"Rechtsruck"

Reaktionen der ausländischen Presse

Politik
29.09.2008 11:21
Der Erfolg von BZÖ und FPÖ bei der Nationalratswahl sorgt erwartungsgemäß für gehöriges Medienecho im Ausland. Neben dem "Desaster des alten Regimes" konzentrieren sich die ausländischen Medien auf die starken Zugewinne der "extremen Rechten".

"taz" (Berlin):
"Die Rechten schlagen zu. (...) Eine Koalition der Verlierer zeichnet sich nach den Nationalratswahlen vom Sonntag in Österreich ab. Da die Grünen zu schwach sind, um den Mehrheitsbeschaffer zu spielen, bleibt nur eine Neuauflage der großen Koalition, die in diesem Fall erstmals weniger als zwei Drittel der Mandate auf sich vereinigen würde. Die Koalitionsverhandlungen dürften aber langwierig werden. Die ÖVP verstand schon den zweiten Platz 2006 als peinliches Missverständnis der Wähler. Dass sie sich jetzt gleich als Juniorpartner in die Arme der SPÖ wirft, ist nicht zu erwarten. Eine Allianz mit den Rechten dürfte zumindest sondiert werden."

"New York Times":
"Die ausländerfeindlichen rechtsextremen Parteien haben von der großen Unzufriedenheit der Bürger profitiert und beinahe ein Drittel der Stimmen bei den Parlamentswahlen erreicht. Die beiden Parteien der Mitte erlitten bedeutende Verluste, obwohl sie die Mehrheit erreichen konnten und damit ihre brüchige und unbeliebte Koalition wiedererrichten könnten. (...) Die Wahl war kein Referendum über Migration, sagte OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Es war in erster Linie die Enttäuschung über die funktionsunfähige Regierung, die zu diesem Resultat führte."

"Corriere della Sera" (Mailand):
"Triumph der extremen Rechten in Österreich. Die regierende Koalition fällt erstmals unter 60 Prozent, während FPÖ und BZÖ von Haider zusammen auf 30 Prozent kommen. Ein Sieg nach Zahlen der SPÖ (Sozialdemokraten), aber ein politischer und symbolischer Sieg der extremen Rechten bei den heutigen vorgezogenen Parlamentswahlen in Österreich. (...) Wenn sich die Daten bestätigen, handelt es sich um das schlechteste Resultat seit Ende des Zweiten Weltkriegs für die beiden Großparteien (SPÖ und ÖVP, Anm.). Eine Stimmenlawine hingegen für die extreme Rechte: Die FPÖ, deren Anführer Heinz-Christian Strache sofort den Anspruch auf den Kanzler in der neuen Regierung erhoben hat, erreicht 17,9 Prozent."

"stern" (Hamburg):
"Österreich erlebt einen Rechtsruck. Die rechten Parteien FPÖ und BZÖ haben bei den Parlamentswahlen am Sonntag knapp 30 Prozent der Stimmen errungen. Besonders die BZÖ des Rechtspopulisten Jörg Haider legte deutlich zu. Sozialdemokraten und Konservative verloren Stimmen. Die Regierungsbildung wird schwierig. Haider tönte, er werde nur als Kanzler nach Wien gehen."

"Yedioth Aharonoth" (Jerusalem):
"Nach den massiven Zugewinnen für die Parteien der extremen Rechten stellt sich die Frage, wie die Welt reagieren wird. Der Blick der gesamten Welt richtete sich am Sonntag auf Österreich, als klar wurde, dass die großen Gewinner jene Parteien waren, die als rechtsextrem angesehen werden. (...) Während die westliche Welt diese beiden Parteien als rechtsextrem einstufen könnte, sehen die Österreicher selbst sie nicht unbedingt als radikal an."

