Italien-Ausfälle

Hypo Tirol heuer mit 110 Millionen Euro Verlust

Österreich
02.12.2011 20:36
Die Hypo-Tirol Bank rechnet im laufenden Jahr wegen der Kreditausfälle in Italien mit einem Verlust von zumindest 110 Millionen Euro. "Aus derzeitiger Sicht" schließen die Verantwortlichen aber eine Inanspruchnahme von Landes- oder Bundeshilfe aus. Bei den Italien-Ausfällen sieht sich die Bank als Betrugsopfer und bereitet Anzeigen an die Finanzmarktaufsicht und an die Staatsanwaltschaft sowohl in Österreich als auch in Italien vor.

Ausmaß und Zustandekommen der Kreditgeschäfte ließen auf ein "kriminelles Vorgehen" schließen, erklärte Vorstandsvorsitzender Markus Jochum (Bild) am Freitag vor Journalisten. Zum Teil seien die Kredite über dazwischen geschaltete Vermittler ohne persönlichen Kontakt zum Kreditwerber vergeben worden, zudem seien sie mangelhaft dokumentiert. Die Bewertung von Sicherheiten sei unzureichend, es fehle die Sorgfalt bei der Risikoeinschätzung. "Die Geschäfte fallen weitgehend in den Zeitraum 2003 bis 2008", sagte Jochum. Insgesamt handle es sich um über 1.350 Kreditfälle.

"Frisches Geld ist nicht nötig"
Einen akuten Bedarf an frischem Geld wischte Jochum vom Tisch: "Das ist nicht nötig." Die Rekapitalisierung der Italien-Tochter mache rund 120 Millionen Euro, also in etwa den Abschreibungsbedarf aus. Derzeit würden die Eigenmittel bei rund einer halben Milliarde Euro liegen: "Und das ist ein beachtlicher Polster." Angesprochen auf eine etwaige Landeshilfe verwies das Büro von Landeshauptmann Günther Platter auf die laufenden Untersuchungen.

Die Hypo muss nun ihre Italien-Tochter mit 120 Millionen Euro rekapitalisieren. Trotz der Hiobsbotschaft hieß es am Freitag, dass die Bank die Konzern-Eigenkapitalquote bei zumindest 5,8 Prozent halten könne. Das Gesetz sieht ein Minimum von vier Prozent vor. Allerdings schlagen bei den Aufsehern bei Werten zwischen fünf und sechs die Alarmglocken an. Demnach gehen Experten davon aus, dass über kurz oder lang das Land Tirol der Bank wieder mit frischem Kapital unter die Arme greifen muss. In ihrem Halbjahresergebnis 2011 hat die Bank eine Bilanzsumme von 11,2 Milliarden Euro ausgewiesen.

"Die Einlagen der Kunden und der Bestand der Bank sind gesichert", hob Aufsichtsratsvorsitzender Wilfried Stauder hervor. Die Probleme seien zum Großteil "hausgemacht" und auf eine "Großmannsucht" vergangener Jahre zurückzuführen. Er habe bereits in den Vorjahren laufend eine Prüfung der Risikosituation verlangt. Diese Vorgaben seien aber vom damaligen Vorstand nicht umgesetzt worden bzw. seien "Fragen unter Vorschub beschönigender Fakten nicht wahrheitsgemäß" bewertet worden. Die Bank werde sich künftig im Italien-Geschäft auf den Kernmarkt Südtirol und Trentino konzentrieren. Die faulen Kredite fielen in das Gebiet südlich der Linie Mailand-Venedig, zum Teil bis nach Süditalien.

Opposition fordert Aufklärung
Die Tiroler Oppositionsparteien Liste Fritz und Grüne stellten nach Bekanntwerden der Abschreibungen die Frage nach der Notwendigkeit einer Landes- bzw. Staatshilfe. "Jetzt müssen die Fakten schonungslos auf den Tisch, die Tiroler Steuerzahler haben ein Recht zu wissen, ob sie der Landesbank Millionen zuschießen müssen und ob die Hypo Landes- und Staatshilfe braucht", erklärte der Klubobmann der Liste Fritz, Bernhard Ernst.

Ähnlich sah das der grüne Landtagsabgeordnete Gebi Mair: Zunächst müsse einmal abgewartet werden, wie hoch der Kapitalbedarf der Bank sei. "Es kann aber nicht sein, dass wir eine Landesbank haben und jedes Jahr Geld nachzahlen müssen", argumentierte Mair. Schließlich habe das Land Tirol 2009/10 schon 100 Millionen Euro nachgeschossen.

Die Tiroler FPÖ forderte eine "lückenlose Aufklärung des Hypo-Italien-Desasters".

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