KV-Streit eskaliert

AUA-Gespräche geplatzt: Umstieg auf Tyrolean kommt

Österreich
30.04.2012 23:03
Fast vier Monate Verhandlungen, zahlreiche Abbrüche und ebenso viele neue Anläufe blieben letztendlich erfolglos: Am Montagabend sind die Gespräche über einen billigeren Kollektivvertrag für die Piloten und Stewardessen der AUA gescheitert. "Es gab keine Einigung", sagte Bord-Betriebsratschef Karl Minhard (Bild) nach den letzten Verhandlungen zwischen Belegschaftsvertretung und Management. "Der Vorstand wird nun den Betriebsübergang auf den Tyrolean-Kollektivvertrag einleiten."

Minhard bedauerte die Entwicklung: "Es ist die schlechteste Lösung, aber wir nehmen sie zur Kenntnis. Jetzt wird man mit dem Betriebsübergang leben, den der Vorstand immer wollte." Der Zeitdruck, den die AUA-Führung aufgebaut habe, sei einfach zu groß gewesen. "Schauen wir uns die nächsten Tage und Wochen an."

Nun werde man sich zunächst mit den Anwälten beraten. Im Vorfeld war von den Gewerkschaftern eine Klagswelle angekündigt worden, sollte der Vorstand mit dem umstrittenen Zwangsumstieg auf die um gut ein Viertel billiger operierende Tyrolean Ernst machen.

Verhandlungen immer wieder verschoben
Am Montagnachmittag schien es noch, als wolle der Vorstand eine einwöchige Nachfrist gewähren, um dem Bord-Betriebsräten doch noch eine breite Zustimmung der Mitarbeiter zu einem im Grund paktierten neuen Abkommen ohne Zwangsumstieg zu ermöglichen. Allerdings sickerte dann durch, dass AUA-Chef Jaan Albrecht wegen der zahlreichen Verschiebungen einer KV-Einigung seitens der Konzernmutter Lufthansa schon selber gehörig unter Druck stand. In der "ZiB 2" des ORF schließlich schloss Albrecht dann Nachverhandlungen endgültig aus: "Wir müssen nun Klarheit schaffen."

Knackpunkt: Fehlende Garantien zu Abfertigungen
Zu den großen Eckpunkten, die auf dem Verhandlungsweg auf der Strecke blieben, zählten für die Belegschaftsvertreter Abfertigungsfragen. Zum einen waren dazu Steuerfragen offen, vor allem aber hätten am Schluss Garantien zum Verbleib im alten gesetzlichen Abfertigungsschema gefehlt, über die es davor schon Einvernehmen gegeben hätte. Minhard meinte, dass man zu einer gütlichen Lösung hätte kommen können, wäre man früher an die Details gegangen. Die Gesprächsbasis sei zuletzt nicht so schlecht gewesen. Nun müsse unter den neuen Umständen das Beste für die Mannschaft herausgeholt werden, auch wenn der Betriebsübergang selbst "ein großes Dilemma wird".

600 Piloten und 1.500 Stewardessen betroffen
Seit drei Monaten hing als Alternative zu einer Verhandlungslösung der nunmehr bevorstehende Zwangsumstieg auf den billigeren Tyrolean-Kollektivvertrag in der Luft. Von der Auslagerung sind knapp 600 AUA-Piloten und rund 1.500 Stewardessen betroffen. Sie werden als Neueintretende in der Tyrolean behandelt. Für die Piloten, die nach dem AUA-Alt-KV entlohnt wurden, sind damit die stärksten Einbußen verbunden, denn automatische Vorrückungen bei den Gehältern und zahlreiche Privilegien werden abgeschafft. Die Stewardessen wiederum haben am wenigsten zu verlieren. Bei dem KV-Wechsel geht es nur um den Flugbetrieb, das Bodenpersonal bleibt bei der AUA angestellt.

Laut AUA wird mit dem Vorstands-Beschluss der gesamte Flugbetrieb per 1. Juli 2012 mit seiner Flotte von rund 80 Flugzeugen und den betroffenen 2.100 Mitarbeitern in der 100-Prozent-Tochter Tyrolean gebündelt. Albrecht sprach von einer "zukunftssichernden Maßnahme" für die AUA. Den Tyrolean-Kollektivvertrag verteidigte der AUA-Boss als vernünftigen Tarifvertrag, der die richtigen Konditionen habe. Dieser Vertrag werde nun ergänzt, um ihn auch auf die Langstreckenflüge anwenden zu können. Der alte AUA-KV habe zu viele Altlasten gehabt. Ein moderner KV, der keine Altlasten in sich trage, sei "von Anfang an das Ziel des Vorstands" gewesen.

43 Austrian-Piloten haben sich - weil sie den Betriebsübergang auf Tyrolean nicht mitmachen wollten - bereits für den vorzeitigen Abgang samt Abfertigung entschieden. Albrecht sagte, er bedaure dies, es seien aber persönliche Entscheidungen, die zu respektieren seien. Selbst wenn in nächster Zeit noch etliche weitere Piloten kündigen sollten, sieht Albrecht auch in der Übergangszeit den Flugbetrieb nicht gefährdet.

Mutter Lufthansa fordert rasche AUA-Sanierung
Eine tief greifende Tarifreform bei der AUA ist Teil eines mehr als 220 Millionen Euro teuren Sparpakets, das die Lufthansa ihrer Tochter AUA auferlegt hat. Es steht nicht viel weniger als eine positive Prognose auf dem Spiel, ob es mit der AUA im Lufthansa-Konzern so weitergehen kann wie bisher. Die Lufthansa hat eine AUA-Sanierung als Priorität erklärt und verlangt vom Vorstand aus Wien, in der ersten Maiwoche Ergebnisse zu liefern.

Doch auch die Lufthansa ist derzeit in Deutschland mit massivem Widerstand der Gewerkschaften konfrontiert. Kernpunkte der Kritik sind das massive Sparpaket und der vom Unternehmen geplante Einsatz von Leiharbeitern. Bei ihren deutschen Operationen will die Lufthansa ebenso an Löhne und Altersversorgung ran.

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