"The Times" (London):
"Die extreme Rechte hat in Österreich ein großes Comeback gefeiert und ging aus den Wahlen als zweitgrößter Block hervor. (...) Die österreichischen Wähler dürften beide Parteien (die ÖVP und die SPÖ) für ihre Unfähigkeit bestraft haben, zusammen zu regieren. Experten meinen, der Aufstieg der extremen Rechten spiegle die Unzufriedenheit der Wähler mit dem Versagen der Mitteparteien, eine funktionierende Regierung zu bilden, wider. Doch ihr Erfolg beruht auch auf den zunehmenden Ängsten (der Bürger) vor Einwanderung und (dem Verlust) von Einfluss in der Europäischen Union."

"El Pais" (Madrid):
"Die extreme Rechte legt los bei den österreichischen Nationalratswahlen. Die Ultranationalisten von Strache und die Extremisten von Haider sind trotz des Sieges der Sozialdemokraten die Schattensieger. Die österreichische extreme Rechte ist in Feierstimmung nach der Strafwahl bei den heute in dem Land abgehaltenen Nationalratswahlen. Trotz des Sieges der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) haben die zwei Formationen der populistischen Rechten, die Freiheitliche Partei (FPÖ) von Heinz-Christian Strache und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) von Jörg Haider, als einzige ihre Unterstützung ausgebaut im Angesicht des Falls der Sozialisten und der Konservativen. (...) Letztlich haben die Wähler die Regierung für die politische Krise abgestraft."

"Süddeutsche Zeitung" (München):
"Desaster des alten Regimes. Seit 1945 haben SPÖ und ÖVP nicht mehr so schlecht bei Parlamentswahlen in Österreich abgeschnitten. Der Parteienegoismus hat seine Antwort durch die Bürger bekommen. Österreich erlebt einen dramatischen Rechtsruck. Es ist noch schlimmer gekommen, als sich dies die zugleich zornigen und verzagten Österreicher ausgemalt hatten. (...) Dass es dabei die Volkspartei (ÖVP) noch stärker getroffen hat, ist nur gerecht (...). Die ÖVP hat mit den alten Apparatschiks weitergemacht. Deren Ende ist nahe. Der amtierende Vizekanzler Wilhelm Molterer, der sich mit viel Witz und Taktik gegen den Willen seiner ÖVP als Kanzlerkandidat durchgesetzt hatte, wird abtreten müssen. Mit ihm aber wird sich die ÖVP auch eines düsteren Geistes entledigen können - des früheren Kanzlers Wolfgang Schüssel, der als Fraktionschef die zersetzende Politik der letzten Jahre wesentlich mitverantwortet hat."

"The Guardian" (London):
"Österreich wurde gestern von einem politischen Erdbeben erschüttert, als die neo-faschistische Rechte erstmals gemeinsam als stärkste politische Kraft des Landes aus einer Parlamentswahl hervorgingen. (...) Die beiden großen Parteien, die Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg regiert hatten, stürzten auf historische Tiefststände ab. (...) Die extreme Rechte profitierte von der Enttäuschung der Bürger mit den beiden großen Parteien, die im Jahr 2006 Monate gebraucht hatten, um eine 'Große Koalition' zu bilden und dann 18 Monate lang durch interne Streitigkeiten gelähmt waren. Die gleiche Situation könnte sich jetzt wiederholen, wenn auch unter anderen Parteiführern."

"Neue Zürcher Zeitung" (Zürich):
"Die Quittung der Verulkten (...) Die Wählerinnen und Wähler sind berechenbarer als die Politiker. Sie haben den beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP jene Quittung verpasst, die diese mehr als verdient haben. Es ist die Quittung für anderthalb Jahre großer Koalition, für anderthalb Jahre kleinlichen Feilschens um kurzfristige Vorteile, für anderthalb Jahre eifersüchtigen Gezänks unter Rivalen (...). Dass die beiden Großparteien im Wahlkampf (...) das Wahlvolk aber auch noch nach Strich und Faden verulken und veräppeln würden, indem sie sich in immer groteskeren Wahlversprechen überboten, konnte nur noch mit Fassungslosigkeit mitverfolgt werden. Selbst die dümmsten Wählenden sind nicht so dumm, dass sie nicht genau wussten, wie sie sich angesichts solcher grenzenloser Anbiederung zu verhalten haben: Sie geben die Stimme jenen, die den Populismus als Programm pflegen. (...) Die eigentlichen Gewinner heißen FPÖ und BZÖ oder besser: Heinz-Christian Strache und - das Irrlicht ist wieder da - Jörg Haider. (...) Man kann erahnen, wie schwierig es sein wird, aus diesem Schlamassel wieder eine handlungsfähige Regierung zu bilden."

