SPÖ regt Prüfung an

Ehrenbürger Hitler: Rechtliche Folgen für FPÖ-Mandatare?

Niederösterreich
25.05.2011 15:05
Immer höhere Wellen schlägt die Stimmenthaltung zweier FPÖ-Mandatare bezüglich eines Antrags auf Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in Amstetten. Nachdem bereits Rücktritts- und Parteiausschluss-Forderungen laut wurden, regte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am Mittwoch gar eine Prüfung an, ob sich die beiden Gemeinderäte im Sinne der Wiederbetätigung strafbar gemacht haben.

Am Dienstagabend hatte der Gemeinderat der niederösterreichischen Stadt mit großer Mehrheit für die Aberkennung von Hitlers Ehrenbürgerschaft gestimmt. Die Enthaltung der FPÖ reihe sich laut Jarolim ein in eine Kette an "untragbaren blauen Anbiederungen an das braune Lager und Gedankengut". Das Verhalten der beiden FPÖ-Gemeinderäte werde auch noch von der FPÖ-Bundespartei, allen voran Generalsekretär Herbert Kickl, unterstützt, kritisierte der SPÖ-Justizsprecher. Der Rücktritt der beiden Amstettener FPÖ-Mandatare und eine Entschuldigung Straches sei für ihn das Mindeste, das hier angebracht sei.

FPÖ-Generalsekretär stellt sich hinter Mandatare
Kickl wischte indessen alle Vorwürfe gegen seine Partei beiseite. Es sei klare Rechtsposition, dass Ehrenbürgerschaften mit dem Tod der jeweiligen Person erlöschen würden, betonte Kickl. Wie solle nun rechtlich etwas abschafft werden, was es rechtlich gar nicht mehr gebe. Genau auf diesen Sachverhalt und auf nichts anderes sei das Abstimmungsverhalten der freiheitlichen Gemeinderäte zurückzuführen, so der Freiheitliche.

In der Sitzung des Amstettener Ortsparlaments am Dienstag zur Causa "Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers" hatten sich die beiden anwesenden FPÖ-Mandatare (zwei weitere waren krank, einer arbeitsbedingt entschuldigt) der Stimme enthalten - was laut Orstchef Herbert Katzengruber im Sinne einer Ablehnung zähle.

FPÖ verweist auf Papier des Alliierten Kontrollrats
Dass es daran Kritik geben werde, sei ihr klar gewesen, so FP-Stadträtin Brigitte Kashofer. Aber: "Für mich war die übereilte Aktion der SPÖ die eigentliche Katastrophe." Mit diesem Symbol habe man in der Öffentlichkeit den falschen Eindruck hinterlassen, dass der NS-Diktator noch Ehrenbürger gewesen sei. Die Frei­heit­li­chen sahen sich außer­stande, "etwas zu wider­ru­fen, das gar nicht exis­tiert".

Die Ehrenbürgerschaft sei bereits seit 65 Jahren nicht mehr aufrecht, erklärte Kashofer. "Tatsache ist, dass allen Kriegsverbrechern gemäß Artikel VIII, Ziffer II, Buchstabe i der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrats vom 12. Oktober 1946 generell die Ehrenbürgerschaft in Österreich und Deutschland entzogen worden ist", rechtfertigt sich die FPÖ Amstetten auch auf ihrer Homepage. Zusätzlich gebe es in Niederösterreich eine Klausel, wonach jede Ehrenbürgerschaft mit dem Tode erlösche.

Grüne zweifeln an "Ausrede" der Freiheitlichen
Die Grünen wollen das so nicht gelten lassen. Gemeinderat Raphael Lueger, der mit der Sache vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit gegangen war, zweifelte an der "Ausrede" der FPÖ. "Dass diese Aussage nicht stimmt, zeigt alleine die Tatsache, dass sich die Gemeinde nach dem Tod eines jeden Ehrenbürgers um dessen Grab kümmern muss. Darüber hinaus werden von der Stadtgemeinde Amstetten auch alljährlich an diesen Ehrengräbern Kränze niedergelegt", meinte er.

