Opulente Odyssee

Blue Dragon

Spiele
21.08.2007 11:58
Als Konsole aus amerikanischen Landen tut sich Microsoft mit seiner Xbox 360 in Japan und Co. recht schwer, neue Käuferschichten für sich zu gewinnen. Mit "Blue Dragon", dem ersten asiatischen Rollenspiel für die weiße Box, soll sich das nun ändern - schließlich arbeitete die Crème de la Crème der japanischen Entwickler an dem Spiel.

"Blue Dragon" entführt den Spieler in ein fernes Reich, in dem der gefürchtete "Land-Hai" in regelmäßigen Abständen die Einwohner eines kleinen Dorfes terrorisiert und deren Häuser in Schutt und Asche legt. Nur Shu und seine Freunde wagen es, sich den Angriffen des Ungetüms - hinter denen der leicht senile Nene steckt - in den Weg zu stellen. Zur Seite stehen der stetig wachsenden Gruppe von Freunden dabei blaue Drachen, die, geschluckte Wunderpille sei Dank, von nun am im Schatten der Helden zu Hause sind und auf Knopfdruck im Kampf mit magischen Tricks und Kniffen aushelfen.

Was dann folgt, ist eine typische Odyssee der jungen Helden mit typisch-asiatischem Rollenspiel-Flair. Kein Wunder, stecken hinter "Blue Dragon" doch Spieleproduzent und Final-Fantasy-Schöpfer Hironobu Sakaguchi, die Charakter-Designs von Akira Toriyama ("Dragon Ball Z") und der Soundtrack von Nobou Uematsu ("Final Fantasy"). In Sachen Präsentation kann sich "Blue Dragon" daher mehr als sehen lassen. Die Bilder sind gestochen scharf, lassen jedes noch so kleine Detail erkennen und funkeln an alle Ecken und Enden nur so vor Effekten. Zudem haben sich die Macher in punkto Kulisse und schräges Monsterdesign einiges einfallen lassen - auch wenn rosa Hundstrümmerl-Schlangen sicher nicht jedermanns Geschmack treffen werden.

Gleiches dürfte für die Musik gelten, die oftmals zwischen Kitsch und schrägem 80er-Jahre-Metal pendelt, insgesamt aber recht gut zu den stimmungsvollen Bildern passt. Auch die Dialoge wurden sehr gut in Szene gesetzt, wenngleich sich deutschsprachige Spieler mit einer englischen (oder französischen) Sprachausgabe abfinden müssen. Summa summarum: "Blue Dragon" sieht toll aus, klingt gut und läuft zudem überaus flüssig - nicht zuletzt wahrscheinlich auch deshalb, weil man aufgrund der vielen Zwischensequenzen das Spiel gleich auf zwei DVDs gepackt hat.

Kritik wird sich "Blue Dragon" allerdings - zumindest hierzulande - in Sachen Gameplay gefallen lassen müssen. Am für japanische Rollenspiele typischen Kampfsystem werden sich nämlich wieder die Geister scheiden. Wer "Final Fantasy" liebt und gerne einem Schachspiel ähnlich Zug um Zug seine Aktionen durchführen will (Angriff, Verteidigung, Zauber oder doch lieber ein Item benutzen?), kommt voll auf seine Kosten. Freunde einer dynamischen Auseinandersetzung haben hier das Nachsehen. Stören dürfte viele sicher auch die Tatsache, dass jeder Kampf mit einer Videosequenz ein- und auch wieder ausgeleitet wird - nach einer Spielzeit von ein paar Stunden und etlichen Kämpfen hat man sich daran satt gesehen. Aber es scheint nun mal dazu zu gehören, dass die Heldin nach dem Fight eine Pirouette dreht, kurz kichert und ihre Kulleraugen strahlen lässt.

Auch gewöhnen muss man sich als europäischer Rollenspieler wohl daran, dass man zwar als Gruppe unterwegs ist, aber stets nur eine Figur - abgesehen von den Kämpfen - steuert. Gleiches gilt übrigens für die Monster: Die stehen zwar oftmals alleine sichtbar in der Gegend herum, was immerhin schon ein Fortschritt gegenüber den Überraschungskämpfen manch anderer Japano-RPGs ist, wie viele Monster sich aber wirklich hinter der einzelnen Kreatur verbergen, erfährt der Spieler erst im Kampf. Doch auch wenn sich der Spieler einer Überzahl von Gegnern gegenüber sieht: Wirklich schwer war "Blue Dragon" auch nach über zwölf Stunden Spielzeit nicht. Die kleinen Helden erleiden vielleicht zwar einen Schwächeanfall, sterben muss hier aber niemand. Stichwort: Wiederauferstehungs-Zauber.

Dass die Abenteuer der jungen Helden trotz einiger Kritikpunkte aber trotzdem Spaß machen und den Spieler ganz schnell die Zeit vergessen lassen, liegt am Hervorrufen des Sammlerdrangs. Wie jedes Rollenspiel lebt nämlich auch "Blue Dragon" vom Aufrüsten und Erreichen der nächst höheren Stufe, wodurch neue Skills und vielleicht sogar andere Charakter-Klassen für die Schatten-Drachen verfügbar werden. Zudem wirft jeder Kampf neben Erfahrung freilich auch eine Menge Gold ab, welches in den verschiedensten Shops des Landes in neue Zaubersprüche, Items wie Tränke oder schutzbringende Amulette investiert werden darf.

Fazit: "Blue Dragon" lebt über weite Strecken von der prächtigen Präsentation in Bild und Ton und dem Drang wissen zu wollen, wie sich die Geschichte entwickelt. Die Neugier wird aber nur allmählich gestillt, denn oft verliert sich das Spiel in schier nicht enden wollenden Kämpfen, ehe die Story wieder vorangetrieben wird und erneut Pepp ins Spiel kommt. Eine Berg- und Talfahrt, deren Umfang aber mehr als zufriedenstellend ist und Liebhaber von Japano-RPGs stundenlang vor die Konsole fesseln wird. Das Rad erfindet aber auch "Blue Dragon" nicht neu und so werden all jene, die auch bislang keine bunt-kitschigen Manga-Rollenspiele mochten, nicht bekehrt werden können.

Plattform: Xbox 360
Publisher: Microsoft
Krone.at-Wertung: 83%

von Sebastian Räuchle

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