"Le Monde" (Paris):
"Starke Zugewinne für die extreme Rechte in Österreich. Nach ersten Hochrechnungen haben die beiden Parteien der extremen Rechten ein historisches Ergebnis bei den österreichischen Parlamentswahlen erzielt. Die Sozialdemokraten lagen trotz Verlusten vorne, auf Kosten der Konservativen."

"POP TV" (Ljubljana/Laibach):
"'Die Zugewinne der extremen Rechten sind alarmierend und schockierend' (Zitat des Kärntner Slowenen und LIF-Kandidaten Rudi Vouk im Titel, Anm.) Den Rechtsextremisten ist ein großer Durchbruch gelungen, die gemeinsam 30 Prozent der Stimmen erreicht haben. (...) Bei den Wahlen 1999 war Jörg Haider der reale Sieger. Damals hat ihn Volkspartei-Chef Wolfgang Schüssel als Koalitionspartner in die Regierung genommen. Wegen seiner kontroversiellen Standpunkte verhängte die EU Sanktionen über Österreich, Haider zog sich in die Lokalpolitik zurück und setzte seine Karriere als Landeshaterreich gibt den Sozialdemokraten die Macht, und der extremen Rechten mehr Unterstützung. Die beiden Parteien der extremen Rechten waren dank einer Denkzettelwahl für die beiden großen Parteien die einzigen Kräfte, die zulegen konnten."

"Spiegel Online" (Hamburg):
"Triumph für die Rechtspopulisten in Österreich: Die rechte FPÖ und Jörg Haiders BZÖ konnten ihren Stimmenanteil fast verdoppeln. Die Regierungsparteien müssen schwere Verluste hinnehmen. Die sozialdemokratische SPÖ bleibt laut Hochrechnungen zwar stärkste Partei - aber mit nur noch 29,2 Prozent der Stimmen."

"Frankfurter Rundschau":
"Ein Volk geht nach rechts. So viele Stimmen wie gestern in Österreich hat in Europa seit 1945 keine rechtsradikale Gruppierung mehr bekommen. (...) Waren es die zänkischen, kompromissunfähigen Sozial- und Christdemokraten, die die Rechten so stark gemacht haben? Das ist bestenfalls ein Teil der Wahrheit. Es waren schließlich die Rechten selbst, die die kläglich gescheiterte große Koalition überhaupt erst gestiftet haben."

"La Repubblica" (Rom):
"Die Sozialdemokraten führen, aber die extreme Rechte konnte zulegen. Nach vielen Jahren ist der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, der seine Stimmenanzahl verdreifachen konnte, wiederauferstanden."

"Neue Zürcher Zeitung":
"Die SPÖ reagiert unbeeindruckt auf Schlappe und rechten Wahltriumph. Rechtsparteien weiterhin zerstritten. Österreichs Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben am Sonntag historisch schlechte Wahlresultate erzielt. Die SPÖ bleibt aber stärkste Kraft im Land und will weiterhin den Regierungschef stellen - wohl in einer neuen Großen Koalition mit der ÖVP."

"Focus Online" (München):
"30 Prozent für rechte Parteien. Die Rechtspopulisten können bei der Parlamentswahl in Österreich jubeln: FPÖ und BZÖ verdoppelten ihren Stimmenanteil nach ersten Hochrechnungen fast. Stärkste Kraft ist die SPÖ."

