8.000 € pro Haushalt

Tepco zahlt erste Entschädigungen an Betroffene

Ausland
15.04.2011 12:27
Die Region rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima 1 ist seit der verheerenden Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe unbewohnbar. Der AKW-Betreiber Tepco ist nun zu ersten Entschädigungszahlungen für Haushalte innerhalb eines Umkreises von 30 Kilometern um das zerstörte Atomkraftwerk bereit. Das Unternehmen wolle pro Haushalt rund eine Million Yen (rund 8.000 Euro) zahlen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Zudem begannen die Planungen für einen Wiederaufbau der zerstörten Gebiete.

Innerhalb der 30-Kilometer-Sicherheitszone gab es etwa 48.000 Haushalte. Konzernchef Masataka Shimizu versprach am Donnerstag, dass das Geld schnell überwiesen werde. Ein-Personen-Haushalte bekämen allerdings nur 750.000 Yen (rund 6.200 Euro), kündigte Shimizu an.

Tepco betreibt das zerstörte Atomkraftwerk Fukushima 1, aus dem seit Wochen Radioaktivität austritt, welche die Umgebung verseucht. Als Folge müssen viele Landwirte und Fischer in der Region um ihre Existenz fürchten.

Am Donnerstag hatten von der Katastrophe betroffene Landwirte dem Tepco-Chef einen Protestbrief übergeben. In dem Schreiben kritisieren die Bauern, Tepco habe sie bisher nicht über die negativen Folgen der radioaktiven Stoffe aufgeklärt und sich nicht bei ihnen entschuldigt. Wegen der radioaktiven Strahlung und den Handelsbeschränkungen für Waren aus der Region müssten Bauern sogar über die endgültige Aufgabe ihrer Höfe nachdenken. Sie forderten schnelle Entschädigungszahlungen.

Wiederaufbau-Steuer fraglich
Unklar ist dagegen noch immer, ob das Land eine Sondersteuer zur Finanzierung der von Tsunami und Erdbeben zerstörten Gebiete einführen will. "Die Regierung würde sich die endgültige Entscheidung vorbehalten", sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Freitag in Tokio. Eine von der Regierung einberufene Expertenrunde hatte am Donnerstag die Einführung der Steuer empfohlen. Es sei allgemein anerkannt, dass der Wiederaufbau eine riesige Menge Geld kosten werde, sagte Edano. Lebensversicherer beziffern laut Nachrichtenagentur Kyodo ihrer Zahlungen infolge der Naturkatastrophe inzwischen auf 200 Milliarden Yen (rund 1,65 Milliarden Euro).

"Lebenswerteste Region der Welt"
Auch die Planungen für einen Wiederaufbau der zerstörten Gebiete hat bereits begonnen. Bei einem ersten Treffen des zuständigen Gremiums forderte Ministerpräsident Naoto Kan am Donnerstag, der Wiederaufbaubau müsse Vorbildcharakter haben. Er wünsche sich einen Plan, der die Region zur lebenswertesten der Welt mache, sagte Kan. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo schwebt dem Regierungschef eine neue Öko-Stadt weiter im Landesinneren für etwa 50.000 bis 100.000 Menschen vor.

Sie soll allen Einwohnern der Evakuierungszonen Platz bieten, sollte sich herausstellen, dass sie wegen der radioaktiven Strahlung nie mehr in ihr altes Zuhause zurückkehren können. Bis Juni soll das Gremium seine Vorschläge ausgearbeitet haben.

Arbeiter kämpfen gegen Wasserstoffexplosion
Unterdessen versuchen Tepco-Arbeiter weiter, durch Stickstoffzugaben erneute Wasserstoffexplosionen in Reaktor 1 zu verhindern. Nach Angaben der Atomaufsichtsbehörde soll in Kürze auch in die beiden anderen havarierten Reaktoren Stickstoff eingefüllt werden. Zudem installierten die Arbeiter am Freitag weitere Stahlplatten nahe der Meerwasserzufuhr des Reaktors 2, wie Kyodo meldete. Tepco wolle Sandsäcke mit dem Mineral Zeolith, das radioaktives Material absorbiert, nahe der Anlage ins Meer werfen, um die radioaktive Verseuchung des Meeres zu verringern, hieß es.

Trotz aller Maßnahmen nimmt die Verseuchung des Grundwassers im direkten Umfeld des havarierten Kraftwerks allerdings weiter zu. Die Konzentrationen von radioaktivem Jod und Cäsium im Grundwasser haben in einer Woche mehrere Dutzend Mal zugenommen, teilte Tepco mit. Nach neuesten Erkenntnissen seien die Konzentrationen von Jod-131 von 72 auf 400 Becquerel und von Cäsium-134 von 1,4 auf bis zu 53 Becquerel angestiegen. Aussagen über Gefahren für die Gesundheit sind mit diesen Angaben jedoch nicht möglich.

Kernreaktion sehr unwahrscheinlich
Momentan ist also nicht abzusehen, wann das havarierte AKW wieder repariert sein könnte. Atomexperten können am Freitag allerdings auch erstmals eine positivere Nachricht übermitteln. In den Atomruinen von Fukushima hätten sich ihrer Einschätzung nach nur kleine Mengen an geschmolzenem Brennstoff am Boden der Druckkessel angesammelt, wie die Atomic Energy Society of Japan, eine Gruppe von Wissenschaftlern zur Förderung der friedlichen Nutzung von Nuklearenergie, mitteilte.

Die Körner an geschmolzenem Brennstoff haben nach Erkenntnissen der Experten einen Durchmesser von mehreren Millimetern bis zu einem Zentimeter und scheinen flach am Boden der Kessel zu liegen. Dies schließe die Möglichkeit, dass es zu einer Kernreaktion kommt, so gut wie aus. Eine große Menge würde die Gefahr bergen, dass sie die Reaktorgehäuse beschädigen und zu großen radioaktiven Lecks führen, hieß es.

Stabilsierung dauert noch Monate
Selbst wenn die derzeit laufenden Bemühungen zur Stabilisierung der Lage ohne Probleme aufrechterhalten werden, dürfte es nach Einschätzung der Experten mindestens noch zwei bis drei Monate dauern, bis sich der Kernbrennstoff stabilisiere.

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