Texaner beim eigenen Unternehmen selbst diesen Weg und nimmt Dell in einer gigantischen Transaktion von der Börse. Der Deal soll mithilfe von Softwareriese Microsoft und Finanzinvestor Silver Lake gestemmt werden und hat ein Volumen von 24,4 Milliarden Dollar (18 Mrd. Euro). Michael Dell will damit wieder die Kontrolle über den zuletzt schwächelnden Branchendritten übernehmen, wie er am Dienstag mitteilte. Doch es ist ein Neustart mit Risiken.

Dieses Zitat wird Michael Dell ein Leben lang verfolgen. Als der Gründer des gleichnamigen Computerbauers im Oktober 1997 gefragt wurde, welchen Ratschlag er dem gerade an die Apple-Spitze zurückgekehrten Steve Jobs geben könne, meinte er launisch: "Was ich machen würde? Ich würde das Ding zumachen und den Aktionären das Geld zurückgeben." Apple stand damals kurz vor dem Konkurs. Und es war nicht absehbar, wie spektakulär die Rettungsgeschichte durch die Rückkehr von Steve Jobs in den kommenden Jahren ausfallen würde. Nun schwächelt der Rivale Dell, und dessen lautstarker Gründer wagt seinerseits tatsächlich den Rückkauf.

"Ein neues, aufregendes Kapitel"
Dell plant das Unternehmen abseits der Börsenöffentlichkeit neu auszurichten und ohne die Aufmerksamkeit der Wall Street mehr Zeit dafür zu haben. Sowohl Michael Dell, der 14 Prozent der Firmenanteile hält, als auch seine Investmentfirma MSD Capital und die Partner würden für die Übernahme Bargeld aufbringen, hinzu kämen Kredite von vier Banken, hieß es. Den bisherigen Aktionären sollen je Anteilsschein 13,65 Dollar geboten werden. Bis Ende Juli soll die Transaktion über die Bühne gehen. "Ich bin der Überzeugung, dass durch diese Transaktion ein neues, aufregendes Kapitel für Dell, unsere Kunden und Teammitglieder beginnen wird", erklärte Michael Dell. Der Umbau sei zwar schon angestoßen, doch brauche es noch mehr Zeit.

Neustart mit Risiko
Doch es ist ein Risiko, das Michael Dell eingeht. Seit einiger Zeit schon versucht der Konzern einen Neuanfang - als Anbieter von renditestarken Dienstleistungen und Computern für Unternehmenskunden. Als Vorbild dient der IT-Gigant IBM, der sein PC-Geschäft einst an Lenovo verkaufte, sich auf Großrechner und IT-Services verlegte und damit erfolgreich ist. Ein solcher Wandel braucht aber Zeit, und auch klassische Hardwarehersteller versuchen auf den Trend aufzuspringen. Für viele Privatkunden sind die Angebote der traditionellen PC-Hersteller aber ohnehin unattraktiv geworden. Tablets und Smartphones von Apple oder Samsung haben inzwischen deutlich an Popularität gewonnen.

Microsoft hilft mit zwei Milliarden Dollar aus
Michael Dell hat sich auf jeden Fall starke Partner gesucht, um seine Firma wieder in die Spur zu bringen: den Finanzinvestor Silver Lake, große Banken und nicht zuletzt den Windows-Hersteller Microsoft, der ein offensichtliches Eigeninteresse am Fortbestehen des wichtigen Kunden hat und sich mit einem zwei Milliarden schweren Kredit an dem Geschäft beteiligt. Schlüsselfigur bei all den Bemühungen ist aber Michael Dell selbst. Er hatte sich schon als Schüler und Student Anfang der 1980er-Jahre mit dem Montieren von Personal Computern mehr als ein Taschengeld verdient. Nach der Gründung seiner Firma 1984 mit einem Startkapital von 1.000 Dollar, baute Dell dieses Geschäft in Texas immer weiter aus. Schließlich wurde Michael Dell 1992 im Alter von 27 Jahren der jüngste Chef, der jemals eines der 500 umsatzstärksten Unternehmen ("Fortune 500") geleitet hatte.

PC-Produktion perfektioniert
In den folgenden Jahren perfektionierte Dell die industrielle Produktion der PCs auf den Fließbändern. Rund um die Fabriken in Austin und anderen Städten siedelten sich die Zulieferbetriebe an, die die benötigten Bauteile kosten- und zeitsparend "just in time" anlieferten. Später wurde die Produktion in großen Teilen nach Asien in Mega-Unternehmen wie Foxconn ausgelagert. Dell war Mitte der 90er-Jahre auch der erste PC-Hersteller, der die Vertriebschancen des noch jungen Webs erkannte und fast vollständig auf den Online-Vertrieb setzte. "Michael Dell ist ein wahrer Visionär und eine der herausragenden Führungspersönlichkeiten der globalen Technologie-Branche", sagte Geschäftspartner Egon Durban von Silver Lake am Dienstag.

Von der Spitze ins Tal
Im Frühjahr 2001 stürmte Dell am Konkurrenten Compaq als weltgrößter PC-Hersteller vorbei und hielt sich lange an der Spitze. Drei Jahre später zog sich Michael Dell aus der Führung von Dell Inc. zurück, um mehr Freiraum für andere Aktivitäten wie seine Finanzinvestitionen zu gewinnen. Doch ohne Michael Dell rutschte das texanische Unternehmen in einem atemberaubenden Tempo ab. Nur drei Jahre nach seinem Ausscheiden wurde Michael Dell im Jänner 2007 wieder als Konzernchef zurückgeholt, um zu retten, was zu retten ist. Seine Erfolge sind aber bescheiden.

Zwar konnte Dell seine Position im PC- und Server-Markt stabilisieren. Doch die Mobil-Strategie konnte die Anleger nicht überzeugen. Während Konkurrenten wie Samsung oder Lenovo mit Smartphones und Tablets von der Verschiebung hin zu Mobilgeräten profitierten, gab es von Dell nur halbherzige Anläufe. Vor allem aber profitierte ausgerechnet ein Unternehmen vom Wandel in der Computerwelt: Apple mit seinem iPhone und iPad.

Letzte Chance, um Lebenswerk zu retten
Der Abschied von der Börse könnte die letzte Chance von Michael Dell werden, sein Lebenswerk zu retten. Der einst weltgrößte PC-Hersteller verliert kontinuierlich an Boden. Im abgelaufenen Quartal schrumpfte dem Marktforscher Gartner zufolge Dells globaler Marktanteil binnen Jahresfrist um weitere zwei Prozentpunkte auf gut ein Zehntel. Der Nettogewinn brach im dritten Quartal um fast die Hälfte auf 475 Millionen Dollar ein. Zudem hat sich ein Schuldenberg von rund 4,5 Milliarden Dollar angehäuft.

Die Anteilseigner und die Wettbewerbshüter müssen der Übernahme allerdings noch zustimmen. Zudem können andere Interessenten ein Gegenangebot vorlegen. Der Dell-Verwaltungsrat sucht die kommenden 45 Tage nach anderen Bietern - vor allem um späteren Aktionärsklagen vorzubeugen über einen zu niedrigen Preis.

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