"Stürmische Art"

Spindelegger-Rede mit Ode an die “liebe Maria” Fekter

Österreich
24.10.2012 13:46
ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat am Mittwoch in seiner Grundsatzrede zum Thema "Wirtschaft, Wohlstand, Werte" über große Strecken die bereits bekannten Positionen seiner Partei wiederholt und einige Vorschläge für wirtschaftliche Impulse gemacht. Ein Wahlkampfauftakt sei die einstündige Rede aber nicht, sagte Spindelegger bei dem Festakt vor Hunderten Gästen. Dafür war der Auftritt, bei dem sich die ÖVP einmal mehr als Wirtschaftspartei positionierte, eine Liebeserklärung an Finanzministerin Maria Fekter, mit der er zuletzt im Clinch lag.

Der ÖVP-Chef lud seine Gäste - Minister, Landesparteichefs, Bündnisobleute und etliche Abgeordnete - in die "METAhall" im 22. Wiener Gemeindebezirk. Auf Wahlkampftöne verzichtete Spindelegger bei der Grundsatzrede in der ehemaligen Fabrikshalle zwar ganz und gar nicht, so wetterte er gegen sozialistische Gleichmacherei und Umverteilung, sie waren aber nicht dominierend.

Gleichzeitig ging er betont auf die jüngsten Unstimmigkeiten in Sachen Steuerreform mit Finanzministerin Fekter ein und unterstützte die von ihr geplanten Maßnahmen wie die Senkung des Eingangssteuersatzes. Die Steuerreform dürfe aber nicht auf Pump finanziert werden, wiederholte Spindelegger, um sogleich der "lieben Maria" eine regelrechte Liebeserklärung zu machen: "Du hast ein unglaubliches Gemüt, eine unglaublich stürmische Art. Ich liebe das", so Spindelegger, der keine Differenzen zwischen sich und Fekter sieht (siehe Bericht "ÖVP wieder auf Kuschelkurs").

Spindelegger wetterte gegen "soziale Gerechtigkeit"
Spindelegger, der manchmal in der Regierung Opposition vonseiten der SPÖ spüre, wetterte gegen "ideologische Spinnerei" sowie gegen die von den Sozialdemokraten propagierte "soziale Gerechtigkeit". Jeder sei für Gerechtigkeit, aber mit der dauernden Forderung nach neuen Steuern zerstöre man den Wirtschaftsstandort und ruiniere das Investitionsklima. Außerdem treibe man damit nicht nur die Superreichen, sondern auch die Unternehmer aus dem Land. Wie das Beispiel Frankreich zeige, würden durch solche Maßnahmen "die Unternehmer gehen und die Arbeitslosen bleiben".

Für die SPÖ und ihre Freunde in Frankreich sei "Reichtum ein Skandal". Für die ÖVP sei hingegen "Armut ein Skandal", so Spindelegger. Armut beseitige man aber nicht durch "das Schüren von Neid und Missgunst oder durch kalte Enteignung derer, die mehr haben". "Die Armen werden nicht reicher, wenn ein paar Reiche ärmer werden." Armut beseitige man durch mehr und bessere Arbeit sowie mehr und bessere Bildung. Die von der SPÖ geforderte Reichensteuer sei nicht gerecht. Man könne nicht immer weiter umverteilen, "bis alle gleich arm und nur mehr Empfänger von Almosen sind". Dadurch würde "die Gesellschaft verkommen".

Euro-Austritt ist für Spindelegger keine Überlegung wert
Die Ideen der FPÖ, aus der EU und dem Euro auszutreten, bezeichnete Spindelegger als Tod des Exportes und Hunderttausender Arbeitsplätze. Die Freiheitlichen hätten schon in Kärnten unter Beweis gestellt, dass sie nicht wirtschaften können.

Die Wirtschaft brauche die Politik, aber nicht über Konjunkturprojekte, die Milliarden kosten. "Auf Pump geht nichts, denn eine Schuldenkrise haben wir schon", so Spindelegger.

Die Veranstaltung wirkte etwas vom US-Wahlkampf inspiriert. So war die Halle mit Slogans wie "fördern statt faseln" und "machen statt motzen" geschmückt. Ein simpler Animationsfilm sollte anhand eines Apfelbaums erklären, wie Wirtschaft funktioniert. Und das ging so: Der Baum liefert Früchte und Holz für den Hausbau und wächst sich zu einem ganzen Garten voller Apfelbäume aus.

Ideen zur Stärkung der Wirtschaft präsentiert
Spindelegger schlug mehrere konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft vor, u.a. eine neue Form der GmbH, bei der die Höhe der Stammeinlage reduziert wird, eine Entflechtung der Gewerbeordnung und ein Hearing im Parlament, bei dem Unternehmer darstellen, mit welchem unnötigen Bürokratieaufwand sie belastet werden. Der Vizekanzler sprach von einer anderen Art des "U-Ausschusses", bei dem Unternehmer von ihrem Pein berichten sollen.

Die ÖVP will zudem EU-Fördergelder für Klein- und Mittelbetriebe leichter zugänglich machen und Investitionen in Start-up-Unternehmen absetzbar machen und mehr freiwillige Mitarbeiterbeteiligung. Die Körperschaftssteuer dürfe dagegen nicht erhöht und die Gruppenbesteuerung nicht abgeschafft werden.

Spindelegger plädierte erneut für Privatisierungen, auch von Teilen der ÖBB. Der Erlös daraus solle in Forschung und Entwicklung gesteckt werden. Zudem will die ÖVP die Vernetzung von Betrieben im Bereich der Forschung sowie die Vernetzung von Wirtschaft, Universitäten und Fachhochschulen forcieren und Anträge von Zuwanderern mit der Rot-Weiß-Rot-Card rascher abwickeln sowie eine Zentraleuropa-Strategie entwickeln.

SPÖ kritisiert ÖVP als "Schützerin der Superreichen"
Die SPÖ ließ nach dem Seitenhieb Spindeleggers nicht lange auf eine erste Reaktion warten. Die Aussagen des VP-Chefs wurden zwar gelassen aufgenommen, da es sich um eine Parteiveranstaltung handelte, so SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, doch gleichzeitig tadelte sie die ÖVP, sich weiterhin als "Schützerin der Superreichen" zu präsentieren.

Die Volkspartei informierte sie zugleich, dass Gerechtigkeit aus SPÖ-Sicht etwas anderes sei, als die ÖVP darunter verstehe - nämlich den Faktor Arbeit zu entlasten und hohe Vermögen steuerlich stärker heranzuziehen. Wenn die Volkspartei immer von Leistung spreche, dann müsse man schon anmerken, dass Erben eben keine Leistung sei. Und dass jene, die es sich leisten könnten, mehr leisten sollten, sei ohnehin eine Frage der Gerechtigkeit.

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