In Salzburg in Haft

Richterin: Sanader-Auslieferung an Kroatien zulässig

Österreich
09.05.2011 14:09
Die Auslieferung des unter Korruptionsverdacht stehenden kroatischen Ex-Premiers Ivo Sanader nach Kroatien ist zulässig. Wie der Präsident des Landesgerichts Salzburg, Hans Rathgeb, am Montag mitteilte, habe die zuständige Richterin so entschieden. Sanader-Anwalt Werner Suppan kündigte umgehend eine Beschwerde dagegen an, weil in Kroatien kein faires Verfahren zu erwarten sei.

Der frühere kroatische Premierminister war am 10. Dezember 2010 auf der Tauernautobahn in Salzburg festgenommen und anschließend in Auslieferungshaft genommen worden. Kroatien hat seine Auslieferung beantragt. Die dortige Justiz wirft Sanader Amtsmissbrauch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor.

Durch dubiose Transaktionen über ihm nahe stehende Firmen soll er das kroatische Staatsbudget um sechs Millionen Euro geschädigt haben. Das Geld soll unter anderem in Geheimfonds der heute noch regierenden rechtskonservativen Partei Kroatische Demokratische Gemeinschaft geflossen sein. Außerdem ermittelt in Österreich die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Sanader wegen des Verdachts der Geldwäsche.

Sanader bleibt in Auslieferungshaft
Der kroatische Ex-Premier wird vermutlich noch einige Wochen in der Salzburger Justizanstalt in Haft bleiben. Sein Anwalt hat nun 14 Tage Zeit, um den Beschwerde-Schriftsatz an das Oberlandesgericht Linz zu übermitteln. Dann könne es noch einige Wochen dauern, bis das OLG eine Entscheidung fällt.

Laut Landesgerichts-Präsident Hans Rathgeb sei die Auslieferung Sanaders nach Kroatien deshalb als zulässig erklärt worden, "weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen". Die vor mehreren Wochen von der österreichischen Justiz beantragten Auslieferungsdokumente der kroatischen Behörden sind am vergangenen Freitagnachmittag in Salzburg eingelangt. Deshalb konnte die Haft- und Rechtsschutzrichterin am Montag über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden.

Antrag auf Kaution abgelehnt
Sanader-Anwalt Werner Suppan hatte beantragt, die Haft durch gelindere Mittel zu ersetzen. Es sollte eine Kaution hinterlegt werden. Gerüchten zufolge wurde dafür schon eine Wohnung für den Ex-Premier in Salzburg organisiert. Doch aufgrund des aktuellen Gerichtsbeschlusses, dass die Auslieferung zulässig sei und weiterhin Fluchtgefahr bestehe, wurde keine Haftentlassung gewährt.

Sanader, der alle Vorwürfe bestreitet, möchte sich vor einem österreichischen Gericht verantworten. Laut seinem Anwalt sind in Kroatien die Voraussetzungen für ein faires Gerichtsverfahren im Sinne der Menschenrechtskonvention nicht gegeben. Suppan untermauerte seine Position in einer 50 Seiten umfassenden Analyse eines Expertenteams, die er im März dem Landesgericht vorgelegt hatte.

Der kroatische Präsident Ivo Jospivoc hingegen erklärte am Montag, Sanader könne wie jeder andere Bürger ein faires Verfahren in Kroatien erwarten. Ein Prozess gegen den Ex-Premier in seiner Heimat werde außerdem unter dem Vergrößerungsglas, nicht nur der kroatischen, sondern auch der internationalen Öffentlichkeit stehen, so Josipovic. "Ich bin überzeugt davon, dass unsere Justiz ein gerechtes Urteil finden wird."

Österreich-Konten teilweise freigegeben
Indes sind die österreichischen Konten von Sanader laut dessen kroatischen Anwalt Goran Suic teilweise wieder freigegeben worden, berichtete die Agentur Hina. "Wir haben die Entscheidung der österreichischen Staatsanwaltschaft von der Abteilung Korruptionsbekämpfung erhalten, die seine Konten entsperrt haben. Denn die Ermittlungen haben ergeben, dass es keine Unrechtmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten gibt", so Suic im öffentlichen kroatischen Radio HR am Montag.

Eva Habicher, Sprecherin der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien, bestätigte diese Angaben. Die Entsperrung betreffe jene Gelder, bei denen der Verdacht der Geldwäsche nicht erhärtet werden konnte. Um welche Summen es sich dabei handelt, konnte sich nicht sagen. Doch auch wenn ein Teil der Gelder freigegeben wurde, dürften Sanader bzw. dessen Angehörige noch keinen Zugriff darauf haben: Denn die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die im Rechtshilfeweg für die kroatischen Behörden ebenfalls in der Sache ermittelt, hat ihre Kontensperre noch nicht aufgehoben, sagte Hansjörg Mayr, der Sprecher der Innsbrucker Strafverfolgungsbehörde, am Montagabend.

Eine Tiroler Bank hatte nach der Festnahme Ivo Sanaders in Österreich Anzeige wegen Verdachts auf Geldwäsche erstattet, die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hatte Ermittlungen eingeleitet. Auf seinem Konto oder einem Konto eines Familienmitglieds sollen sich 1,3 Millionen Euro befinden. Sanaders Anwalt Suic beteuerte, dabei handle es sich um Geld, das Sanader "vor seiner politischen Tätigkeit in Kroatien im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit verdient hat".

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