Der grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger unterstützte seinen Parteikollegen am Mittwoch. Dass die FPÖ Amstetten ihre angebliche Stimmenthaltung damit begründe, dass die Direktive 38 des Alliierten Kontrollrates im Jahr 1946 ohnehin die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft vorsehe, sei für ihn bezeichnend. "Die FPÖ Amstetten hat offensichtlich bis heute nicht mitbekommen, dass der Alliierte Kontrollrat in Deutschland eingerichtet war. In Österreich gab es einen Alliierten Rat - der hat aber keine Direktive 38 erlassen. Die FPÖ ist mit ihrem Geschichtsbild im Jahr 1945 steckengeblieben", so Öllinger.

Öllinger sieht Handlungsbedarf bei weiteren Gemeinden
Öllinger führte am Mittwoch noch einige andere Gemeinden an, von denen bekannt ist, dass sie Adolf Hitler oder anderen mehr oder minder bekannten Nazigrößen die Ehrenbürgerschaft verliehen haben. "Waidhofen/Ybbs, Kufstein (Tirol) und Schalchen im Innkreis(Oberösterreich) haben sich bisher geweigert, Hitler die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Mauterndorf im Lungau hält an der Ehrenbürgerschaft für Hermann Göring fest - und einige andere Gemeinden gibt es auch noch, die Handlungsbedarf haben", so Öllinger.

Andere Gemeinden haben nach Angaben Öllingers in den vergangenen Jahren Hitler die Ehrenbürgerschaft entzogen: Rohrmoos/Untertal (Steiermark) 2005, Haslach/Mühl (Oberösterreich) im Jahr 2004, Puchenstuben (Niederösterreich) 2003 und Leibnitz (Steiermark) im Jahr 1995. Kramsach (Tirol) habe eine typisch österreichische Variante gewählt: der Gemeinderat habe sich von der Ehrenbürgerschaft distanziert, sie aber formell nicht aufgehoben.

Der Bürgermeister von Schalchen, Stefan Fuchs (SPÖ), widersprach noch am Mittwoch den Aussagen Öllingers. Die Gemeinde habe die Ehrenbürgerschaft für Adolf Hitler bereits 1998 aberkannt, teilte Fuchs mit. Der Gemeinderat habe sich damals damit befassen müssen, weil man noch "in der blöden Lage" gewesen sei, dass die Ehrenbürgerschaft bestanden habe. Der Beschluss zur Aberkennung sei einstimmig erfolgt.

Waidhofen an der Ybbs kündigt Feststellungsbeschluss an
Auf jene Klausel, wonach in Niederösterreich jede Ehrenbürgerschaft mit dem Tode erlösche, bezog sich am Mittwoch auch der ÖVP-Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs, Wolfgang Mair. Trotz der für ihn rechtlich klaren Lage, werde der Gemeinderat der Stadt in seiner nächsten Sitzung einen Feststellungsbeschluss veranlassen, "um in einer bereits gegebenen Tatsache, nämlich dass Adolf Hitler nicht Ehrenbürger der Stadt Waidhofen ist, alle Unklarheiten auszuräumen", kündigte Mair an.

Beschluss auch in Kufstein gefordert
Einen Aberkennungsbeschluss für die Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers forderte der Tiroler BZÖ-Chef Gerhard Huber am Mittwoch auch in der Gemeinde Kufstein. Es gehe nicht darum, ob die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod ende, sondern es gehe darum, ein Zeichen des Respekts und der Versöhnung gegenüber den unschuldigen Opfern des Dritten Reiches zu setzen, appellierte Huber an die verantwortlichen Tiroler Kommunal- aber auch Landespolitiker.

Huber forderte des weiteren Tirols Gemeinden auf, ihre Ehrenbürgerschaften der letzten Jahrzehnte zu durchleuchten und für jene Personen, die im Verdacht stehen, für ein Regime gegen die Menschlichkeit gehandelt zu haben, ebenfalls einen Aberkennungsbeschluss zu fassen.

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