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14.11.2021

Handwerk

So viele Chancen und Ausbildungswege, aber keine Orientierung?

Jugendliche sind oftmals überfordert mit der Entscheidung, wenn es darum geht, sich für einen Weg in die Berufswelt zu entscheiden. Das liegt zum einen am Alter, der fehlenden Talentfindung, Informationsdefiziten und zum Teil auch am Einfluss aus dem sozialen Umfeld.

Foto: BrianAJackson

Der stetig sich verändernde Arbeitsmarkt und eine große Auswahl an Ausbildungsmöglichkeiten stellen vor allem junge Menschen vor neue Herausforderungen.

Trotz der angebotenen Vielfalt fehlen den Unternehmen die Lehrlinge und Fachkräfte und umgekehrt sind sich viele Jugendliche bei ihrer Berufswahl auch nicht wirklich sicher. Doch wo hakt es genau? Aufgrund der Vielzahl der Ausbildungsmöglichkeiten ist es mittlerweile für viele junge Menschen und Eltern schwierig, den Überblick und auch die jeweiligen Anforderungen im Auge zu behalten. Auch der entwicklungspsychologische Aspekt spielt eine entscheidende Rolle – mit 14 oder 15 Jahren sind Mädchen und Burschen mit vielen Unsicherheiten aber auch äußeren Einflüssen konfrontiert. Zudem hat sich auch die Jugendkultur verändert und ihre Vorstellung über eine für sie „ideale Arbeitswelt“. Hier sind auch Unternehmen und künftige Arbeitgeber gut beraten, einen Perspektivenwechsel in Betracht zu ziehen, um mehr junge Menschen für sich zu gewinnen. Ebenso müsse man Jugendlichen erklären, dass der erste Schritt, die erste Entscheidung in die Arbeitswelt im Vergleich zu früher kein lebenslanger bzw. endgültiger ist.

Unterstützende Maßnahmen auf dem Weg der Berufsfindung sind wichtiger denn je. Eltern haben oft einen großen Einfluss, was die Ausbildungs- und Berufswahl ihrer Kinder betrifft – durch die stetig verändernde Arbeitswelt haben beide jedoch oft nur einen eingeschränkten Blick auf die Fülle der Ausbildungsmöglichkeiten oder eben eine verzerrte Realität von Berufsbildern, die sich immer wieder verändern. Expertin Margit Pichler, die an der Pädagogischen Hochschule NÖ tätig ist und maßgeblich an Forschungsarbeiten oder Projekten wie „ReBOx“ – Regionale Berufsorientierung ermöglichen“ mit SchülerInnen der NMS Lanzenkirchen mitgewirkt hat, weiß, dass bei der Berufs- orientierung viele Faktoren mit- spielen. Dabei sei es für Jugendliche besonders wichtig, selbst zu erkennen, was für sie wichtig und richtig ist und dadurch Verantwortung in der Berufsfindung zu übernehmen.

„Doch für Jugendliche ist es auch eine wichtige Erkenntnis, herauszufinden, was sie nicht wollen. Denn das Leben ist ein lebenslanger Lernprozess“, so Pichler weiter. Auch der direkte Kontakt zu Firmen, Mitarbeitern oder Lehrlingen, die als „Role Models“ fungieren, ist von Bedeutung, um starre Berufsvorstellungen aufzubrechen, und Firmen umgekehrt die Bedürfnisse und das vorhandene Potenzial zukünftiger Fachkräfte erkennen und erfassen.

Bildung wächst – Lernen mit Zukunft

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Projekt „Bildung wächst“: Schulen in der Region Bucklige Welt-Wechselland haben eigene Zugänge, Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass Lernen – orientiert an ihren Bedürfnissen – Spaß macht. Fotos: zVg

Wie man Kindern und Jugendlichen bereits im frühen Schulalter mehr Freude am Lernen vermittelt, dabei aber auch ihren Weg zu mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit unterstützt, ihre Begabungen stärkt und den wichtigen Austausch zwischen Schulen, Lehrern, Eltern und Vertretern der Wirtschaft forciert, das hat das mehrjährige Gemeinschaftsprojekt „Bildung wächst“ in der Buckligen Welt-Wechselland gezeigt. Jede Schule aus der Region hatte ihre eigenen Möglichkeiten, frischen Wind in die Klassenzimmer zu bringen, damit Mädchen und Buben Lernen als etwas begreifen, das Spaß macht. Lernen wird also neu gedacht – orientiert an den Bedürfnissen der Kinder und dass sie später bessere Chancen am Arbeitsmarkt haben.

Schirmherr, Philosoph Richard David Precht wies bereits vor Jahren darauf hin, was es braucht, um künftig für die Arbeitswelt gerüstet zu sein: „Wir brauchen verstärkt Kinder, die starke, reife Persönlichkeiten sind und in der Lage sind, auch in einer komplizierteren Arbeitswelt ihren eigenen Weg zu gehen“. Die ersten beiden Phasen wurden bereits abgeschlossen, jetzt ist das Projekt in die dritte Phase gestartet. Ziel ist es, unter dem Motto „Zukunft der Kinder“ verstärkt SchülerInnen und Eltern in die Bildungsplattform einzubeziehen. Folgendes soll mit dem Projekt erreicht werden:

- Jährlich findet ein regionales Jugendparlament statt, das SchülerInnen der Region die Möglichkeit der Themensetzung gibt

- Vorträge und Workshops an verschiedenen Schulstandorten bieten Impulse und Fortbildung für Eltern und LehrerInnen

- Bewusstseinsbildung für das Thema Begabtenförderung in der Region, mindestens ein großer Vortrag in der Region zum Thema, in Abstimmung mit der Bildungsdirektion

- In der Region wird eine Lehrlingsplattform etabliert, die interessierten Jugendlichen einen umfassenden Überblick über Lehrberufe in der Region gibt

- Vernetzung von Schule und Wirtschaft.

EXPERTIN MARGIT PICHLER

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Foto: zVg

Margit Pichler zählt zu den führenden Expertinnen, wenn es um das Thema Berufsorientierung von Jugendlichen geht. Sie ist Fortbildende, Hochschullehrende und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Pädagogischen Hochschule NÖ. Ebenso ist sie für Forschungs- und Projektarbeiten im Bereich der Berufsbildung mit dem Schwerpunktthema „Übergangsprozesse von der Schule in den Beruf“ tätig und für Beratung und Entwicklung von berufsorientierungsrelevanten Tools für den Einsatz in Schulen verantwortlich.

Ihr Zugang für die Zukunft lautet: „Junge Menschen sollen dazu befähigt werden, sich flexibel und selbstbestimmt in einer dynamischen und komplexen Arbeitswelt zurecht zu finden. Es geht nicht mehr darum, einen Beruf zu wählen, sondern einen Beruf zu erschaffen.“