Um knapp 50 Prozent

Beschwerden über Bundesheer 2011 drastisch gestiegen

Österreich
03.04.2012 13:34
Die Beschwerden über das Bundesheer sind im Vorjahr deutlich angestiegen. 2011 gab es 504 Meldungen an die parlamentarische Bundesheerkommission, das ist eine Zunahme um fast 50 Prozent gegenüber 2010, als 337 Beschwerden verzeichnet wurden. Wie Bundesheer-Vertreter am Dienstag betonten, befinde man sich bei den Gesamtbeschwerden aber immerhin unter dem Wert von 2009 - damals gab es 556 Beschwerden.

Den Grund für die aktuelle Zunahme könne man sich nicht genau erklären, erklärte der Vorsitzende der parlamentarischen Bundesheerkommission, Paul Kiss von der ÖVP, am Dienstag bei der Präsentation des Jahresberichts des Gremiums im Parlament. Insgesamt seien im Jahr 2011 3.421 Anfragen an die Kommission herangetragen worden. In 504 Fällen wurden Beschwerdeverfahren eingeleitet, 78 Prozent der Beschwerden wurde Berechtigung zuerkannt.

Rekrutenbeschwerden rückläufig
Von den Beanstandungen waren 17 Prozent von Grundwehrdienern eingebracht worden - damit sank der Anteil der Beschwerden von Grundwehrdienern gegenüber 2010 um 25 Prozent. Die meisten Beschwerden (46 Prozent) wurden erneut von Unteroffizieren eingebracht, gefolgt von Chargen (16 Prozent) und Offizieren (11 Prozent). Der Rest (10 Prozent) kam von sonstigen Personen.

Der Großteil der Reklamationen betraf im Vorjahr den Bereich der Personalangelegenheiten (48 Prozent). Kiss erklärte dazu, es gehe dabei beispielsweise um nicht erfüllte Karrierewünsche oder um Schließungen von Standorten, was für Betroffene zu Problemen wegen längerer Anreisen zum neuen Arbeitsplatz führen könne.

40 Prozent der Beschwerden bezogen sich auf den Bereich Ausbildung und Dienstbetrieb, weitere acht Prozent auf den Bereich der Versorgung. Zwei Prozent der Meldungen betrafen Fragen der militärischen Sicherheit, Disziplin- und Beschwerdeangelegenheiten. Ein Prozent betraf sonstige Angelegenheiten.

Soldatinnen vermehrt unzufrieden
Signifikant zugenommen haben Beschwerden von Soldatinnen (von drei auf 15 Meldungen). Auch hier habe es sich in erster Linie um Personalangelegenheiten gehandelt, so die Kommission. Kiss betonte, die Frauen seien im Heer "voll akzeptiert". Darüber hinaus würde die Anwesenheiten von Soldatinnen in der Truppe das Verhalten der Männer deutlich verbessern.

Ein besonderes Anliegen war Kiss auch das Thema Migration: Die Integration sei im Bundesheer "kaum ein Problem" - es gebe fast keine fremdenfeindlichen oder rassistischen Anwürfe, eine Karriere beim Bundesheer stehe "allen offen".

"Lasse mir Heer nicht madigmachen"
Die Kommission führt auch Beschimpfungen oder Schikanen von Soldaten durch Ausbildner oder Vorgesetzte als Beispiele für Beschwerden an (siehe unten) - diese seien aber Einzelfälle, wie Kiss betonte. Er verwies auf die Gesamtzahl von rund 50.000 Personen, die im Heer Dienst machen, die Zahl der "Unbelehrbaren" sei gering. "Jahr für Jahr haben wir diese Ausreißer, sagte er zu den entsprechenden Beschwerde-Fällen. Man lasse sich das Heer aber dadurch nicht in der Gesamtheit madigmachen, betonte Kiss.

Insgesamt sei das Heer in den letzten zehn Jahren Kiss' Einschätzung nach professioneller geworden und könne sich mit anderen Unternehmen durchaus vergleichen. Verteidigungsminister Norbert Darabos meinte am Dienstag: "Die Empfehlungen der Kommission werden sehr ernst genommen. Gerade in einem Bereich wie dem Bundesheer ist die respektvolle Zusammenarbeit sehr wichtig und auch entscheidend für den Erfolg."

Einige im Beschwerdebericht angeführte Beispiele:

Beschimpfungen: Im Zuge der Grundwehrdiener-Ausbildung tätigten Unteroffiziere laut Bericht wiederholt Aussagen wie "I reiß da in Sack aus und scheiß da in Hals!" oder "Ich bin umgeben von Vollidioten". Auch die Intelligenz der Rekruten wurde von Ausbildnern recht derb in Zweifel gezogen: "Du hast einen Intelligenzquotienten wie eine Bodenfliese", "Sautrottel" oder "Depp" umfasste hier das Repertoire an "unangebrachten Ausdrucksweisen", so die Kommission. Auch Drohungen kamen vor: "Ich werde euch wetzen, bis ihr Blut speibts."

Auch aus der Werbung nahmen Ausbildner Anleihe: Rekruten, die wegen einer Stehbefreiung bei der Exerzierdienstausbildung einen Sessel mitnehmen mussten, wurden "Möbelixkompanie" genannt. Beschwerden wurden mit derben Sätzen wie "Wer sudert, wird pudert" zurückgewiesen.

Schikanen: Weil nach der WC-Reinigung durch einen Rekruten eine Schokoriegelverpackung auch nach mehreren Spülvorgängen obenauf schwimmend vorgefunden wurde, musste der Rekrut gemeinsam mit einem zweiten den gesamten Sanitärbereich erneut grundreinigen. Alle anderen Rekruten mussten in der Zwischenzeit mit dem (schweren) Kampfanzug 3 einen Hügel 30 bis 45 Minuten hinauf- und hinunterlaufen, bis die Reinigung erfolgreich abgeschlossen war.

Ein Grundwehrdiener, der als Kraftfahrer tätig war, sprach einen Oberst irrtümlicherweise als Hauptmann an. Der Oberst erteilte dem Rekruten daraufhin den Befehl, eine "Kampfdeckung" auszuheben. Da der Fortschritt seiner Bemühungen aufgrund der Bodenbeschaffenheit bescheiden war, musste der Rekrut dann an einem anderen Ort weitergraben - insgesamt zwei Stunden lang.

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