"Berliner Zeitung":
"Die bittere Schlussfolgerung ist: Nicht die Schwäche der Demokraten ist das Problem, sondern die Stärke der Rechten. Deren Wähler wissen, was sie wollen: Österreichs Reichtum gerechter verteilen - und niemanden von außen daran teilhaben lassen. Man sehnt sich nach den Siebziger-, nicht nach den Dreißigerjahren. Man will wieder die "Insel der Seligen": einen Nationalstaat mit viel sozialer Kontrolle und "Wärme" und gern auch mit vielen "Fremden", sofern diese nach drei Wochen wieder abreisen. Eine rote Ampel gegen Abzweigungen nach rechts außen, wie sie überall sonst auf dem Kontinent vom Strom der Geschichte gespeist wird, gibt es in Österreich nicht."

"Die Welt" (Berlin):
"In Österreich hat das rechte Lager mit deutlichen Stimmengewinnen seine Rückkehr gefeiert. Die beiden rechtspopulistischen Parteien FPÖ und Jörg Haiders BZÖ kamen gemeinsam auf fast 30 Prozent der Stimmen und wären vereint die stärkste Partei. Die Sozialdemokraten gewannen die Wahl trotz Verlusten. (...) Trotz der Verluste für SPÖ und ÖVP gilt eine Neuauflage der großen Koalition unter SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann als wahrscheinlich. (...) Sollte sich die ÖVP verweigern, könnte eine SPÖ-Minderheitsregierung mit Duldung von FPÖ, BZÖ und Grünen die Folge sein."

"Bild-Zeitung" (Berlin):
"Rechte jubeln in Österreich. FPÖ und BZÖ können Stimmenanteil fast verdoppeln, SPÖ bleibt stärkste Partei. (...) Die Folgen für Österreich sind noch unklar. Im Wahlkampf schlossen die etablierten Parteien immer eine Zusammenarbeit mit den Rechten aus. Dennoch stand die Sorge vor einer Wiederholung der alpenländischen Geschichte im Raum: Im Jahr 2000 hatte die konservative ÖVP mit der FPÖ als zweitstärkste Kraft eine umstrittene Regierungskoalition unter ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gebildet. Dies hatte nachhaltige Konsequenzen für das südliche Nachbarland Deutschlands: EU-Sanktionen und außenpolitische Isolierung."

"Tagesspiegel" (Berlin):
"Bei den Parlamentswahlen in Österreich wurden die Sozialdemokraten die stärkste Kraft. Ungetrübt ist dieser Sieg nicht: Die rechten Parteien FPÖ und BZÖ konnten die Anzahl ihrer Stimmen zusammen fast verdoppeln."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):
"Rechtspopulisten feiern Wahltriumph. Bei den Wahlen in Österreich haben die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP massive Verluste hinnehmen müssen. Die SPÖ bleibt gemäß ersten Hochrechnungen die stärkste Partei."

"SME" (Bratislava/Preßburg):
"Haider und die Populisten triumphierten bei der Wahl. Die bisherigen Regierungspartien, die Sozialdemokraten und die Volkspartei, haben bei den vorgezogenen Parlamentswahlen schwere Verluste erlitten. Die Abstimmung zeigte laut ORF-Hochrechnungen einen Triumph der rechten Parteien - der FPÖ und des BZÖ, die 30 Prozent der Stimmen erreichten."

"Vecernji list" (Zagreb):
"Die Sozialdemokraten haben am meisten Stimmen erhalten, aber die extreme Rechte hat gesiegt. Der wahre Sieger ist die extreme Rechte, da die FPÖ und das BZÖ gemeinsam rund 30 Prozent der Stimmen erreicht haben. Die SPÖ errang 29 Prozent der Stimmen."

"B-92" (Belgrad):
"Die SPÖ ist der Sieger der österreichischen Parlamentswahl, die Rechte verbuchte einen großen Erfolg. Den größten Erfolg notierte die extrem rechte FPÖ von Heinz-Christian Strache mit 17,9 Prozent der Stimmen, 6,8 Prozent mehr als im Jahre 2006. Diese Partei widmete im Wahlkampf eine besondere Aufmerksamkeit der serbischen Gemeinschaft in Österreich, die von anderen Parteien bis vor kurzem vernachlässigt wurde."

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